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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.10.1903
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- Erscheinungsdatum
- 09.10.1903
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- Deutsch
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7914 Nichtamtlicher Teil. ^ 235, 9. Oktober 1903. Diese Schwäche des Sortiments findet der Fachmann, der über diese Materie an Herrn Bücher eine Mitteilung hat gelangen lassen, darin, daß der Sortimenter, der bis zur Ent stehung des modernen Großantiquariats gewohnt gewesen war, sich in der Hauptsache auf den Verkauf des ihm von den Verlegern in ausgiebigster Weise zur Verfügung ge stellten Kommisstonsguts zu beschränken, nunmehr zum festen, zum baren Einkauf auf sein eignes Risiko übergehen wollte, dabei aber nicht imstande war seine Absatzfähigkeit zu beurteilen, den Ankauf seinem Kapital anznpassen, und infolgedessen bald sein Kapital festlegte, ein großes Lager schwer und nur langsam verkäuflicher Bücher erhielt, dadurch in Schwierigkeiten geriet, die häufig zum Zusammenbruch führten. Die Vermehrung der buchhändlerischen Konkurse in den Jahren 1900 und 1901 soll hiermit zusammen- hängen. Ich muß erklären, daß ich nicht imstande bin zu be urteilen, in wieweit diese Darstellung auf Tatsachen beruht. Es fehlen mir alle Daten zur Beurteilung, inwieweit das Sortiment sich an dem Verschleiß der Artikel des modernen Antiquariats beteiligt hat. Ich habe bisher immer an genommen, daß dies in größerem Maßstabe überhaupt nicht der Fall gewesen ist, beziehungsweise sich nur auf eine kleine Anzahl Firmen beschränkt hat und daß der Vertrieb wesent lich in den Händen sogenannter moderner Antiquare — im Gegensatz zu den eigentlichen Antiquaren, den Verkäufern von Büchern aus zweiter Hand — konzentriert worden ist. Wenn das Sortiment sich auch dem Vertriebe des modernen Antiquariats zugewendet hat, so hat es doch sicherlich den Bezug von Jugendschriften und Geschenkwerken bevorzugt, bei denen ein erhebliches Risiko nicht zu besorgen war. Einzelfälle sind mir bekannt; aber gerade diese weisen große Erfolge, nicht Schädigungen der Firmen auf, die dem modernen Antiquariat ihre Tatkraft und ihr Kapital zu gewendet haben. Auch hier dürften Einzelfälle eine Ver allgemeinerung gefunden haben, die ja den Zweck, die Rück ständigkeit des Sortimenters zu erweisen, erfüllt. Bücherpreise. »Es ist eine in wissenschaftlichen Kreisen weit verbreitete Klage, daß die Bücherpreise in Deutsch land während des letzten Menschenalters fortgesetzt gestiegen seien und daß ihre derzeitige Höhe diejenige der vergleichbaren französischen und englischen Werke in auffallendem Maße übersteige« (S. 214). Dies hatte auch Paulsen behauptet und vr. Ruprecht*) war dem entgegengetreten. Wunderbar wäre es ja nicht, wenn die Bücherpreise in Deutschland gestiegen wären. Abgesehen davon, daß in den letzten dreißig Jahren der Geldwert ge fallen ist, find die Kosten für Satz und Druck um gut 25 Prozent bei wissenschaftlichen Werken, — bei kompliziertem Satz und verschiedener Schrift erhöht sich infolge der Zu schläge für mehrere Schriftgattungen, fremdsprachigen und Tabellensatz diese Preissteigerung auf 35—40 Prozent — die Schriststellerhonorare etwa auf das doppelte gestiegen. Und doch kann man von einer allgemeinen Verteuerung der Bücher nicht sprechen. Der Grund dafür liegt einerseits in dem größeren Absatz zahlreicher Büchergattungen, in der größern Differenzierung der Bücherpreise, in der Herabdrückung des dem Sortimenter gewährten Rabatts, endlich in dem erheb lich gesunkenen Unternehmergewinn des Verlegers. Daß es eine Anzahl Werke gibt, die teuer, zu teuer sind, soll gewiß nicht geleugnet werden, daß aber eine Tendenz zur Erhöhung der Bücherpreise vorliegt, ist sicher nicht der Fall, vielmehr das Gegenteil. So war vor dreißig Jahren der Preis für *) Vom deutschen Buchhandel. Vier Aufsätze vonOr. F. Paulsen und Or. W. Ruprecht. Leipzig 1903. einen mäßigen Romanband 10—12 heute ist er 6 und Romane erster Autoren zu 3—4 ^ sind keine Selten heit mehr. Die Möglichkeit einer solchen billigeren Preis stellung erwächst aus dem größern Absatz, und dies widerlegt den Satz Paulsens, daß der deutsche Verleger nicht den Mut habe, sich dem Prinzip des kaufmännischen Großbetriebs — großer Umsatz, kleiner Nutzen — anzuvertrauen. Es wider legt aber zugleich den Vorwurf, der dem deutschen Publikum gemacht wird, daß es keine Bücher kaufe. Während vor dreißig Jahren der Verleger belletristischer Literatur wesent lich auf die Leihbibliotheken rechnen mußte und nach dem mutmaßlichen Verkauf an diese Institute seinen Preis be rechnete, denkt heute kein Verleger mehr an diesen Absatz, sondern rechnet ans den Absatz an das Publikum, das auch bei wirklich guten Erscheinungen seine Berechnung nicht zuschanden werden läßt. In einem sehr lesenswerten, flott und kampfesfroh geschriebenen Aufsatz hat I. Grunow*) diesem Köhlerglauben, daß das deutsche Volk keine Bücher kaufe, den Todesstoß versetzt. Grunow erinnert an den Absatz von Jörn Uhl und Bismarcks Gedanken und Er innerungen: »ein Publikum, das in ein paar Monaten über eine halbe Million für einen einzigen Roman, wie Jörn Uhl, an dem die meisten nicht einmal viel Geschmack finden, willig hergibt, oder in ebenso kurzer Zeit fast zwei Millionen für Bismarcks Ge danken und Erinnerungen opfert, die es nicht einmal versteht, ist kein schlechtes Publikum.« Ist die belletristische Literatur in den letzten dreißig Jahren entschieden billiger geworden, so ist bei der wissen schaftlichen Literatur, wenigstens im allgemeinen, eine irgendwie wesentliche Verteuerung nicht eingetreten, wie sie eigentlich, wenn man die Verteuerung der Satzkosten und der Verfasserhonorare in Anschlag bringt, hätte eintreten müssen. Freilich sind Monographien, die nur ein sehr be schränktes Publikum haben — der Absatz selbst anerkannter tüchtiger Arbeiten beträgt häufig kaum mehr als hundert Exemplare —, teurer geworden. Der geringe Absatz dieser Literatur hat seine Hauptursache in den Geschenkeremplaren der Verfasser und in dem gesteigerten Versand von Re zensionsexemplaren an Zeitschriften. Beide wenden sich gerade an die geborenen Interessenten für das Buch, die dadurch, daß sie es unentgeltlich erhalten, des Ankaufs ent hoben sind. Eine weitere Ursache des geringen Absatzes wissenschaftlicher Literatur liegt in der Schreibfrendigkeit der deutschen Gelehrten und in der mangelnden Widerstandskraft der Verleger gegen diese Krankheit, aber auch in der übergroßen Konkurrenz der Verleger gegen einander, die viel, viel größer ist, als die Konkurrenz der Sortimenter gegen einander. Ist ein neues Gesetz ver abschiedet, so muß jeder namhafte juristische Verlag seinen Kommentar haben und findet leider auch immer noch die wissenschaftliche Kraft, die ihm dazu verhilft. Darin liegt ein verteuerndes Moment; je mehr Bücher über einen Gegenstand geschrieben werden, um so geringer wird die Verkaufswahr- cheinlichkeit für jedes einzelne, denn die Aufnahmefähigkeit des Publikums hat eine Grenze, und wenn ein Fachmann zwei Kommentare zu einem Gesetz hat, hat er meistenteils genug und verzichtet gern auf den dritten und vierten, der noch erscheint, selbst wenn er besser und gründlicher sein ollte als die bisher veröffentlichten. Paulsen weist auch darauf hin, daß der Verfasser dadurch, daß er für die erste Auflage bescheidene Honoraransprüche mache, dem Verleger den Ansatz eines billigeren Preises ermöglicht. Auch dies wäre ein Weg, zu einer Verbilligung der wissenschaftlichen *) Vom Bücherkaufen und Bücherpreisen in Deutschland. (Grenzboten 1903, Nr. 33 vom 13. August.)
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