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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.12.1924
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- 1924-12-01
- Erscheinungsdatum
- 01.12.1924
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- Deutsch
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17772SürseudlaU f. d. Dtschn. vuchharrdel. SprechsaLl. X° 281, 1. Dezember 1924. Literarische Gemeinde und Vortragsabende. Motto: Dichter lieben nicht zu schiveigen, Wollen sich der Menge zeigen. (Goethes Schriften 1787—1790.) Der deutsche Buchhändler von Memel bis Konstanz stellt sich heute kulturell ein und veranstaltet Vortragsabende be rühmter Autoren, wissenschaftliche und Lichtbilder-Vorträge. So mancher meiner Herren Kollegen ist noch von der alten Schule, lehnt die Mitarbeit an Vortragsabenden ganz ab und schädigt sich und sein Sortiment. Der rührigere Kollege am Ort gräbt ihm das Wasser ab. Die alten Herren schimpfen dann auf die neue Zeit und die neue Sorte von Buchhändlern, sie werden einem Solokrebs immer ähn licher, weil sic keine Fachversammlungcn besuchen, iveil sie die neue Zeit nicht verstehen lernen wollen, mit keinem Kollegen Zusammen treffen und weil ihr Gesichtskreis deshalb immer enger und enger wird und sie im arbeitsamen Kollegen nur den Konkurrenten hassen, auch wenn dieser nie unfair in leinen Unternehmungen auftritt. Aber schon weil er aus der Reihe tanzt, muß er gehaßt werden, und oft wird er natürlich hinterrücks angeseindet. So kann auch ich mit einem kleinen Scherz aus meinen Erlebnissen auswarten: Als Posener Flüchtling sitze ich seit fünf Jahren über meinem Geschäft in einer Notwohnung, die bis zum 1. Oktober 1919 von meinem Vorgänger zu Geschäftsräumen benutzt wurde und deren Benutzung zum gleichen Zweck nach dem Gesetz auch heute nichts im Wege stände, — wenn ich selbst eine Wohnung vom Wohnungs amt zugewiesen bekäme. Auf wiederholte Bitten, sich meine be schränkten Räume anzusehen, mir eine Wohnung nachzuweisen, da mit ich endlich die in der Not bezogenen Geschäftsräume wieder zu Geschäftszwecken benutzen könne, erscheint endlich ein Herr Stadtrat als Vorsitzender der Notwohnungskommission mit acht Mitgliedern dieser Kommission, um mein Notgesuch zu prüfen und die engen Räume bei mir zu besichtigen, in denen aus 45 Quadratmetern Bvdenflächc 14 Angestellte arbeiten müssen. Mein Gesuch wird abgelehnt. Grund: Ein Mitglied dieser Kommission hatte erklärt »Der Eulitz ist ein kleiner Stinnes, dem darf man nicht Helsen«. So wird heute dch Arbeit eingeschätzt in einem Staate, der von Arbeitslosen überfüllt ist. Dagegen wurden mir meine Verlagsräume gekündigt, weil angeblich der Besitzer des Hauses diese Räume zum eigenen Betrieb brauchte. Hier gab die Kommission dem Besitzer das Kündigungsrecht, und ich mußte heraus, ohne daß dieselbe Kommission die Verhältnisse geprüft hatte. In meinem Kontor, das ich auf eigene Kosten für 1909 Gold mark gedielt und menschlich eingerichtet habe, denn es war früher eine alte Böttcherei, hat der Besitzer jetzt sein Kartoffel-Lager und in meinen Lagerräumen einen Hühner- und Taubenstall angelegt. Es ist dies kein Scherz, es ist Wahrheit und — I l ll ch t l i n g s e l e n ö. Doch zurück zu den Vortragsabenden. So mancher Kollege fängt mit diesen Menden an, um bald wieder damit aufzuhören. Der eine scheint die damit verbundene ständige Arbeit nicht zu schätzen, der andere bekommt das Angstfieber, weil die ersten Abende nicht gleich voll be setzt waren und Geld zugeschossen werden mußte. Auch letzteres habe ich durchgemacht und hinter mir, nur das Angstfieber habe ich nicht bekommen, sondern ständig weiter gearbeitet und mir die Frage vor gelegt »Wie kannst du eine größere Gemeinde für literarische Vorträge interessieren?«. Besonders aber: wie kannst du die Pommern, die mehr an materielle Genüsse (Gänsebrüste, Grog, Rotspon, Rügen- walöer Wurst usw.) gewöhnt sind, auch für geistige Nahrung ge winnen? Schon Hans Hoffmann sagt in seinen Lebenserinnerungen aus Stolp: »Die Söhne der um Stolp herum wohnenden Adligen und Großgrundbesitzer kommen ihm vor wie die umgekehrten Kaiser Rudolfs (In der Burg zu Germersheim stark am Geist, am Leibe schwach, saß der greise Kaiser Rudolf, spielend das gewohnte Schach)«. Ähnliches kann man auch in Schleiermachers Erinnerungen lesen, der aus diesem Grunde nur kurze Zeit Mitbürger von Stolp war. Ich gründete, um die geistige Regsamkeit zu heben, eine »Lite rarische Gemeinde« mit folgenden Bedingungen: »Literarische Gemeinde Stolp. Die Mitglieder der »Literarischen Gemeinde« zahlen alljährlich einen einmaligen Beitrag von 4 Mark und für jedes Familienm't- glied als Anschlußkarte 2.60 Mark. Dafür erhalten die Mitglieder: 1. 20 Prozent Ermäßigung bei den Einlaßkarten zu allen Veranstaltungen im Vorverkauf in der Ge schäftsstelle der Buchhandlung Oskar Eulitz, Schmiedestraße 1/2. Der Vorverkauf der Karten wird an jedem Vortragstage abends 6 Uhr in der Buchhandlung geschlossen. Mitglieder, die nicht rechtzeitig ihre Karten lösen, haben an der Abendkasse den vollen Eintrittspreis zu zahlen. 2. Jedes Mitglied erhält durch die Buchhandlung Eulitz die Zell schrift Der Vorhof, Ein Führer zum guten Buch, all monatlich umsonst zu ge stellt. 3. Jedes Mitglied hat bei Vorzeigung der Mitglieds karte zu den Vorlesestunden, die durch Herrn Oberstudien- direktor I)r. Hadlich Sonntags im Oberlyzeum stattfinden, freien Eintritt. Anmeldungen neuer Mitglieder nimmt die Buchhandlung Eulitz entgege n.« Diese Literarische Gemeinde hat einen 1. Vorsitzenden, einen stell vertretenden Vorsitzenden, einen Säckelmart, einen stellvertretenden Säckelwart, einen Schriftwart, einen stellvertretenden Schriftwart und 0 Beisitzer. Ja, werden Sie sagen: »Wie kommen Sie denn mit diesem Monstrum von Vorstand ans?« O, ganz ausgezeichnet, denn — die iAmter nehme ich alle in eigener Person ein. Ich ! finanziere die Literarische Gemeinde und lasse mir deshalb von nie mand in meine Pläne Hineinreden, und das geht ganz ausgezeichnet, i Als ich die Literarische Gemeinde gründete, waren meine Frau und I ich die einzigen Mitglieder. Heute habe ich schon über 200 Mitglieder. ! nnd meine Vorträge sind gut besucht. Ich gedenke zum Sleispiel in kurzer Zeit folgende Vorträge abzuhalten: 30. November 1924: vr. Börries, Freiherr von Münchhausen, Bal ladenabend. 12. Dezember 1924: Hanns Fischer, Hildesheim, Lichtbildervortrag: »Wunder des Welteises«. 22. Dezember 1924: Else Johannsen, Hamburg: Adventsfeier in der Schloßkirche usw. So veranstalte ich durchschnittlich jeden Monat 2 bis 3 Vor träge. Die Verleger finden guten Absatz, denn ich stelle die Werke der Autoren im Vortragssaal aus, stelle in einem Sonderfcnster und im Jnnenraum meines Buchladens aus. Jedes Programm wird mit Selbstbiographie des Dichters, einem Wertungsartikel über den Dichter, nebst dem vollständigen Bücherverzeichnis seiner Werke gedruckt und reichhaltig vorher versandt sowie am Abend des Vortrags nochmals auf jeden Stuhl ausgelegt. Nach dem Vortrag sind wir gewöhnlich mit dem Autor gemütlich zusammen. Für mich sind das die ange nehmsten Stunden meines buchhändlerischen Daseins, besonders wenn der Herr Vortragende dem Blaukreuzverein entrveder gar nicht, oder nur als passives Mitglied angehört. Eine Anzahl literarisch empfin dende Herren und Damen und auch ein Teil meines Geschästspersonals aus den gehobenen Stellen ist an den gemütlichen Abenden dabei und hört, lernt und sieht so manches, um es später ebenso anzuwenden. Die Herren Autoren sind gern bereit, in eine Anzahl ihrer Bücher das Autogramm einzuschreiben, und, verehrte Herren Kollegen, Sie sollten mal sehen, wie gern das Publikum diese Bücher kauft und wie stolz es das Buch mit dem Autogramm des Dichters, den es ja selbst gehört hat, in den Bücherschrank stellt. Warum ich dies schreibe? Erstens, weil ich gerade iu meiner Wanderlehrmittel-Ausstellung sitze und auf das Ende der Lehrer- konserenz warte, um meine Lehrmittel zu zeigen, und zweitens, weil ich den noch zagenden Kollegen zeigen will, wie man Vortragsabende veranstaltet und wie man Erfolg und -Freude daran finden kann. Ich habe nun für Pommern, Ost- und Wcstpreußen und die Grenz mark Posen und Polen, dort für unsere deutsche Minderheit, eine Zen trale des Vortragswesens in Stolp eingerichtet. Dabei erzielen wir, daß wir Vortragende zu billigerem Honorar als bei einzelnen Vorträgen bekommen; wir erzielen gemeinsamen Neiseweg und billige Unkosten durch gemeinsamen Druck der Programme und der Plakate. Kol legen, die sich hierfür interessieren und meine Programme und Pla kate zu sehen wünschen, bin ich gern bereit, diese zu senden, aber um nicht »kostenlos« überlaufen zu werden, bedinge ich mir, 3 Mark dafür einzusenden. Diese 3 Mark erhalten zwei alte Veteranen des Pom mernverbandes, für die ich ein Geldgeschenk für Weihnachten 1924 sammle und wofür ich an anderer Stelle im Börsenblatt (Nr. 277) schon quittiert habe und weiter quittieren werde. Stolp (Pomm.), den 24. November 1924. Oskar Eulitz. Dichterabende als Werbemittel. Die Förderung deutscher Kultur ist nirgends notwendiger als in unseren jetzt zahlreich gewordenen Grenzgebieten. Unter erheblichen Opfern an Zeit und Geldmitteln hat die Köppefche Buchhand lung in Allen stein unter Überwindung zahlreicher entgegen-
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