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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.03.1905
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- Erscheinungsdatum
- 01.03.1905
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- Deutsch
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2066 Nichtamtlicher Teil. oR 50, 1 März 1905. mißbraucht und viele Leute gekränkt habe. Auch Hauch, von dem die Sammlung gegen siebzig Briefe enthält, ergriff das Wort und erhob Einspruch gegen Hjorts Vorgehen. Dieser hielt es schließlich für notwendig zu erwidern, was in einer besondern Nachschrift geschah. Darin schreibt er unter an dern!, der Verleger habe ihn ersucht, im voraus die Ein willigung der betreffenden Briefschreiber, oder, insoweit sie gestorben waren, ihrer Familien einzuholen. Das hatte Hjort versprochen; aber aus seiner Nachschrift erfährt man zugleich, daß er seine" Versprechen in einer eigentümlichen Weise erfüllt hatte, indem er z. B. Hauch nur sechs Briefe vorgezeigt und einen vorgelesen hatte. Warum nicht alle? fragt man unwillkürlich Die Antwort ist das Verblüffende; Weil Hjort nur diese Briefe für zweifelhaft hielt. Er entwickelt seinen Standpunkt in folgenden Worten, die für unsre Unter suchung außerordentlich viel Aufschluß geben; »Der Sinn jenes Versprechens konnte recht gut der sein — wie es natürlich auch der Fall war —. die zweifel haften Briefe vorzuzeigen, aber durchaus nicht alle Briefe ohne Ausnahme. Warum auch sollte das geschehen sein? Der betreffende Brieffchreiber oder sein Verwandter sollte doch nicht ein Mitherausgeber oder Oberrichter sein. Ein (juristisches) Recht, Erlaubnis zu erteilen, erkenne ich nicht an, wohl aber eine (ganz glelchstehende) sehr wichtige (moralische) Verpflichtung. Rücksicht zu nehmen darauf, daß man nicht anstoße. Unrecht tue. kränke oder be leidige. Aber diese Rücksicht wird zur Genüge beobachtet, wenn man in betreff solcher Briefe anfragt, die man selbst für zweifelhaft hält, oder von denen man sich denkt, daß der Betreffende sie dafür halten könnte. Die engern oder weitern Grenzen, die man im einzelnen Fall für das richtigste ansehen kann, zu ziehen, muß Konduite. Gefühl und Erfahrung überlassen bleiben. In dergleichen kann nicht nach Regeln, sondern nur nach Gutdünken ge handelt werden. - Kurz darauf gab der Verlag, um den Blitzstrahl abzuwenden, bekannt, das Buch sei ausverkauft, um es fünfundzwanzig Jahre später »zu herabgesetztem Preise« zu verkaufen. Damit fand diese Affäre ein Ende, ohne daß die Hilfe des Richters angerufen wurde. Aber die Hjort'schen Raisonnements stützen sich auf ein wohlfeiles und individuelles Gutdünken, was zulässig sei. was nicht — unleugbar ein sehr bequemes Vorgehen —, während es ja durchaus nicht ihm, sondern dem Briefschreiber zukam. zu beurteilen, welche Briefe »zweifelhaft« seien oder nicht. Gar nicht anders ist in Wirklichkeit das Unterscheidungs merkmal des französischen Rechtsanwalts, ob Briefe vertrau lich sind oder das Gegenteil. Denn wer soll das entscheiden? Absender oder Empfänger? Nein, mit dergleichen Aus flüchten kommt man nicht weiter. Einer festen Regel, an der nicht zu drehen und zu deuteln ist. bedarf es; ein Brief ist ein Brief, und was für den einen gilt, gilt auch für den andern. In der Jurisprudenz mag immerhin oft der Entscheidung der Gerichtshöfe überlassen bleiben, darüber ein Gutachten abzugeben. Während die. welche im Rechte des Briefschreibers an feinem Briefe eine Anerkennung des Personenrechts sehen, vielleicht größtenteils hier folgen werden, ist das bei weitein nicht der Fall hinsichtlich derjenigen Schriftsteller, die das Hauptgewicht auf das Vermögensrecht legen und damit im Rechte des Briefschreibers am Brief ein Urheberrecht er blicken. Hier hat es viel Diskussion darüber gegeben, inwie weit an allen, und wenn nicht, dann an welchen Briefen der Absender von diesem Standpunkt aus ein Urheberrecht haben soll. Hier sind die meisten modernen Rechtslehrer in Deutsch land darin einig, zu fordern, daß der Brief »literarische Qualifikation >. wie man es nennt, haben soll; eine schrift stellerische Tätigkeit muß sich darin zeigen; er muß über das Mitteilende hinausgehen. belehrenden, unterhaltenden oder ästhetischen Charakters sein — kurz, zu einem Publikum in Beziehung treten können (Gengler, Bluntschli, Gerber. Jolly u. a.). Danach würde also alles, was wir gewöhn lich »Privatbriefe» nennen, außerhalb des Urheberrechts stehen. Professor Torp folgt in der »Lehre von dem Schutz der ideellen Produktion-') wesentlich der gleichen Spur, wenn er betont, der Inhalt, aber nicht die Form sei das Ent scheidende. Er fordert auch, damit dem Briefschreiber ein Urheberrecht zuerkannt werden kann, daß seine Briese »als selbständige, zu allgemeiner Gedankenmitteilung geeignete Geisteswerke« auftreten müssen; sie sollen Reiseschilderungen, wissenschaftliche oder ästhetische Auseinandersetzungen ent halten. Er schließt aber alle tatsächlichen Mitteilungen oder Anfragen über private Verhältnisse, Angebote und Instruk tionen aus. Wenn der Empfänger derartigen Stoff ohne Befugnis veröffentlicht, macht er sich strafbar nach tz 226 des dänischen Strafgesetzes (Verletzung des Friedens des Privatlebens), begeht aber, nach Professor Torps Ansicht, keine Übertretung des Urheberrechts. — »Dagegen (so lauten seine Worte weiter) wird sich die Sachlage bei rein privaten Briefen ändern, wenn die Rede ist von Sammlungen von Briefen. Solche können, mögen sie nun Briefe von nur einer Person oder Briefwechsel sein, völlig den Charakter eines individuellen geistigen Erzeugnisses haben, so daß sie unter den Begriff »Schriften« des Gesetzes fallen und als solche Schutz genießen, indem sie Gesamtbilder von Personen oder Verhältnissen geben können, die selbständige Bedeutung haben.« Dies Unterstreichen der Bedeutung der Sammlung, wo das Ganze unter gewissen bestimmten Gesichtspunkten redaktionell geordnet ist. ein Verfahren, das also Urheberrecht verleihen soll, ist auch die gewöhnliche deutsche und schweize rische Meinung über das »Urheberrecht«. Aber darum scheint es uns nicht richtiger zu werden; im Gegenteil macht es die Sache höchstens unklarer. Denn wenn man nicht meint, den einzelnen Briefen n, i>, o, ä usw. Urheberrecht einräumen zu können, so ist nicht leicht zu verstehen, warum es a-ftb-j-o-j-ä zufallen soll, bloß deswegen, weil sie gesammelt erscheinen. Ein solcher Grundsatz des Sammelns, der Dingen Eigenschaften ver leiht, die sie vorher nicht besaßen, ist doch etwas sehr Eigentüm- tümliches. Man mißverstehe dies nicht, als wäre es die Absicht dieser kleinen Abhandlung, Verfasserrecht und Verfasserschaft für eine solche Sammlung zu verkennen; aber wir kommen zu demselben Ergebnis auf einem ganz entgegengesetzten Wege; wenn die Sammlung das Urheberrecht in sich birgt, so ist es ganz einfach, denn jeder ihrer vielen Abschnitte ruht auf dem gleichen Rechte. Mit andern Worten wird hier behauptet, daß jeder beliebige Brief — er sei uuu groß oder klein, gnt oder schlecht geschrieben, er ent halte wissenschaftliche oder geschäftliche Mitteilungen — unter den Begriff des Urheberrechts fallen kann, und von einem juristischen Gesichtspunkt aus nach den hierher gehörigen Regeln behandelt werden kann. Als im Jahre 1864 Benjamin Constants (s 1880) Briefe an Madame Recamier (f184S) herausgegeben werden sollten, erhoben Constants Erben darob einen Prozeß; das Gericht gab ihnen recht und erkannte das Verbot gegen die Veröffentlichung der Briefsammlung, das sie erlassen hatten, mit der Begründung an, daß es sich hier teils um Eingriffe in ihr Urheberrecht als Erben handle, teils um eine Verletzung des Friedens des Privatlebens, da die Briefe einen vertraulichen Charakter Kopenhagen 1889. (2. verm. u. Verb. Aufl. 1898, Gab.)
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