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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 12.03.1914
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1914-03-12
- Erscheinungsdatum
- 12.03.1914
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
- Zeitungen
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58, 12. März 1914. Redaktioneller Teil. ist cs, daß, wen» auch das Plenum sich den Kommisstonsbe- schlüsscn anschlicßt, das Gesetz an dem Widerstande der Regie- ruug scheitert. Das wäre bedauerlich, aber nicht das erste Mal, daß eine an und für sich wünschenswerte gesetzliche Neuregelung infolge Überlastung mit sozialen Forderungen undurchgefllhrt bleibt. Von der Presse in Frankreich. Von A. Rutari in London. I. Wenn doch einer Zeit fände, die Geschichte von Ursachen und Wirkungen zu schreiben; welche Gegensätze sollten dabei zutage kommen! Kolumbus schisst sich ein, um westwärts nach Indien zu reisen — und entdeckt Amerika. Ein rotbäckiger Apfel fällt ins Gras und gibt Jsaac Newton Veranlassung, die Weltordnung umzugcstalteu. Ein Minister in Frankreich hält eine Rede in der Absicht, die Profite der Zeitungen zu beschneiden, und vcrhilft dadurch der Pariser Presse zu einem Aufschwung, den niemand hätte ahnen können. Dieser Mann war Monsieur de Villölc. Zur Zeit Louis Philippes gab cs nicht mehr als ein halbes Dutzend Journale in Paris, ein jedes zählte einige tausend Abonnenten und warf doch einen Reingewinn ab von rund einer halben Million. Man konnte es einem Minister, dessen Finanzen knapp lvaren, schließlich kaum verübeln, wenn er zum Nutzen des Staats diese Einnahmen ein wenig zu beschneiden wünschte. Aber statt ein paar Blättern ihre Pfründe zu schmälern, wie er dachte, gab er den Anlaß zu einer mächtigen Entfaltung: am ganzen Zei tungsbaum begann cs mit cinemmal zu sprossen und zu grünen; an jedem Ast setzten Blüten an; an Stelle einer gemäßigten und, was Zahlen anbctrifft, sehr im Maß gehaltenen Presse prangt plötzlich eine Zeitungswelt in Frankreich, die nicht mehr Tau sende, sondern Hunderttauscndc abwirft und ihre Leser auf Mil lionen beziffert. Denn die Erörterungen des M. de Villöle hatten in dem Hirn eines seiner Zuhörer in der Kammer Funken gefangen. Der Gcdankcugang, den er da erleuchtete, war ähnlich der logischen Folgerung, zu der fünfzig Jahre früher in England Doktor John son auf verwandtem Gebiete gekommen war. Bis zu seiner Zeit war es Sitte gewesen, ein neues Buch einem angesehenen Mann zu widmen, der sich für die Ehre durch einen mehr oder weniger tiefen Griff in den Beutel bedankte. Auch Johnson hatte noch seine fünfzig oder hundert Guineen von diesem oder jenem Lord empfangen, bis ihn einer, auf den er im besonderen ge zählt haben mochte, gelegentlich im Stiche ließ, und so erschien das berühmte Lexikon statt mit einer devoten Widmung, mit einer Abfertigung Horace Walpolcs aus der ersten Seite. Die stolzen Worte des beleidigten Briten sind der Absagebrief der Schrift steller an die Patrone. Johnson hatte einen größeren Beschützer als hier und dort einen Aristokraten gefunden das Publikum. Genau so M. de Girardin. Wenn ein Tageblatt mit einigen tausend Abonnenten so hohe Pfründe abwirft, so folgerte er, wel chen Gewinn muß erst eines bringen, das sich nicht an ein paar tausend, sondern an alle, d. h. alle, die lesen können, wendet, — daß diese auch alle lesen wollen, dies eben hatte sein neues Blatt zuwege zu bringen. So erschien — am 1. Juli 1836 — La Presse. Statt sechzig Franken wie Constitutione!, die Döbats, das Journal de Paris verlangte cs nur vierzig für das Jahres abonnement und — lieferte dafür mehr. Es lockte die Lesewut der Frauen durch die Einführung des Feuilletons mit seinem Roman und dem täglichen verheißungsvollen »Fortsetzung folgt-, es gewann sich Mitarbeiter wie Balzac und Victor Hugo. Solche Erfolge mußte» zurNachahmung reizen; so dauerte cs nicht lange, und das Petit Journal und der Petit Parisicn erschienen im Felde. Auch in der Zeitungswelt bewährt sich der natio- »alökonomischc Lehrsatz »Angebot erzeugt Nachfrage«, und man begann eine halbe Million Abonnenten zu den natürlichen Erfordernisse» zu zählen. Wer diesen Werdegang der französischen Presse, zu dein eine Studie in der Revue de Paris aus der Feder Louis Latzarus' den Anlaß gibt, sich vor Augen hält und mit den Pariser Zeitun gen einigermaßen vertraut ist, muß sich Wundern, mit welch be scheidenen Mitteln in Frankreich die Lesewelt gewonnen wird. Wenig Blätter, die mehr als vier oder sechs Seiten gedruckten Papiers enthalten im Vergleich mit den vierzehn bis zwanzig Riescnbogen der großen Londoner cUüiies. lind überdies schöne dicke Buchstaben statt des Augenpulvers der englischen Spalten. Aus einer einzigen Nummer der Times kann man — und hat es in der Tat zu wiederholten Malen getan — ein Buch so dick wie ein Roman Herstellen; eine Nummer des Figaro gibt kaum genug Stoff für eine Flugschrift her. Allerdings wägt man in der Literatur nicht mit faktischem, sondern mit ästhetischem Ge wicht. Die Zeitung ist in England ein Handelsartikel wie an dere auch, in Frankreich ein Kunstwerk. Selbst heute, da die großen Umwälzungen in der Presse von Männern herbcigcfiihrt werden, die sich auf den Herzschlag ihrer Zeit verstehen und ge lernt haben, daß das, ivas die Menge haben will, Neuigkeiten und wieder Neuigkeiten sind, gibt cs doch in jedem Pariser Blatt mindestens einen Beitrag, der wie ein geschmackvoll gefaßtes Juwel funkelt und blitzt. Es ist, als ob in England alles daraus ankäme, weniges in soviel Worten als möglich, in Frankreich viel in möglichst wenig Worten zu sagen. Der ponnz- a iinvr ist eine englische Erfindung. Das Material, das Nacht für Nacht in den Rotationspresscn auf geduldiges Papier gestanzt wird, ist überwältigend; jede einzelne Nummer der Times ist eine Enzy klopädie. Aber ein einziger Essai, an der Spitze eines Pariser Blattes beleuchtet irgend einen Vorgang, der eben die Aufmerk samkeit der Welt in Anspruch nimmt, mit klarerem Licht als all das Aufgebot von Worten hierzulande und ist überdies ein litera rischer Leckerbissen. Daß dem so ist, könnte in einer vergleichenden Studie der Völkerpsychologie auf höchst fesselnde Weise unter sucht und dargelcgt werden: cs hat seine Ursache nicht allein in dem grundverschiedenen Temperament beider Nationen, sondern auch in dem Umstand, daß in England der Journalist hinter seinem Blatte verschwindet, in Frankreich den Beitrag mit feine», Namen unterzeichnet. Der Journalist, der in London mit seine», Namen vor die Öffentlichkeit tritt, gilt als ein »Mart; in Frank reich macht er sein Glück und zugleich das seines Blattes. Vom ökonomischen Standpunkt betrachtet, arbeitet die fran zösische Auffassung der Dinge der Sparsamkeit in die Hände. Ist es erstaunlich, wie viel, wie ungeheuer viel von Wissens wertem in jeder einzelnen Nummer eines großen Londoner Mor- gcnblattcs aufgcspeichert ist, so ist es noch bei weiten, erstaun licher, wie wenig in einen, Pariser Blatte steht. Das Ausgabc- budget der Tin,es beläuft sich täglich auf tausende von Pfund, in Frankreich handelt cs sich um wenig mehr als Druckerschwärze und Papier. Als M. Poidatz im Jahre !898 den Mat in erwarb, un, aus den, hart mit dem Mißgeschick känch- fenden Blatte ein Weltblatt zu machen, war sein erster Schritt, einen Kontrakt mit der Times zu unterzeichnen, wonach er von den Telegrammen der letzteren sovielc für sich verwenden durfte, als er wollte. Mit einem Coup ward hierdurch der Mntiu das Pariser Blatt, das Nachrichtcnblatt par oxeslisnos. Und dafür entrichtete es an die Times genau tausend Pfund im Jahr, nicht inehr und nicht weniger, als die Times zuweilen für eine einzige wichtige Depesche ausgcgebcn hat. Allein der Umstand, daß es einem französischen angesehenen Blait genügt, seine Nachrichten aus zweiter Hand zu schöpfen, wirft ein bedeutsames Schlaglicht auf die Aufgabe, die sich die Presse hüben und drüben stellt. Vom Standpunkt des Matin indessen war cs eine Spekulation, die sich lohnte. In knapp drei Jahre» stieg der Absatz von 80 000 auf 286 009 Exemplare; höher konnte die Ziffer kaum gehen, so dachte M. Poidatz und verkaufte sein Blatt. Es war das erste mal, daß dieser große Geschäftsmann sich irrte; der Matin hat heute eine Auflage von nahezu einer Million. Ihn überflügeln noch mit je anderthalb Millionen Le Petit Parisien und Le Journal; während LcPctitJon rnal auch etwa eine Million Abnehmer hat. Im Nachrichtendienst der französischen Presse nimmt das tele graphische Korrespondenzburca» »och immer die hervorragendste Stelle ein. M. Latzarus weiß über dessen Ursprung hübsch zu er zählen. Die Agcnce Havas wurde um das Jahr 1835 von einen, Übersetzer, M. Havas, begründet, der de» auswärtigen Zeitungen die wichtigsten Nachrichten entnahm unk sie de,» Constitutionel
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