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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.03.1920
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1920-03-26
- Erscheinungsdatum
- 26.03.1920
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- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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«5, 36. Alärz 1930. Medokttoneller TeU. kam zu einer Vereinbarung, wonach am Moniag die Arbeil wieder ausgenommen werden solile. Zahlreiche Opfer an Toten und Verwundeten sind zu beklagen. Ein junger, dem Zeit- sreiwiUtgen-Regimenle ungehöriger Buchhändler ist gefallen. In der Liste der Verwundeten, soweit sie der Öffentlichkeit zugäng lich wurde, fand ich weilcre zwei Angehörige des Buchhandels. Auch die Leipziger Wissenschaft betrauert einen Toten. Hosrat vr. Hans Rcckleben, Obcrassistenl am Laboratorium für angewandte Chemie der Universität, wurde in seiner Wohnung von einer heimtückischen Kugel tödlich ge« troffen. Schweren Schaden an seinem Eigentum hat einer unserer bekanntesten Leipziger Berussgenossen, Herr Alfred Voerster, erlitten. Sein schönes Heim an der Se bastian Bach-Straße im Westen ist von einer räuberischen Ar- bcilerhordc buchstäblich über dem Kopse des Besitzers in Brand gesteckt worden und leider, da die Feuerwehr nicht herangelassen wurde, völlig ausgebrannt. Am Sonntag noch drang der Rauch aus den Trümmern. Glücklicherweise sind derartige Schandlaien nur vereinzelt vorgekomnien. Gleichwohl kann der angerichtete Tumutlschaden getrost auf viele Millionen Mark bczisserl werden. Die technische Messe ist auf Jahre hinaus geschädigt, der gute Ruf unserer Stadt hat einen empfindlichen Stoß bekommen, namentlich auch dadurch, daß sogar ausländische Meßgäste auf ihren Geschäftsgängen das Leben cingebllßt haben, und es ist ein schlechter Trost, daß auch in an« deren Städten des Reiches die Rcvolulionsfurie ge wütet und zahlreiche Opfer gefordert hat. Wir müssen daraus eine Lehre ziehen. So nahe die Brandung der Un bildung und Rohheit an unser Ufer i» diesen Tagen schlug, so wett entfernt ist die Mehrzahl unserer Volksgenosse» von dem Hauptergebnis geistiger Beschäftigung, dem ruhigen, selb ständigen Denken, von dem Wege jener einfachen Erkenntnis, daß alles Zusammenleben von Menschen nur ein Kompromiß darsiellen und daß das Leben, wenn cs köstlich werden soll, eben nur Mühe und Arbeit sein kann. Das ist der Himmel auf Erden für alle »Arbeiter«, solange die Arbeit noch etwas Köstliches ist und nicht Haß und Neid jenen Müßiggang als erstrebenswertes Ziel erscheinen lassen, der den Todeskeim für unser Volk in sich birgt. Nur eine solche Erkenntnis kann uns künftig vor ähnlichen oder noch schlimmeren Ereignissen be wahren und uns auf den Weg leiten, der zur Rettung und, will's Gott, zu einer besseren Zukunft führt. Damit ist auch eine bestimmte Richtung für die Arbeit des deutschen Buchhandels gegeben, eine Aufgabe, deren er sich unter allen Umständen ge wachsen und würdig zeigen muß, und die darin besteht, den Verlust an Moral und Gesittung, den Mangel an selbständigem Denken weitester Kreise, den diese Zeit in erschreckender Weise offenbart hat, mit allen Mitteln ausglcichen zu Helsen. Möge die Wie deraufnahme der Arbeit im Leipziger Buchhandel, die ja nun mehr wieder in vollem Umfange erfolgt ist, ein günstiges Vor zeichen für die Erreichung dieses Zieles werden! ? i» e »Ior. A'IM Ersatz betr. Lelirbiieiicr für Eescsiickte Besprechung der Förmlichen Anfrage der Abgeord neten vr. Boelitz und Genossen in der Verfassung gebenden Preußischen L a n ö c S v e r s a m in l u n g, 118. Sitzung vom 21. Februar 1920. (Vgl. Bbl. Nr. 61.) Vizepräsident vr. v. Kries : Wir kommen zum vierten Gegenstand der Tagesordnung: Besprechung der Förmlichen Anfrage der Ab geordneten vr. Boelitz und Genossen über die Lehrbücher für Geschichte — Drucksache Nr. 1501. Ausführung und Beantwortung der Anfrage hat in der 11-1. Sitzung stattgcfunden. Ich eröffne die Besprechung. DaS Wort hat Herr Ministerialdirek tor vr. Jahnke. vr. Jahnke, Ministerialdirektor, Ncgicrungsvertrcter: Im Aufträge des Herrn Ministers habe ich folgende Erklärung abzugcbcu: Tic UnterrichtSvermaltung gibt zu, daß cs vielleicht richtiger ge wesen wäre, vor Herausgabe des GeschickitSbüchcrerlasses erneut mit der Vereinigung der Schulbuchverlegcr Fühlung zu nehmen. Cie kann aber nicht zugeben, daß durch diese Unterlassung eine ernsthafte Schädigung der Verlagsburhhäudler herbeigefiihrt worden ist. Denn weder sind die alten Lehrbücher durch neue verdrängt worden, noch ist ein Kausverbot erfolgt. Der Erlas; beschränkt sich vielmehr darauf, die Benutzung der Bücher während der Unterrichtsstunden zu untersagen* und die Eltern von dem Zwange der Anschaffung der Bücher zu be freien. Für die Unterrichtsverwaltung war und ist maßgebend der Wunsch, den Geschichtslchrern die Möglichkeit zu geben, unabhängig von den eingeführten Lehrbüchern ihren Unterricht mehr ans Kultur und Wirtschaftsgeschichte einzustellen, als ans Geschichte der Kriege und Machtverschiebnngen. Sie ist nach wie vor überzeugt, daß dieser ideelle Gesichtspunkt wichtiger ist als eine mögliche Schädigung der Verleger. Sollte sie aber wider Erwarten aus den Verhandlungen der Landesvcr- sammlung den Eindruck gewinnen, daß die Mehrheit in dem Erlaß eine nicht zu ertragende Erschwerung des Geschichtsunterrichts sieht und eine unzulässige Benachteiligung der Verleger, so würde sie bereit sein, in eine Nachprüfung des Erlasses einzutreten. Vizepräsident vr. v. Kries: Das Wort hat der Herr Ab geordnete Hacks. Hacks, Abgeordneter (Soz.-Tem.): Meine Damen und Herren, über die Ncformbcdürftigkcit des Geschichtsunterrichts und darum auch der Lehrbücher für Geschichte dürfte wohl kaum eine Meinungsver schiedenheit bestehen. Der Geschichtsunterricht gehörte an den früheren Schulen zu den sogenannten ethischen Fächern, in denen der Schüler mit solchen Anschauungen erfüllt werden sollte, wie sie den herrschenden Klassen paßte«. Der Lbrigkeitsstaat und die Kirchen brachten bei der Formulierung ihrer Ziele ein ähnliches Kuddelmuddel zusammen wie Sozialdemokratie, Demokratie und Zentrum in der Weimarer Verfas sung in bezug auf die Einheitsschule. (Hört! hört! und Sehr richtig! rechts) Die Dienstanweisung von 1910 sagt: Die höhere Schule hat die Aufgabe, ihre Zöglinge wissenschaftlich auszubildeu und auf der Grundlage von Gottesfurcht nnd Vater landsliebe zu arbeitssreudigcn und charakterfesten Männern zu er-tthcn. Deshalb — so heißt es mit wunderbarer Logik weiter — werden Direktor und Lehrer ihre ganze Kraft daran setzen, daß der Unterricht nicht nur auf Aneignung eines bestimmten Wis sens und Könnens hinwirke, sondern auch zu selbständigem Den ken und Urteilen hinleitc. Also weil Gottesfurcht und Vaterlandsliebe die Grundlage der Er ziehung bilden sollten, sollte der Schüler zu selbständigem Denken er- zogen werden. Das verstehe, wer kann! In Wirklichkeit dachte man bei Gottesfurcht an das Zukreuzekricchen vor den herrschenden Kon- fcssionen, bei Vaterlandsliebe an Monarchismus und Kri/gsbege,ste- rung, und unter selbständigem Denken meinte mau das Festhalten an Vorurteilen. Der englische Historiker Buckle hat bekanntlich Deutschland das Land der geistigen Bevormundung genannt. (Zuruf rechts: Darum muß es wahr sein?) — Meinen Sie? (Heiterkeit) Kritiklosigkeit ist sa bekanntlich eine Haupteigenschaft der Menschheit. Aber die Kritiklosigkeit und Gedankenlosigkeit, die sich im Kriege viel fach, und vielleicht besonders auch bei den Gebildeten, gezeigt hat. hat sogar den Pessimisten überrascht. Schule und Kirche erzogen den braven Deutschen zu der Vorstellung, daß nicht die Nichtigkeit der An- schauungen das Maßgebende sei, sondern das Sittliche der An schauungen. Schule und Kirche lehrten: Was du denkst, mnß nicht der Wirklichkeit und Wahrheit entsprechen, sondern der Sittlichkeit: waS von Autoritäten dir als wahr hingestellt wird, mußt du aus SitUich- keitsgründcu vertreten, selbst wenn du das Gegenteil als richtig er kannt hast. (Widerspruch und Zurufe) Da nun aber StaatSautorität und Christentum in manchen Dingen sich widersprechen, so wurde die jugendliche Seele von früh an zum Tum- mclplatz der Widersprüche gemacht, und die Kunst der Erziehung le- stand darin, dafür zu sorgen, daß diese Widersprüche schließlich ruhig nebeneinander im Gehirn lagerten, ohne zum Bewußtsein zu kommen. (Lachen im Zentrum) Das Christentum lehrt: Liebet eure Feinde, tut Gutes denen, die euch hassen, betet für die, so euch verfolgen und verleumden: du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst: du sollst Gott mehr gehorchen als dem Menschen. Der Staat aber sagt: Du sollst den Feind töten, du sollst sogar Geschosse dorthin werfen, wo voraussichtlich Frauen ui.d Kinder davon getötet werden. (Zurufe) Heute schweigt man ganz von dem »großen Alliierten«, unter dessen Angeblichem Beistände man im Kriege gesündigt hat. 270
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