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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.06.1911
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1911-06-03
- Erscheinungsdatum
- 03.06.1911
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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^ 127, 3. Juni 1911. Nichtamtlicher Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. 6733 der Geister nur eine Stärkung erfahren, da er, über den Parteien stehend, mit weit größerem Erfolge wie bisher die Funktionen eines Einigungsamtes zwischen Sortiment und Verlag übernehmen und sich im übrigen mehr öffent lichen Interessen zuwenden könnte, wie sie in der Vertretung des Buchhandels gegenüber Regierung, Behörden, Gemeinden und Verbänden liegen. Denn so wenig der Einzelne geneigt ist, aus dem Dunkel seines Ladens oder Kontors in das Licht der Öffentlichkeit zu treten und Fühlung mit den Kreisen zu nehmen, von deren Maßnahmen die Wohlfahrt unseres wirtschaftlichen und kulturellen Lebens abhängt, so sehr muß es als Aufgabe des Börsenoereins angesehen werden, in lebendiger Wechselwirkung mit diesen Faktoren zu stehen und sich einen Einfluß auf die Anschauung und Maßnahmen der gesetzgeberischen Kreise und ihrer Berater zu sichern. Gewiß ist die Wahrnehmung innerpolitischer Berufsfragen keineswegs zu unterschätzen: ihr muß jedoch die Regelung des Verhältnisses zwischen dem Buchhandel und der Öffentlichkeit und die Herbei führung einer Verständigung mit den gesetzgeberischen Faktoren schon deswegen vorausgehen, weil alle Beschlüsse und Maß nahmen wirkungslos sind, wenn ihnen seitens der Rechtsprechung die Anerkennung versagt wird. Es war ein schwerer Fehler des deutschen Kaufmanns, den erst die Neuzeit, unter der Flagge der alten Hansa segelnd, wieder gut zu machen sucht, daß er in den Jahren des wirtschaftlichen Aufschwungs nach dem Kriege 1870/71 sich von jeder Teilnahme an öffentlichen Vorgängen fernhielt und nur seinen Geschäften lebte. Eine neue Zeit verlangt auch neue Anschauungen, und wir haben zu oft hören müssen, daß für den Buchhandel kein besonderes Brot gebacken wird, als daß wir uns nicht endlich frei machen sollten von Vorstellungen, für die in unserm heutigen Wirtschaftsleben kein Raum mehr ist. Wir wollen nicht untergehen in den nivellierenden Bestre bungen, die am liebsten den Käsehändler auf eine Stufe mit dem Buchhändler stellen möchten. Wir wollen Buch händler bleiben und den Schwerpunkt auf das Buch und nicht auf den Handel legen, aber uns gerade deswegen bewußt bleiben, daß unser Ansehen in der Öffentlichkeit nicht von unserer Einbildung, sondern von der Art abhängt, wie wir unfern Beruf ausüben. Denn nicht der Handel mit Büchern, sondern der Vertrieb guter Literatur, die Fähigkeit, das Publikum dem Schlechten abwendig und dem Guten zugäng lich zu machen, unterscheidet den Buchhändler von dem Bücherhändler. Innerhalb eines Berufs wie innerhalb eines Staatswesens wird nur derjenige etwas erreichen, der auch für ihn etwas bedeutet und mehr ist als »auch einer«. Wenn dem entgegengehalten wird, daß es schwer sei, sich im Wirtschaftskampfe gegenüber einer immer stärker auftretenden Kapital konzentration zu behaupten, so antworten wir, daß diese Schwierigkeiten heute auf allen Gebieten vorhanden sind, ja, daß sie in demselben Maße wachsen werden, in dem die Bevölkerung wächst und Befriedigung ihrer Bedürfnisse ver langt. überall setzt ein konzentrierter Lebenskampf ein, das Tempo der Arbeit wird rascher, die Organisation zweck mäßiger, die Anforderungen ständig größer. Der Macht des Geldes muß der Einzelne die Macht der Persön lichkeit entgegenstellen, er muß bessere Ware zu produ zieren oder zu vertreiben suchen als die Konkurrenz und den Echtheitssinn im Publikum zu entwickeln suchen. Es ist nicht wahr, daß nur Schund in Massen ab zusetzen und der Rabatt an einem Buche das Aus schlaggebende sei. Und so notwendig und berechtigt ein gesunder Egoismus auch im Sortiment ist, so wird man doch auch hier zwischen kurzsichtigem und weitsichtigem Egoismus, zwischen Augenblicksgeschäften und dauernden Vorteilen unterscheiden müssen. Dadurch, daß in so vielen Fällen dem Sortimenter das persönliche Verhältnis zu seiner Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 78. Jahrgang. »Ware« verlorengegangen ist, seit ihre Wertung nur nach dem Rabatt und nicht nach ihren inneren Eigenschaften erfolgt, ist uns auch ein gutes Stück innerer Befriedigung und Freude an unserm Berufe abhanden gekommen. Diesen Ver lust aber vermag kein noch so hoher Rabatt zu ersetzen, zumal er auch zugleich andere Schädigungen im Gefolge gehabt hat: die Lockerung der persönlichen Beziehungen der Kollegen zueinander und die Herabminderung der Achtung des Publikums vor den idealen Aufgaben des Buch handels. An dieser Wandlung trägt freilich der Einzelne weniger Schuld: sie ist vielmehr ein Symptom unseres Wirtschaftslebens überhaupt, wenn auch kein erfreuliches. Solange der Börsenverein noch einige Hunderte Mit glieder zählte, war ein genossenschaftliches, sagen wir bezeich nender ein freundschaftliches Verhältnis der einzelnen unter einander noch denkbar. »Es herrschte«, schreibt Frommann in seiner Geschichte des Börsenvereins der Deutschen Buch händler, über die Zusammenkünfte der Buchhändler zu Kantate in den ersten Jahren der Gründung des Börsenvereins, »ein vertraulicher, kameradschaftlicher, fast burschikoser Ton . . . So wuchs die Buchhändlerwelt zusammen, Verleger und Sortimenter standen sich persönlich nahe, und in dem jähr- lich(en) beinahe monatlangen Zusammenleben erwuchs gar manche Freundschaft fürs Leben, wurden Duzbrüderschaften geschlossen . . .« Wem stiege nicht beim Lesen dieser Sätze die gute alte Zeit in der Erinnerung auf, wehmütig von den Akkorden »und kommt nicht mehr, nicht mehr« begleitet! Man versteht, wie manche in Anschauungen der alten Zeit befangene Buchhändler vom Schlage des Herrn Horn-Danzig in der Einführung des Z 5 in die Satzungen (Ein Lieferungszwang der Buchhändler untereinander besteht nicht) mehr erblicken als eine uns durch die Ver hältnisse aufgezwungene Notwendigkeit, versteht, warum sie, in der Vergangenheit mit ihren so ganz anders gearteten Verhältnissen wurzelnd, diesen Paragraphen als eine völlig neue Wandlung in den Beziehungen der Mitglieder zuein ander empfinden, obwohl er nichts anderes zum Ausdrucke bringt, als was der jüngeren Generation längst in Fleisch und Blut übergegangen ist. Man mag diese Entwicklung bedauern, aber man wird sie hinnehmen müssen, weil jede andere Konstruktion des Verhältnisses der Mitglieder zueinander als eine künstliche und unhaltbare erscheinen würde, seit aus den Hunderten von Mitgliedern des Börsenvereins Tausende geworden und die Beziehungen zu den Einzelnen den Beziehungen zur Masse gewichen sind. Zu einer »Freundschaft« reicht die Legitimation als Börsenvereinsmitglied nicht aus, so notwendig auch gerade in unseren Tagen ein Zueinander stehen aller derjenigen ist, die sich in gemeinsamen Interessen begegnen. Einen Vorteil hat diese Wandlung insofern, als an die Stelle einer oft recht verschwommenen Gefühls politik vielfach klarere und unzweideutigere Verhältnisse ge treten sind, Verhältnisse, in denen das äo nt äss mehr gilt als schöne Phrasen, hinter denen sich oft nichts anderes als Bequemlichkeit auf der einen, Egoismus auf der anderen Seite verstecken. Denn wenn der Sortimenter auch durch seine Stellung im Wirtschaftsleben bei einer höherenAuffassung seines Berufs halb mit Ehre und halb mit Geld bezahlt wird und meist weniger verdient als der Kaufmann, so muß das wenige doch zum Leben ausreichen. Diese Lebensmöglichkeit muß ihm der Verleger geben, solange die Festsetzung des Laden- und Nettopreises ausschließlich durch ihn erfolgt und dem Sorti menter kein Mitbestimmungsrecht dabei zusteht. Diesem Ab hängigkeitsverhältnis Rechnung tragend, darf auch der Ver lag sich nicht auf den Standpunkt stellen, daß er das Sortiment, sobald es ihm zweckmäßig erscheint, vom Vertriebe ausschließen oder ihm doch die Rosinen aus dem 874
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