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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 22.04.1916
- Strukturtyp
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- 1916-04-22
- Erscheinungsdatum
- 22.04.1916
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/V 93, 22. April 1916. Redaktioneller Teil. Otto Pettcrs. Ein Wort der Erinnerung von Ioh. Heinr. Eckardt. Die Kunde, daß Otto Petters am 15. April gestorben ist, wird manchem unerwartet kommen, und man wird sich kaum denken können, daß der unermüdlich tätige, lebensfrohe Mann einem qualvollen Siechtum erlegen ist. Wir, die wir in seiner Nähe waren, haben schon seit Wochen geahnt und gefürchtet, daß seinem Leben ei» Ziel gesetzt sei; es hat zwar Tage gegeben, wo wir hofften, daß er nochmals wieder zu neuen Kräften kommen würde, um sich seiner Familie und seinem Geschäft, an dem er mit jeder Faser seines Herzens hing, widmen zu können, aber es sollte nicht sein; kurz vor Vollendung seines 66. Lebensjahres ist er dahingcgangen. Der Tod kam als Erlöser; schon im Juli des vorigen Jahres hatte er sich einer Operation unterziehen müssen, die damals überraschend gut gelang und ihm schon nach wenigen Wochen wieder gestattete, im Geschäft tätig zu sein. Er war wieder ganz der Alte, und die Nichteingeweihten ahnten nicht, daß das Leiden unaufhaltsam fortschritt, und selbst die, welche es ahnten, ließen sich täuschen von seiner neucrwachtcn Lebens lust, von seiner unermüdlichen geschäftlichen Tätigkeit. Bald nach Neujahr mutzte er von neuem die Klinik aufsuchen, um sich einer sehr schweren Operation zu unterziehen. Sie gelang zwar, aber der Körper war so geschwächt, so wenig widerstands fähig, daß er aus ein säst viermonatiges Krankenlager geworfen wurde. Sein Tod wird in den weitesten Kreisen des deutschen Buch handels lebhaftes Bedauern Hervorrufen, knüpft sich doch an seine Person so manche liebe, schöne Erinnerung an die Ostermessen. Was wäre der Kantatesonntag ohne Petters gewesen, wie hat er nicht unermüdlich geredet, gepredigt, gesammelt für die Witwe» und Waisen im Buchhandel. Stets fand er neue Worte, neue Schlager, und wie freudig bewegt war er, wenn seine Worte metallischen Widerklang fanden! Run ist er von uns gegangen in der Zeit des großen Völkerringens, und so recht fühlbar wird der Verlust erst werden, wenn wir wieder die Ostermesse wie in früheren Jahren festlich begehen dürfen. Dann wird der Ruf: »Ist denn kein Petters da?« erschallen, und man wird unwill kürlich aufschauen, ob er nicht mit seiner so berühmt gewordenen »Pettershose« erscheint. Was werden die Samstagabende vor Kantate in Aeckerleins Keller ohne ihn sein, wo er mit seinen hu morvollen Worten die Geldbeutel zu öffnen verstand, und wie wird man ihn bei der Abrechnung in Stuttgart vermissen, wo er alljährlich den »historischen« Federhalter auch zum Besten der Witwen und Waisen versteigerte! Einen Liebling des deutschen Buchhandels hat man ihn in manchen Zeitschriften genannt im Hinblick auf die große Volkstümlichkeit, die er sich durch sein Auf treten bei der Ostermesse errungen, die »Petters«hose wurde als Sehenswürdigkeit in Leipzig gezeigt und sogar in ausländischen Bilderzeitschriften abgebildet und beschrieben. Die Otto Petters- Stiftung wird seinen Namen unvergänglich machen, und viel leicht wird es ein feststehender Brauch, daß man alljährlich einen Petterspfennig gibt, wie man einen Peterspfennig spendet. Petters war eine von Golt begnadete Natur, sein unverwüst licher Humor, seine Schlagfertigkeit hat ihm über manche schwere Stunde hinweggeholsen. Der Mann konnte seltsamer Weise nicht alt werden. Wohl war er in den letzten Jahren gealtert, aber nicht alt geworden: er konnte nach wie vor die Nacht zum Tage machen und im fröhlichen Kreise zur Zupfgeige singen oder einen Ball leiten und dabei selbst noch rüstig das Tanzbein schwingen. Als Schreiber dieses ihn zuerst vor mehr als einem Menschenalter kennen lernte und in seinem Hause Verkehren durfte, war er kaum elastischer als in den letzten Jahren. Wohl keiner verstand es so gut wie er, eine fröhliche Tafelrunde zu leiten. Er war fröhlich mit der Jugend und ist cs in gewisser Weise auch ge blieben, wenn er auch manche Enttäuschungen erlebt hat und sich vor allem den Anforderungen der Gehilfenschaft in den letzten Jahren nicht anpasscn wollte, weil er ihre Forderungen vielfach nicht verstand. Jene achtziger Jahre in Heidelberg waren Wohl auch mit der Glanzpunkt seiner geschäftlichen Tätigkeit. Die prächtige Jubel feier der Rnperto-Carola vcranlaßte ihn, eine große Anzahl Jnbi- läumsschriften zu verlegen, unter denen die Festzeitung und das Album des Festzuges Wohl die bedeutendsten und gangbarsten waren. In jenen Jahren war Otto Petters allerorten zu finden; keine Festlichkeit, kein Maskenball fand statt, an denen er nicht teil nahm und bei welchen er nicht den Ball leitete. Den Heidelberger Vereinen, dem Museum, der Harmonie, der Mandarins, dem Kauf männischen Verein, denen er Treue bis zum Tode gehalten, war er eine unschätzbare Kraft. Dem 1884 gegründeten Verein jüngerer Buchhändler Perkeo in Heidelberg hat er von Anbeginn an große Sympathien ent gegengebracht, und auf die ihm verliehene Ehrenmitgliedschast war er besonders stolz. An den festlichen Veranstaltungen des Vereins nahm er stets teil und hat auch mehrfach ans den Bret tern, die die Welt bedeuten, auf den Festen des Vereins mitge spielt oder seine beliebten Lieder »Immer an der Wand lang« und andere zur Zupfgeige in diesem Kreise ertönen lassen. Die Kunst der Rede und des Jmprovisierens war ihm in seltenstem Matze beschicken, und gar manches Scherzgedicht hat er zu festlichen Gelegenheiten verfaßt. So war er Jahre hindurch der Mittelpunkt des geselligen Lebens in den Vereinen Heidelbergs, und Wohl selten hat er bei geselligen Veranstaltungen gefehlt und dort nicht das Wort er griffen. Daneben war er aber ein Mann der Arbeit und ging in der Arbeit ans. Diese Arbeitslust, die keine Rücksicht zu neh men wußte, hat ihn Wohl manchmal in Zwistigkeiten gebracht, die Nachtarbeit und der Sonntagsdienst im Pettersschen Geschäft waren Themen, die in der Gehilfenpresse zu scharfen Angriffen führten. Er stand hierin im Gegensatz zu manchen seiner engeren Berufsgenossen, ebenso wie in den Erörterungen darüber, ob Heidelberg vorwiegend Fremdcnstadt sein sollte, was er immer wieder mit Feuereifer verfocht, weshalb er wich eine Sonntags ruhe für unangebracht hielt. Auch den buchhändlerischen Verbänden widmete er seine Tätigkeit; seiner fruchtbaren Wirksamkeit in Leipzig, wo er seit 1886 mit einer einzigen Ausnahme stets an der Oslermesse teil nahm, tat ich bereits Erwähnung, dem süddeutschen Bnchhändler- verein, dem mitteldeutschen Buchhändler-Verband gehörte er als Vorstandsmitglied, dem Badisch-Pfälzischen Verband und dem Verein Heidelberger Buchhändler als treues Mitglied an und nahm an den Verhandlungen dieser Vereine stets regen Anteil. Noch im Vorjahr hielt er es trotz der Schwere der Zeit und ob wohl er kein Personal hatte, für nötig, wenn auch nur für den Kantatesonntag nach Leipzig zu fahren. Auch ließ er es sich nicht nehmen, anläßlich des Jubiläums des Herrn Hosemann in Stritt- gart im November vorigen Jahres diesem seine Glückwünsche persönlich darzubringen. Sein Hinscheiden wird überall eine große Lücke znrücklusscn, vor allem in seiner Familie. Ein schönes Familienleben war ihm an der Seite seiner Frau in mehr als dreißigjähriger Ehe beschie- den; vier Kinder verschönten seine Ehe, mit großem Stolz sprach er stets von feinen Söhnen, die sich beide Auszeichnungen im Felde er- worben hatten, und sein Auge glänzte, wenn er von seinen Enkeln redete. Die Vereine, denen er angehört und in denen er einen großen Bekanntenkreis hatte, werden ihn schmerzlich vermissen, und in Heidelberg werden recht viele ihm ein treues Angedenken bewahren. Es war ein tragisches Geschick, daß diesem von Fröh lichkeit oft llbersprudelnden Geist, diesem unermüdlichen Arbeiter ein so qualvolles Ende beschielten sein mußte. Monatelang hat er aus seinem Schmerzenslager liegen müssen, stets im Geiste un ermüdlich an sein Geschäft denkend und Anordnungen treffend, bis zuletzt auch hier tätig und sorgend. Nun haben wir ihn auf dem schönen Heidelberger Friedhof zur ewigen Ruhe gebettet, in reicher Fülle sind ihm an seinem Sarge von Verbänden, Vereinen und Freunden die letzten Ehrun gen und Worte des Abschieds erwiesen worden. Möge er sanft ruhen. Alz Mann der Pflichterfüllung und Arbeit, als ein Segen spender für manche Angehörigen unseres Berufs wird Otto Petters in unserm Gedächtnis fortleben. Ehre seinem Andenken! 463
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