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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.03.1909
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1909-03-18
- Erscheinungsdatum
- 18.03.1909
- Sprache
- Deutsch
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- Saxonica
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3354 BSYenütaH f. d. Dychn. Buchhandet. Mchtamtlicher Teil. 63. 18. März 1909. den Deutschen Reichsanzeiger (Nr. 62 vom 13. d. M.) zum Abdruck durch alle Zeitungen, aber auch für Flugblätter jedem, der der guten Sache helfen will, kostenlos zur Verfügung stellt. Einzige Bedingung ist, daß am Wortlaut einschließlich Uber- und Unter- »Gift?« sagt ihr, »oho! Wir haben doch selber hineingeguckt: wie's da hergeht, das ist so interessant, daß sogar uns Großen mit unter zumute wird, wir wissen nicht, wie! Diese Gefahren — eine Gänsehaut kriegt man nach der anderen! Dieser Mut, diese Gescheitheit, diese Gemeinheit und dann wieder: dieser Edel sinn! Aber ob es noch so oft Haarbreit am Verderben vorbei geht, schließlich wirds doch immer gut, und das unschuldige Mädel Tugend siegt. Na also! Gift?! Was soll es denn schaden, dieses Gift?« Gift! Dabei bleiben wir. Aber die Gifte sind ja nicht eben so schädlich für alt wie für jung. Ihr Eltern wißt doch, daß ihr auch wohl einmal etwas vertragen könnt, woran euer Kind zu- immerhin: wieviel leichter verträgt der Erwachsene sogar ein großes Glas Schnaps als ein Kind! Laßt ihr eure Kinder Schnaps trinken? Der Lumpenproletarier tut das vielleicht, der Ver kommene, der Gewissenlose, oder auch der Dumme — aber ganz Menschenwert fühlen und die wollen, daß ihre Kinder heran wachsen zu gesunden und starken Menschen, zu Glücklichen, die's einmal womöglich besser haben als ihre Eltern selbst. Gebt ihr euren Kindern Schnaps? Tut ihr's nicht, so dürft ihr sie aus ganz denselben Gründen auch keine Schundbücher lesen lassen. Oder wollt ihr nicht, daß sie vorwärts kommen? Sollen sie das, so müssen sie damit rechnen lernen, wie's in der Welt wirklich hergeht. Will ich mir eine Stellung im Leben verschaffen, muß ich mich auf Menschen, Dinge und Verhältnisse verstehen, wie sie sind. Wo gehts denn im Leben zu, wie in diesen Schauerromanen mit den ergreifenden Bildern vorn? Wo sind Menschen, die nicht nur allmächtig, sondern auch allwissend sind, wie der liebe Gott? Anderseits: wo sind diese eingefleischten Teufel, denen rein gar nichts einen Spaß macht, als ganz ausgesucht niederträchtig zu sein? Hat irgendwer von euch schon irgendwen von der Sorte Menschen kennen gelernt, die in diesen Heften die Hauptrolle spielen? Oder irgend etwas erlebt, wie es hier geschildert wird? Oder auch nur sprechen gehört, immer hochtrabend und immer unnatürlich, wie es diese Puppen da tun. mit denen man Theater Vormacht? In diesen Heften steht ja das Leben auf dem Kopf und strampelt mit den Beinen! Da sperren natürlich eure Jungen die Augen auf, so was gefällt ihnen, denn das kriegen sie nirgend wo anders zu sehen. Aber hier liegt die Sache nicht wie beim lieben Märchen, wo zwar auch nur ein Schein gezeigt wird, aber ein schöner und sinniger Schein. Der Märchenschein, der verweht beim Älterwerden von selber, wie ein Morgennebel beim wachsenden Tage sich von Wiesen und Wald zieht; aber bei diesen Schriften wird getan, als wenn sich's um die jüngste Ver gangenheit oder gar um die Gegenwart handelte, kurz, als wenn es so in der Wirklichkeit hergehen könnte. Euer Knabe soll dieses Zeug für möglich halten. Und er hält es dafür, weil er noch an Gedrucktes glaubt. Armer Junge du, der mit so aufgeblasenen Phantastereien im Kopfe dann im Leben vorwärts soll — du mußt schon Glück haben, wenn du nur mit heilen Gliedern aus dem Kampf ums Dasein herauskommst. Vorwärtskommen kannst du mit so verdorbenem Kopfe nimmer und nie. Sollen wir vorwärts, müssen wir gesund sein. Unsere Jungen müssen sich nicht nur nach und nach darüber klar werden, was im Leben möglich ist und unmöglich ist, sie müssen auch Kraft haben, Tüchtiges zu tun. Wer sich mit Nick Carter und Sherlock Holmes oder ihresgleichen den Kopf schwindlig zu machen lernt, der ruiniert sich aber so nebenbei auch die Nerven. Die Erholung ist zum Kraftsammeln nötig, deshalb muß in ihr Ruhe sein. Diese Schundliteratur aber raubt die Ruhe, denn sie »spannt« fort während und hetzt dadurch den Geist von Aufregung zu Aufregung. Mitunter kommts bis zum Uberschnappen — wie bei dem Jungen Köln, der unter Berufung auf ein Sherlock Holmes-Bild seinen... Mord an einem Knaben schilderte. Stets aber kommt es zu einer Schwächung. Das braucht gar nicht erst bewiesen zu werden, etwas mitzuteilen hat, und welches schreit ihn schon mit dem Bilde an: »Kauf mich! Kauf mich!« Und diese schreierischen Bücher schmeicheln auch und wenden sich, wie alle Schmeichler, nicht an das Beste, sondern das weniger Gute in uns. In uns - ich meine in unfern Jungen. Sie wenden sich nicht an die gesunden am leichtesten die meisten Leser, und wer die meisten Hefte ver kauft, macht die besten Geschäfte. Und das muß man ihnen lassen, Geschäfte machen die Herren Verfasser und Verleger, ganz großartige Geschäfte mit ihrem Schund. Es ist nachgcwiesen, daß unserem Volk damit Millionen aus der Tasche gezogen werden. Ein einziger dieser Herren, die sich vor euch und euern Kindern so gern als »Volksfreunde« auf spielen, hat 2'/z Millionen in einem einzigen Jahre mit seinem Schunde auf eure und euresgleichen »gemacht«. In Wahrheit ist nämlich dieser Schund, der tut, als wenn er billig wäre, auch noch skandalös teuer. Denn für dasselbe Geld, das hier euch oder euren Jungen abgeluchst wird, könnten sie das Beste und Erfreulichste zum Lesen bekommen. Und zwar »Dauerware«! Wir meinen: Bücher, die sich halten. Bücher, an denen man sich nicht nach ein- oder zweimaligem Durchfressen den Magen verdorben hat, sondern die man in den Schrank stellt, wo sie sich nach und nach zu einer Bücherei von so hohem inneren Werte ansammeln, wie nur die irgend eines Reichen. Wollt ihr wissen, wo sie zu kaufen sind, so wendet 50 H daran und schickt sie in Briefmarken an den Geschäftsführer des Dürer bundes Georg D. W. Callwey in München mit der Bitte, euch dafür postfrei den »Gesundbrunnen« zu senden. Der gibt euch neben manchem anderen Nützlichen und Unterhaltsamen vielerlei Ratschläge, was, wo und wie ihr für weniges Geld die besten Bücher ins Haus bekommt. Ihr solltet auch zu stolz sein, als daß ihr euch von Geschäftemachern ausbeuten laßt, die euer Nicht verstehen benutzen wollen, um euch Schund anznschmieren, und euch im stillen auslachen. Wir, die wir hier zu euch sprechen, wir dünken uns nicht besser oder vornehmer oder gescheiter, als ihr seid, noch treibt uns irgend ein Geld- oder Parteiinteresse zu euch. Unser Dürer bund will keine Profite, weil er überhaupt keine Geschäfte macht. Und er hat zu Mitgliedern überzeugte Sozialdemokraten so gut wie Angehörige aller bürgerlichen Parteien. Die Jugend liegt uns allen am Herzen, genau so, wie sie euch am Herzen liegt. Durch unfern Beruf aber sind wir gerade über diese Dinge besser unterrichtet als ihr, wie ihr eurerseits auf andern Gebieten besser unterrichtet seid, als wir sind. Wir dürfen also zu euch guten Gewissens reden. Und wir warnen euch und eure Familie vor der Schundliteratur als vor einem geistigen Gifte. Verbündet euch mit uns (wie das geschehen kann, sagt euch auch der »Gesundbrunnen«), um statt Aufregungen und Rausch heilende, nährende und kräftigende Freuden in alle unsere Heimstätten zu bringen. Und damit die echte Bildung, die für jeden, der sie ge wonnen hat, nach dem alten Sprichwort Macht bedeutete — und die zugleich Glück bringt. Darum: schützt eure Jungen und Mädel vor dem gedruckten Schund! Bekämpft ihn, wo ihr ihn nur findet, schickt eure Kinder vom allzu reichlichen Schmökern weg zur Erholung ins
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