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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.10.1898
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 20.10.1898
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- Deutsch
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Nichtamtlicher Teil. Die künstlerische Dekoration der Buchumschläge und Leinwandbände Vortrag, gehalten am 12. Oktober 1898 im Verein für deutsches Kunstgewerbe zu Berlin von Walter von Zur Westen. Hochverehrte Anwesendei Im Laufe der letzten Jahre hat sich das Gewand, die äußere Erscheinung eines großen Teiles unserer deutschen Bücher völlig verändert- Auf den Buchumschlägen sind an die Stelle der schlichten, rein typographischen Titel farben prächtige figürliche oder ornamentale Kompositionen getreten, und seit kurzem beginnt auch der bisher arg vernachlässigte industrielle Leinwandband würdigen künstlerischen Schmuck zu erhalten. Diese Wandlung ist so offensichtlich, daß sie jedem auf fallen muß, der die Schaufenster unserer Buch- und Musika lienhandlungen betrachtet und im Geiste den Anblick, den sie jetzt gewähren, mit ihrem früheren Aussehen vergleicht. Ich glaube daher, daß es wohl keiner besonderen Rechtfertigung der Wahl meines Themas bedarf; sollte ich mich aber in dieser Annahme irren, so kann diese Rechtfertigung sicherlich besser, als es Worte vermöchten, durch die Arbeiten selbst erbracht werden, die Sie längs den Wänden dieses Saales ausge hängt oder ausgelegt sehen und die zum Teil aus der Samm lung des Kunstgewerbemuseums stammen, zum andern, größeren Teil von mir gesammelt sind. Obwohl diese Aus stellung naturgemäß nur einen beschränkten Teil des künst lerisch Interessanten und Bemerkenswerten zur Anschauung bringt, was auf diesem Gebiete bisher geleistet ist, so hoffe ich doch, daß auch diejenigen unter Ihnen, die dem Gegen stände bereits ihre Aufmerksamkeit zugewendet haben, unter den ausgestellten Arbeiten manches finden werden, was ihnen bisher unbekannt geblieben ist, selbst unter den deut schen. Schmücken doch einige Umschlagszeichnungen unseres Meisters Fidus — und vielleicht gerade seine besten, spiriti stische Schriften, die naturgemäß nur eine beschränkte Ver breitung haben; und was die dänischen, schwedischen, hollän dischen und belgischen Arbeiten betrifft, so dürften sie bisher nicht allzu vielen unter Ihnen zu Gesicht gekommen sein. Ich gedenke Ihnen zunächst eine Skizze des Entwick lungsganges des neuen Kunstzweiges zu geben, dann einige Fragen allgemeiner Natur zu erörtern und zum Schluß zu versuchen, die Bedeutung darzulegen, die eine Reihe der erschienenen Umschläge in ornamentaler Beziehung hat. Gie wissen alle, hochverehrte Anwesende, wie das Buch im Laufe der Jahrhunderte aus einer raren Kostbarkeit zu einem Artikel geworden ist, der heute in seiner einfachsten Gestalt selbst dem bescheidensten Geldbeutel zugänglich ist. Von der Pergamenthandschrift des Mittelalters, die vielleicht das Lebenswerk eines schreibenden Mönches darstellte, die mit kunstvollen Miniaturen geschmückt und nicht selten mit einem Deckel versehen war, der aus kostbarem Material hergestellt und mit Edelsteinen verziert war, bis zu den einfachen 10- und 20-Pfennigbändchen der Meyer'schen und Reclam'schen Universalbibliotheken — welch' eine Entwicklung! Welch' un zweifelhafter Gewinn für die Volksbildung, daß die er habensten Schöpfungen aller Litteraturen heute für wenige Groschen selbst dem Unbemittelten zugänglich sind! Ander seits liegt allerdings in der Verbilligung der Bücher un zweifelhaft ein Hauptgrund der gewiß beklagenswerten Er scheinung, daß das Interesse für das Buch als solches, für die Buchausstattung, daß die Liebe zum Exemplar bei dem großen Publikum mehr und mehr abgenommen und sich auf einen beschränkten Kreis von Bibliophilen zurückgezogen hat. In diesem Verbilligungsprozeß des Buches bildet das Aufkommen der pappenen Kartonnage und des papiernen Umschlages eine wichtige Etappe Den Anlaß zu diesen Neuerungen gab die enorme Steigerung der schriftstellerischen Produktion im 18. Jahrhundert, dem litterarischen Jahrhundert an sich Der papierne Umschlag hatte zunächst einen rein provisorischen Charakter und kam lediglich bei Druckwerken von geringem Umfang oder vorübergehender Bedeutung in Anwendung Die pappene Kartonnage wurde zuerst besonders bei Almanachen und anderen kleineren Druckwerken verwendet, erlangte aber allmählich, vor allem auf dem Gebiete der belletristischen Litteratur, eine große Verbreitung, besonders nachdem man, angeblich zuerst in England, auf die Idee ge kommen war, die Pappen, anstatt mit farbigem Papier, mit Leinwand zu überziehen, und so eine Leinwyndkartonnage herzustellen, die vor der eigentlichen Pappkartonnage den Vorzug eleganteren Aussehens und ungleich größerer Halt barkeit voraus hatte. Neuerdings, besonders im letzten Jahr zehnt, hat ihre Herrschaft mehr und mehr abgenommen Zumal belletristische Neuerscheinungen werden eigentlich nur dann in Leinwandbänden ausgegeben, wenn der Verleger glaubt, daß sie sich zu Geschenkzwecken eignen. Der weitaus größte Teil der belletristischen Litteratur erscheint dagegen lediglich in papiernen Umschlägen, und mit ihnen, soweit sie künstlerisch dekoriert sind, werden wir uns daher im folgenden hauptsächlich zu beschäftigen haben. Die Heimat des künstlerischen Buchumschlages ist Frank reich. Hier, wo das Vorurteil der Künstler gegen die An fertigung von Arbeiten, die praktischen Zwecken dienen, nie mals so stark gewesen ist, wie in Deutschland, wurden bereits seit den dreißiger Jahren unsres Jahrhunderts nicht selten Künstler von Ruf zur Dekoration von Buchumschlägen heran gezogen. So haben sich z. B. Gebrüder Johannot, die be kannten Klassikerillustratoren, ferner der Schlachtenmaler Raffet, der Bibelillustrator Doro, endlich zahlreiche Karikatu risten, vor allem Gavarni und Daumier, auf unserem Gebiete versucht. Es wäre aber verfehlt, in diesen farblosen, rein bildmäßigen Arbeiten der genannten Künstler Vorläufer der nach durchaus anderen Dekorationsprinzipien entworfenen modernen französischen Buchumschläge, der sogenannten eouvsrturss illasträss zu erblicken, die lediglich infolge des Aufschwunges der Plakatkunst sich entwickelt haben. Ich kann hier natürlich auf die Geschichte des Künstler plakates und seine stilistischen Gesetze nicht näher eingehen Es ist darüber in den letzten Jahren überall so viel ge schrieben worden, daß ich für viele von Ihnen nur Bekanntes wiederholen würde. Der Schöpfer der Affiche ist bekanntlich Jules Chsret, der 1866 in Paris seine lithographische An stalt errichtet hat, die nachmals unter dem Namen Imprimsris OKüix Weltruhm erlangte. Er hatte sich in erster Linie zur Aufgabe gemacht, die in London gebräuchlichen Affichen großen Formates, die er bei einem mehrjährigen Aufenthalte in Eng land kennen gelernt hatte, in Paris einzubürgern. Um seinen Kunden nicht zu große Kosten zu verursachen, sah er sich ge nötigt, möglichst wenig Farbenplatten zu verwenden, und diese notwendige Beschränkung führte ihn zu der Erkenntnis, daß man gerade durch Zusammenstellung weniger leuchtender und in größeren Massen zusammengehaltener Farbentöne die stärksten Wirkungen erzielen könnte. Diesen Anforde rungen der Fernwirkung lernte er allmählich auch seine figür lichen Kompositionen anpassen, und zu Beginn der achtziger Jahre hatte er sich bereits zu so freier, rein dekorativer Auf-
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