Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.04.1916
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1916-04-22
- Erscheinungsdatum
- 22.04.1916
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19160422
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-191604223
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19160422
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1916
- Monat1916-04
- Tag1916-04-22
- Monat1916-04
- Jahr1916
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil. Zr 93, 22. April 1916. Bei ihrem Erscheinen <1623) war die erste Folioausgabe recht mäßig im Preise, cs sollen etwa 800 Exemplare gedruckt und zum Preise von 1 L verkauft worden sein; bereits 1812 bezahlte man 100 L für ein Exemplar, und als etwa 1860 die Amerikaner als Mitbewerber auf dem Felde erschienen, stiegen die Preise sprung weise auf 400, 500, 600 bis 800 L; im Jahre 1898 bot ein Lon doner Antiquar ein tadelloses Exemplar in seinem Katalog für 1200 L an. Die höchsten Preise, die mir bekannt sind, datieren aus dem ersten Dezennium des jetzigen Jahrhunderts, es wurden 1910 einmal 36 000 .11, ein andermal 40 300 ftk bezahlt, und aus der Van Antwerp-Anktion in London erzielte ein Exemplar 72 000 ^k. Der Liebhaberpreis aller Werke hängt mitunter von Neben umständen ab; so vereinigt sich bei manchem Exemplar eines Quart- oder Folio-Shakespeare das historische Interesse an einer Reliquie mit dem literarischen. Dies war der Fall bei einem Lear in Quarto aus dem Jahre 1608; der vollständige Titel das Dramas lautete: »Tbe Tr»e Lkroniele vk tbe I.ila an<1 Ventil vk King vsnr«; das Exemplar war mit Einlageblättern versehen und beschrieben. Die Fachleute nahmen an, daß es die Handschrift des Shakespeare-Herausgebers Georg Steevens ist, da sich seine Signatur auf dem Titelblatte findet. So erzielte denn das Buch bei einer Versteigerung im Jahre 1905 bei Sotheby in London die sehr ansehnliche Summe von 18 000 Zu eben derselben Zeit wurde eine seltene Qnartausgabe von Shakespeares »Tbe Tragedie vk King Kiebard tim Tbird« von 1605 mit Autograph von Sir William Penn zur Versteige rung gebracht; dieser, ein Admiral, lebte 1621—1670 und war der Vater des Gründers von Pennshlvanicn. Begreiflich, daß die Inschrift Pcnns für Amerikaner besonders interessant ist; dennoch wird der Preis, den dieses Exemplar erzielte, wenigstens für europäische Begriff« enorm erscheinen ; im Wettbewerb blieb ein Mr. Jackson im Aufträge eines amerikanischen Bibliophilen Sieger mit 35 000 während die Firma Sothcran bis 34 000 ./k mitgeboten hatte. Bekanntlich ist bei uns die Goethcliteratur stark angeschwollen, und sie fördert noch immer jährlich eine große Anzahl Werke, die sich mit dem Leben und den Werken Goethes beschäftigen, zutage. Von Zeit zu Zeit ertönt denn auch der — herzlich überflüssige Ruf: Zn viel Goethe! Es scheint nicht, daß es in England heißt: Zu viel Shakespeare! Vor wenigen Jahren er schien als Frucht einer Arbeit von mehr als zwei Dezennien eine Shakespcare-Bibliography, herausgegeben von Williams Jaggard. Sie enthält auf 750 Seiten Quartformat über 36 000 Eintragungen und verzeichnet jede Broschüre, jeden Band, jede Sammlung, die aus Shakespeare Bezug haben; jede zeitgenössische Anspielung aus den Dramatiker oder seine Werke, jedes Auto graph, sei es echt oder gefälscht, und jedes Shakespeare-Porträt ist ausgenommen. Bei dem großen Interesse, das die Bibliophilen und die großen Antiquare für die Erstausgaben Shakespeares haben, ist es begreiflich, daß die Standorte der einzelnen Exemplare genau bekannt sind — die Fachleute wissen genau, ob diese oder jene Qnartausgabe sich im British Museum, in der Bodleiana oder in der Aale-Universität in den Vereinigten Staaten befindet; sie lachen noch heute über den Schwabenstreich der Verwaltung der Bodleian-Bibliothck, die ihre erste Folioausgabe für wenige Schilling verkaufte, als die zweite Ausgabe erschien, nachher aber 60 000 .K für die Wiedererlangung eines Exemplars be zahlte. Heutzutage sind Überraschungen, d. h. das Anftauchen eines unbekannt gewesenen Exeinplars höchst unwahrscheinlich — aber ausgeschlossen ist ein solcher Zufall nicht. Ende 1904 legte ein Einwohner von Lund in Schweden einem Beamten der Universitätsbibliothek ein altes unscheinbares Buch vor mit dem Ersuchen, anzugeben, ob es irgendeinen Wert repräsentiere. Der Herr Bibliothekar war ein kundiger Thebaner, er halte bald herausgefunden, daß der alte Schmöker, der unter Gerümpel ein unbeachtetes Dasein geführt hatte, eine Seltenheit ersten Ranges war: der älteste Druck (1594) des ersten Dramas von Shakespeare: Titus Lndronieus. 462 Auf Veranlassung des Bibliothekars reiste ein Vertreter der Londoner Antiquariatsbuchhandlung Sotheran nach Lund, um mit dem Eigentümer des Schatzes zu unterhandeln; es währte nicht lange, so war der Kauf abgeschlossen, und dem Verkäufer wurde das nette Sümmchen von 2000 Pfund Sterling (also etwa 48 000 Kronen) ausbezahlt. Von London ging das Exem plar dann, wie so viele Shakespeare-Quartos, in den Besitz eines amerikanischen Sammlers über. Es ist bemerkenswert, daß auf dem Titelblatte dieses Buches eine Menge Namen stehen, nur einen Namen sucht man ver gebens: denjenigen des Dichters. Es heißt daselbst nach dem Titel des Stückes: K-Vs it UL8 Tlaide bv tim Iliglit llvnouradis tim Karle vk varbie, Karle vk Tembroobe, and Karl vk Lussee tbeir Servauts«. Also genannt zu werden verdienten nach da maligen Begriffen nur die edlen Lords, deren Schauspieler- truppen das Stück zur Darstellung brachten, der Dichter selbst War Nebensache und sein Name nicht nennenswert. Der hohe Preis, der für diesen Titus Lndronieus bezahlt wurde, hatte seine Berechtigung in folgendem Umstande: aus Langbainäs 1691 erschienenem Werke: »Leeount vk tbe Kngllsk Vramativ kvsts« wußte man, daß von diesem Drama drei Aus gaben gedruckt worden waren: in den Jahre» 1594, 1600 und 1611; während nun von den zwei letztgenannten Ausgaben meh rere Exemplare nachgewiesen wurden, schien die erste Ausgabe von 1594 vom Erdboden verschwunden zu sein. Das Exemplar, das nun austauchte, war also in der Tat ein Unikum. Die bekannte Shakespeare-Streitsrage — ob Shakespeare, ob Bacon der Dichter der Dramen war — existiert ja für Deutsche nicht mehr*) und ist längst zugunsten Shakespeares entschieden; in England aber scheint, wenigstens vor dem Kriege, eine kleine Partei noch immer Vergnügen an der Debatte Uber die Ur heberschaft zu finden. Während des Krieges sind die Nachrichten über englische Novitäten des Büchermarktes sehr spärlich, aber noch 1913 wurde von Sir Edwin Durring - Lawrence ein Vor trag »Tbe Sbabespears Lh'tbe« gehalten, der dann als Broschüre, angeblich in 300 000 Exemplaren, aufgelegt wurde. Der Ver fasser behauptet in dieser Broschüre, daß Shakespeare kaum schrei ben konnte, daß mehrere ihm bisher zugewiesene Schriftstücke von Ben Jonson herrühren, daß er ein schlechter Schauspieler und ein ungebildeter Mensch gewesen sei, daß Shakespeare nur als Deckname bei der Aufführung genannt wurde, um eventuell den Strafen der Zensur zu entgehen, für die Shakespeare gegen Ent gelt eintreten mutzte usw. »8balcespeare, Laeon and tbe great Knknon-n« betitelt sich eine ebenfalls 1913 erschienene Schrift, in der der Verfasser Andrew Lang die Ansicht vertritt, daß man Bacon nicht als den Verfasser der Dramen ansehen könne, weil er viel zu gelehrt gewesen sei und weil er sich keine Verstöße in der lateinischen Sprache hätte zuschulden kommen lassen. Da Bacon die klassischen Sprachen vollkommen beherrschte, so würde er stets seinen Stoff aus den Originalen und nicht, wie Shake speare, aus Übersetzungen entnommen haben. Von diesen Verirrungen wende ich mich zur Betrachtung einer schönen Sitte, die allerdings, wie tausend andere schöne Beziehungen, durch den Krieg aufgehoben wurde. Alljährlich zum 28. August, dem Geburtstage Goethes, wurde aus dem Shakespeare-Garten in Stratford on Avon ein Kranz von Lor beerblättern für den Dichterfürsten nach Frankfurt a. M. gesandt. Der letzte Bericht, der mir zur Verfügung steht, stammt aus dem Jahre 1910 und enthält die Mitteilung, daß die damalige Sendung von einer Widmung begleitet war, bestehend aus den Worten im Sommernachtstraum: »Kor ever lasting bond vk kellvrvsblp«. Noch trennen uns Wochen, ja Monate von der Wiederkehr des Geburtstages Goethes; ist die Hoffnung zu verwegen, daß der schöne Brauch in diesem Jahre wieder geübt werden wird? *> Vgl. demgegenüber die Anzeige der Firma A. H. Ludwig Tegener in Leipzig über den 3. Teil mm Eelbo, »Bacon's entdeckte Urkunden« in Nr. 87 des Bbl. Red.
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder