Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.10.1908
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 03.10.1908
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19081003
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190810035
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19081003
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1908
- Monat1908-10
- Tag1908-10-03
- Monat1908-10
- Jahr1908
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
1 ü 716 «drl-nbl-u,. d. Dychv. «Uchh-Nd-I. Nichtamtlicher Teil. oV 231, 3. Oktober 1803. Hermann Haeffels Grundsätze und Eigentümlichkeiten als Verleger vorausschicken. Während er in literarischen Fragen alles andere als konservativ war und die Bestrebungen einer jungen Generation mit verständnisvoller Teilnahme verfolgte, wurde es ihm in seinem Berufsleben nicht leicht, sich mit dem Wandel der Verhältnisse abzufinden. Seine letzte Instanz war und blieb »der alte Voß>, sein eigener Lehrhecr: die Erwägung, was dieser wohl zu irgend einem Unternehmen, das ihn gerade beschäftigte, gesagt haben würde, nahm ihn oft lange Zeit in Anspruch. Machte ihm ein Autor ein Verlagsan gebot, so prüfte er das Manuskript mit großer Gewissenhaftig keit. Wenn die Arbeit -gut, war, d. h. wenn sie ihm persönlich gefiel, wurde sie akzeptiert, und bei der Kalkulation war immer nur die Summe ausschlaggebend, die bei dem Geschäft im schlimmsten Falle verloren gehen konnte. Bei solchen Gelegenheiten offenbarte er einen wahrhaft sangui nischen Optimismus, sprach mit Bewunderung von dem neuen Autor oder dem neuen Buch, mit dem seiner Über zeugung nach eine neue literarische Ara beginnen mußte, und erweckte sogar bei dem Verfasser selbst die kühnsten Hoffnungen auf einen außerordentlichen Erfolg. Blieb dieser ans — und das geschah gar nicht so selten! —, so verwan delte sich die Sympathie für den Autor langsam, aber sicher in einen stillen Groll, dem gewöhnlich ohne einen besonderen äußern Anlaß in einem höchst temperamentvoll gehaltenen Briefe Luft gemacht wurde, was in vielen Fällen zu einem Bruche führte. Wie manche Verleger aus der alten Schule huldigte auch Haessel dem Grundsätze, daß eine gute Sache sich selbst empfehle. Deshalb hielt er auch wenig von Ankündigungen, und die Bitte eines Rezensenten um ein Freiexemplar konnte ihm Tränen des Zornes entpressen. Vor seinen großen, erfolgreichen Kollegen im Buchhandel hatte er einen gewaltigen Respekt, was ihn jedoch nicht hinderte, gelegentlich im intimsten Kreise allerlei Scherzchen über sie loszulassen, besonders wenn es sich um Firmen handelte, bei denen sein Conrad Ferdinand einmal vergebens angeklopft hatte. Hören wir nun, wie sich dieser zu buch händlerischen Fragen stellte. Als der »Hutten« erschienen war, hatte ein Meyer nahestehender Schweizer Kritiker, vr. Wille, eine Besprechung geschrieben, die nach des Dichters Wunsch zur Ankündigung des kleinen Epos verwendet werden sollte. Haessel wollte offenbar hiervon nichts wissen, und so schreibt denn Meyer: Was die Annonce betrifft, so bin ich in einiger Verlegen heit. Von Haus aus ein Feind jeder Reklame, wäre es mir das Liebste, meinem Wesen Angemessenste, auf alle öffentliche Empfeh lung des Hutten zu verzichten. Aber was soll ich an Wille schreiben, der überzeugt ist, mir durch sein- Anzeige einen wesentlichen Dienst geleistet zu haben? Kürzen läßt sich dieselbe nicht wohl u. es widersteht mir, selbst eine zu schreiben. Gar nichts ist aber zu wenig in dieser bösen Welt. Oder glauben Sie wirklich, mein l. Freund, wenn ein Gedicht nur von interessiren, glauben Sie, es verlohne sich dann überhaupt, Verse drucken zu lassen? Glauben Sie das wirklich, so ist es mir ein Trost! Ich betrachte es schon längst als eine schöne Täuschg. Miß verstehen Sie mich nicht! Persönlich halte ich es für das Beste nicht nur, sondern auch weit für das Angenehmste, weniger zu scheinen, als zu sein, im öffentlichen Leben aber denke ich anders. Der Hutten ist mir wichtig als Stufe, als Anmeldg. anderer, z. Th. schon halb vollendeter Arbeiten. Ermuthtgung von außen aber, Interesse von Andern an meinen Schöpfungen ist für das Gelingen derselben ein Moment, das ich keineswegs unterschätze. Wüßten Sie, wie ich, verehrter Freund, welchen hemmenden Einfluß ein gewisses theilnahmloses Wohlwollen, achselzuckendss Gewährenlassen jahrelang aus mich ausübte, so verstünden Sie, wie sehr ich Wille verpflichtet bin für das warme Interesse und die dauernde Anregung, die ich in seinem Daß Meyer sich nur langsam, sehr langsam durchsetzte, ist bekannt. Auch die Redaktionen großer Zeitschriften und Familienblätter hatten anfangs kein Vertrauen zu ihm. So hatte Robert König, der damalige Redakteur des -Daheim-, seine Novelle -Das Amulet- abgelehnt. Der Dichter schreibt darüber am 26. Mai 1873: . . Die Antwort des Daheim hat mich nicht sehr verwundert. K. hat recht, das Amulet ließe sich nicht leicht zerschneiden und brockenweise auftischen. Mit meiner tendenzlos historischen Ausfassg u. meinen ästhetischen Begriffen wird es mir, fürchte ich, niemals gelingen, mich in illustrierten Blättern hervor- zuthun . . . Von einem buchhändlerischen Erfolge der ersten Meyer- schen Schriften kann nicht die Rede sein. Trotzdem gab Haessel die Hoffnung nicht auf und ermutigte dadurch den Freund zu weiterem Schaffen. Meyer hat dies immer dankbar anerkannt, nicht nur mit Worten, sondern vor allem dadurch, daß er, als nach dem Erscheinen des »Jürg Jenatsch« seine Bedeutung die gebührende Anerkennung fand, dem Verleger treu blieb. Breitkops u. Härtel, schreibt er unterm 1. Juni 1877, haben wegen meines -neuen- Romans angefragt. Ich habe freundlich geantwortet, aber mein gutes Verhältnis zu Ihnen betont, ohne dessen Vorwissen und Vorhand ich überhaupt nicht verfüge. . . . Um dieselbe Zeit war in der »Neuen Züricher Zeitung- eine Nachahmung des »Jenatsch» unter dem Titel -Donna Ottavia. Historischer Roman aus dem ersten Drittel des siebzehnten Jahrhunderts« erschienen. Der Verfasser, Joh. Andr. v. Sprecher, bot die Buchausgabe Haessel an, der Meyer hiervon Mitteilung machte. Der Dichter antwortete nun unterm 20. Juli 1877: . . . Die o. Sprechersche Arbeit ist ohne alle Composition, ohne jeden Kunstwerth, bringt aber allerdings manches unbe kannte hist. Detail. Daß v. Sprecher meinen Jenatsch nicht vorher gelesen, ist nicht absolut unmöglich, aber im höchsten Grade unwahrscheinlich. Ich wünsche, lieber Freund, daß Sie das Buch nicht verlegen, mich aber in Ihrer Antwort an v. Sprecher gänzlich aus dem Spiele lassen, gänzlich, nicht wahr? Es ist verständlich und zu entschuldigen, daß die Er füllung der auf Conrad Ferdinand Meyer gesetzten Hoff nungen Haessel mit frohem Stolz erfüllte. Er konnte sich nicht versagen, die Äußerungen dieses an sich durchaus be rechtigten Stolzes mit kleinen Ausfällen gegen die Kollegen zu würzen, die sich den jetzt allgemein anerkannten Dichter einst hatten entgehen lassen, nun aber mit diesem in Ver bindung zu treten suchten. So beginnt denn ein Haesselsches Zirkular vom Oktober 1887: Erfolg, und meinen Stolz, den dauernden Werth dieser Schriften erkannt zu haben zu einer Zeit, da dieselben nur Gleichgültig keit oder Widerspruch fanden. Fast gleichzeitig mit dem Erstehen des Deutschen Reiches wurde der »Hutten« vollendet und von den großen Verlegern abgelehnt: »man wolle lieber die Verse gedruckt lesen, als sie selbst verlegen«. So kam das Buch zu mir und wurde der Grundstein eines innigen Verhältnisses zwischen Verleger und Schriftsteller, an welchem später alle Angriffe eines ganzen Rudels jagdlustiger Verleger abgeprallt sind. »Ich bleibe treu, Haessel!« war Meyers einfache Rede .... Ich kann mir den alten Herrn lebhaft vorstellen, wie er, nach seiner Art beim Schreiben mit der geballten Linken lebhaft gestikulierend, diese Zeilen zu Papier brachte. Meyer, dem sie zur Begutachtung Vorlagen, nahm, wie bei seinem
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder