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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.12.1898
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 27.12.1898
- Sprache
- Deutsch
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299, 27. Dezember 1898. Nichtamtlicher Teil. 9867 Die französischen Volksbibliotheken. Vor kurzem schloß das letzte Pariser Lesekabinett, der 8g,Iou littsrLirs in der Passage de l'Opsra, seine Pforten. In früheren Zeiten waren die Oubwsts äs Isoturs sehr besuchte Lokale, in denen be sonders der Mittelstand verkehrte, der dort gegen ein Eintrittsgeld von25—30Centimes neben einer guten Bibliothek eine reiche Auswahl von Zeitungen fand. Aus Mangel an Zuspruch waren die Lese salons schon lange auf den Aussterbe-Etat gesetzt und sind nunmehr völlig verschwunden. Sonderbares Ereignis in einer Zeit, wo das Lesebedürfnis von Tag zu Tag im Wachsen begriffen istl Die Er klärung liegt darin, daß die Bedingungen, unter denen wir heut zutage lesen, sich gegen früher sehr geändert haben. Der Besser situierte kauft sich die Bücher, die er lesen will, zu einem gegen früher beträchtlich herabgegangenen Preise oder ersteht sich aus der Straße die Zeitungen zu 1, 2 oder 3 Sous, oder er geht ins prunkvoll ausgestattete Kaffeehaus, wo er trinkend und rauchend eine große Menge von Zeitungen und Zeitschriften studieren kann. Für ihn ist also, speziell in Paris, zur Genüge gesorgt. Wie steht es aber um den kleinen Mann, um den Arbeiter? Zum Bücherkaufen kommt er so leicht nicht, und in den Wirtschaften, die er zu besuchen pflegt, findet er entweder gar keine, oder, wenn'S hoch kommt, ein und das andere Soublatt von zweifelhaftem Wert. Man hat den ärmeren Klassen durch die Errichtung von Volks bibliotheken zu Helsen gesucht. Der Gedanke war gut; aber die Ausführung ließ viel, ja alles zu wünschen übrig. Die äußere Lage der Pariser Volksbibliotheken ist meistens eine klägliche. Sie be finden sich in irgend einer fünften Etage oder in einem dunklen Kellergelaß oder im schmutzigen Hausflur einer Schule, sind wöchentlich nur ein- bis zweimal geöffnet und bleiben oft ganze Monate hindurch geschlossen. Alles in allem haben sie wenig Ver führerisches, was den leselustigen Arbeiter zu ihrer Benutzung ver leiten könnte. Gegen diesen Zustand der Dinge wendet sich in einem kräftig geschriebenen Aussatz der -Lsumins littörkirs st seisutiüqus» der Gymnasialprofessor AbelChevalley. Die Millionen Bücher, führt er aus, die durch ganz Frankreich in den Volksbibliotheken aufgr- speichert werden, sind vergrabene und unfruchtbare Schätze, die dem Staub, den Spinnen und Ratten zum Opfer fallen. Welcher Ge schäftsmann würde so mit seinem Kapital verfahren? Der Kneipenwirt und der Modehändler sorgt für eine möglichst glän zende Auslage seiner Waren. Warum soll die VolkSbtbliothek, welche Bücher, Revuen und Zeitungen, also die wahren Mittel der Er ziehung und Kultur, verbreiten will, nicht ebenso handeln? Warum soll nicht auch sie durch etwas Glanz nach außen und einige Be haglichkeit im Innern ihre Kundschaft anzuziehen versuchen? Um ihrer Bestimmung zu entsprechen und die guten Früchte zu zeitigen, die man von ihnen erwarten könnte, müßten die populären Biblio theken von Grund aus umgestaltet und nach dem Muster derjenigen Leseanstalten eingerichtet werden, die man in Deutschland, Eng land, Holland, Norwegen und Amerika ins Werk gesetzt hat. Chevalley stellt folgende Forderungen für die modernisierte Volksbibliothek auf und hat hierbei hauptsächlich die französische Hauptstadt im Auge. Er verlangt einen im Erdgeschoß gelegenen Saal, der im Sommer nach der Straße zu weit offen, im Winter gut erwärmt, hell erleuchtet, mit glänzenden Spiegelscheiben ver sehen und mit bequemen Bänken, Tischen und Stühlen ausgerüstet ist. Die anmutenden Räume würden sich, zunächst in den volk reichsten Stadtvierteln, der Arbeiterbevölkerung jeden Abend zu der Stunde öffnen, wo die Arbeit ruht und körperliche und geistige Erholung notthut. Die armen Leute lieben das Licht und gehen ihm instinktmäßig nach. Das Bücherverleihen findet zu derselben Zeit statt. Der geräumige Lesesaal soll dem Besucher außer Büchern und den gewöhnlichen Zeitungen auch illustrierte Journale und Revuen, sowie Schreibgelegenheit bieten. Viele Arbeiter, und namentlich die jungen, unverheirateten, die jetzt Zeit und Ge sundheit in Wein- und Branntweinschenken verderben, würden froh sein, in behaglicher Umgebung ihren Abend zubringen zu können. Es genügt nicht, dem großstädtischen Arbeiter die Gelegenheit zum Leihen der Bücher zu geben; es ist notwendig, daß er, der zu Sause jeglichen Komforts ermangelt, Bücher und Zeitungen an Ort und Stelle lesen kann. Chevalley verlangt weiter, daß die ausliegendrn Zeitungen allen Parteirichtungen angehören sollen, und bemerkt mit Recht, daß der ungebildete, aber gläubige Leser einer einzigen, besonders einer heftig gehaltenen Zeitung eine öffentliche Gefahr ist. Um im Geiste unerfahrener Leser den Sinn für nützliche Kritik wachzurufen, giebt eS nur ein einziges Mittel: ihnen die Lektüre und Vergleichung mehrerer entgegengesetzter Zeitungen zu ermöglichen. Der gesunde Sinn der Menge wird dadurch in den Stand gesetzt, die Aus artungen der extremen Presse zu kontrollieren und zu berichtigen. Chevalley geht in der Verwirklichung seines Plans ebenso ent schieden wie vorsichtig vor. Er weiß, daß er vom Staat nichts oder nicht viel zu erwarten hat, und beansprucht daher kein Gesetz. Fünfundsechzigster Jahrgang. das auf dem Papier den gegenwärtigen Zustand verändert. Er und seine Freunde wirken vielmehr zunächst in privater Weise, indem sie in 2 oder 3 der bevölkertsten Pariser Quartiere Lese- anftalten in ihrem Sinne einzurichten unternommen haben. Wenn der Versuch glückt, werden andere Arrondissements und andere Städte an die Reihe kommen. Warum soll übrigens in Paris nicht gelingen, was in London gelungen ist. wo soeben drei neue große Volksleseanftalten ganz in der von Chevalley beabsichtigten Weise ins Leben getreten sind? Natürlich wird es bedeutender Geldmittel bedürfen, um das Unter nehmen durchzuführen. Da die Stadtgemeinde ein bedeutendes Interesse an der Ausführung des Plans hat, so wird sie ihren Säckel wohl öffnen. Für Arbeiterangelegenheiten hat sie ja immer offene Taschen. Außerdem fehlt es in Paris niemals an reichen Leuten, die derartigen gemeinnützigen Bestrebungen gern ihre Beihilfe leihen. Man darf auch außerhalb Frankreichs dem Projekte Glück wünschen, da es geeignet ist, der Bethörung der Massen durch einseitige Hetzblätter einen Riegel vorzuschieben. Paris. 8. ä.. Kleine Mitteilungen. Post. — Die Postordnung für da« Deutsche Reich erfährt zum 1. Januar eine ganze Reihe von wichtigen Aenderungen: Das Meistgewicht einer Warenprobe wird von 250 auf 350 Gramm erhöht. — Auf der Außenseite einer Postsendung darf der Absender außer den die Beförderung betreffenden Angaben seinen Namen und seine Adresse nennen. — Bei gewöhnlichen und eingeschriebenen Briefen, Postkarten, Drucksachen und Warenproben sind weitere Angaben, die nicht die Eigenschaft einer brieflichen Mitteilung haben, sowie Abbildungen zulässig, soweit sie nicht die Deutlichkeit, sowie die Anbringung der Stempelabdrücke und der postdienst lichen Vermerke beeinträchtigen. — Auf Postkarten können Em pfänger, Bestimmungsort, Absender und dessen Adresse durch auf geklebte kleine Zettel bezeichnet werden. — Gegen Drucksachentaxe befördert werden auch durch Hektographie, Papyrographie, Chromo- graphie oder ein ähnliches Verfahren vervielfältigte Gegenstände. Ausgenommen sind nur noch die mittels des Durchdrucks, der Kopierpresse und der Schreibmaschine hergestellten Schriftstücke. — Doppelkarten werden zur Drucksachentaxe auch dann zugelassen, wenn sich auf der Antwortkarte Postwertzeichen befinden. — Post anweisungen kosten bis 5 ^ 10 >), bis 100 ^ 20 H u. s. w., 400 bis 600 50 c), 600 bis 800 ^ 60 -Z, — Di« Wertgrenze, bis zu welcher Sendungen mit Wertangabe durch Eilboten bestellt werden, wird von 400 ^ auf 800 erhöht. Verlagssperre in Leipzig. — Der Leipziger Buchhandel erlebte in diesen Tagen das bemerkenswerte Ereignis, daß am 20. d. M. fast der gesamte, große, wissenschaftliche Verlag und die Herren Barsortimenter einer großen Leipziger Sortimentsfirma das Konto vollständig sperrten. Aus Grund einer belegten Klage trat am Freitag den 16. d. M. der nach den Satzungen des Vereins Leipziger Sortiments- und Antiquariats-Buchhändler bestehende »Ausschuß, zusammen; bis Montag den 19. d. M. mittags verlangte dieser von der betreffen den Firma eine bündige Verpflichtung. Da statt dessen nur eine nichtssagende Zuschrift einlief, so erfolgte die Benachrichtigung der verbündeten Verleger noch denselben Abend durch die Post. Zu Mittag des 21. war die Verpflichtung gegebenl Es liegt somit hier ein hocherfreulicher ThatbeweiS für die Stärke einmütigen Zusammengehens, wie er glänzender kaum ge dacht werden kann. vor. Die ungemein rasche Folge aller Maß nahmen dürste dabei erheblich mttsprechen. Der Erfolg wird zweifellos weit über Leipzig hinausgehen und dem gesamten deutschen Sortiment von großem Nutzen sein, während anderseits der Verlag wohl ohne jeglichen Verlust seine Macht hat durchschlagend zur Geltung bringen können. Oesterreichische Preßgesetze. — Der Abgeordnete vr. Pacak hat in der Sitzung des österreichischen Abgeordnetenhauses vom 9. d. M. drei Gesetzentwürfe zur Abänderung der Gesetze über die Presse eingebracht. Der erste hat das Preßgesetz, der zweite die Strafprozeßordnung, der dritte die Aufhebung des ZeitungS- und Kalenderstempels zum Gegenstände. Der Gesetzentwurf über die Aenderung der Strafprozeßordnung scheidet die durch die Presse begangenen Privat-Ehrenbeleidigungen von der Judicatur der Ge- schwornengerichte aus. — Gleichzeitig verlautet, daß die Regierung eine Novelle zu schaffen beabsichtige, nach welcher die durch die Presse begangenen Ehrenbeleidigungen als Uebertretungen angesehen werden sollen. Papierfabrikation in Oesterreich-Ungarn. — Wie der »Neuen Freien Presse» geschrieben wird, beabsichtigen die öster- 1S12
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