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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.09.1906
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- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 29.09.1906
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- Deutsch
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tation zu rechtfertigen hat. Dies gilt für die Frage, ob der Phonograph, wenn unter 8 22, unter Absatz 1 oder 2 fällt, d. h. ob er einem einfachen mechanischen Instrument seiner Natur nach näher kommt oder dem komplizierten des Satzes 2 (Wiedergabe »hinsichtlich der Stärke und Dauer des Tones und hinsichtlich des Zeitmaßes nach Art eines per sönlichen Vortrags«). Der Umstand, daß über diese Frage gestritten wird, beweist allein schon, daß der Phonograph präzis weder das eine, noch das andre ist. Als im Reichs tag zuerst eine diesbezügliche Anfrage erging (Sten. Ber.. S- 2201 v), antwortete Staatssekretär I)r Nieberding. der Phonograph sei unter Satz 1 mit inbegriffen?") Die inneren Motive für den Schlußsatz des Z 22 wurden schon oben zu deuten versucht. Sie brauchen deswegen hier nicht mehr näher erläutert zu werden. Es ist zugestandcn. daß man bei der Formulierung des Textes (Satz 2) nicht den Phonographen im Auge hatte. Dies geht aus der Art der erwähnten Beispiele hervor. Offenbar verstand man unter »der Art eines persönlichen Vortrags- eine individuelle Einwirkung des Menschen während, nicht etwa vor der Wiedergabe eines Musikstücks. Und eine solche ist bei dem Vortrag eines Phonographen allerdings nicht vorhanden. Denn dieser wird ausgezogen wie irgend ein andrer mecha nischer Apparat und gibt folglich ebenfalls wie ein solcher das Werk der Tonkunst rein mechanisch wieder.") Und doch besteht ein Unterschied zwischen ihnen, der nicht übersehen werden darf Wenn ich ein mechanisches Musik werk. auf dessen Vortrag ich persönlich einwirken kann, als das höherwertige empfinde, so geschieht dies, weil für mich der Genuß eines Musikwerks, im Gegensatz zur toten Wiedergabe durch einen leblosen Mechanismus, mit der Wiedergabe, die mein augenblickliches Empfinden widerspiegelt, kurz mit dem individuellen Vortrag wächst. Dasselbe gilt, unter Umständen sogar in erhöhtem Matze, für den Genuß, den mir die individuelle Auffassung eines andern verschafft. Und dies geschieht, wenn je. auf mechanischem Wege, durch den Phonographen, der ja einen Vortrag bis in die kleinsten Einzelheiten festhält und wiedergibt. Insofern steht er also weit über den mechanischen Musikwerken, die Satz l des K 22 im Auge hat. Auf der andern Seite steht er aber hinter den mechanischen Musikwerken des Satzes 2 in einer andern Hinsicht zurück. Denn auf den Vortrag beispielsweise des Pianola kann bei jedem erneuten Gebrauch des Instruments jede beliebige Person beliebig, d. h. anders als der Vorgänger einwirken. Ja. zwei auf einanderfolgende kongruente Aufführungen sind sogar so gut wie unmöglich. Und dies allerdings im Gegensatz zum Phonographen, dessen 1000. Wiedergabe um nichts von der Uraufführung oder ihrer ersten Wiederholung durch das Instrument obweicht. insofern also mechanischer ist als die eines Pianola. Aber hierbei ist nicht zu übersehen, daß eine solche individuelle Beeinflussung auch gar nicht dem Zweck des Phonographen entspricht. Der industrielle wie menschliche Wunsch, eine Vervollkommnung des Phonographen zu sehen, begreift diese nicht in der Möglichkeit, die einzelne Wiedergabe soweit wie möglich beeinflussen zu können, sondern im Gegenteil in einer möglichst in jeder Beziehung getreuen Wiederholung einer erstmaligen Aufführung Und insofern läßt also der Zweck den Phonographen aus der Gattung der einfachen mechanischen Musikinstrumente aus- scheiden. deren diesbezügliche Unvollkommenheit allerdings manchmal den momentanen Bedürfnissen (man denke an Musikautomaten) geradezu entsprechen kann, die aber doch niemals als das Ideal der Gattung aufzefaßt werden darf. Sten. Ber., S. 2202. ») Eger. Arch. f. bürg. Recht. Bd. XVIII, S. 283. Außerdem legitimiert sie ihre Unvollkommenheit gerade als solche, zur milden Behandlung von Satz 1 Z 22. Ist der Phonograph also infolge seiner rein mechanischen Wiedergabe unvollkommener (im Sinne des Gesetzes) als das Pianola usw.. so steht er von andern Gesichtspunkten aus wieder über diesem Das Pianola kann nur ein Musikstück auf dem Klavier vor tragen. andre mechanische Musikinstrumente ahmen Geigen nach. Trompeten. Flöten. Trommeln u. a m.; aber immerhin kennt die heutige Mechanik in dieser Beziehung bis jetzt noch Grenzen. Der Phonograph dagegen gibt jede beliebige Instrumentation, jedes bestimmte Instrument klanggetreu wieder: sei es das ge samte Gewandhausorchester mit seinen individuellen Vor zügen. sei es die Guarneriusgeige eines Mape. usw Ja, darüber hinaus etwas, was kein mechanisches Musikinstru ment wiederzugeben vermag: die Vokalmusik) mit dem Ge sang aber auch den Text! Und in diesem Augenblick scheidet der Begriff »Musikinstrument» überhaupt aus. Wollte man diese Bezeichnung aufrecht erhalten, wohin käme man, z B bei der phonographischen Wiedergabe des Hexenliedes von Schillings, dessen Text größtenteils gesprochen wird?") Wo fängt da das Musikinstrument an. und wo hört es auf? Nein, der Phonograph ist eben eine neue Erfindung, wie die Elektrizität, in deren unbefugter Entnahme man seinerzeit auch keinen Diebstahl erblicken konnte?") Und wenn diese neue Erfindung klassifiziert werden soll, was an und für sich zu befürworten ist. dann aber auch mit ihr in die zweckentsprechendste Klaffe! Aus dem Kommissionsbericht entnimmt man. daß man mit Rücksicht auf die möglichen Erfindungen von Verbesserungen davon abgesehen hat. in äußeren Merkmalen das unterscheidende Kennzeichen zu suchen. Man hatte sich überzeugt, daß die »musikalische Wirkung aus schlaggebend sein müsse». Die Übertragung eines Werks der Tonkunst solle auf solche Instrumente nicht frei sein. »die. wie schon oben unter Nr. 2 erwähnt, einen wirklichen, vollstän digen oder teilweisen Ersatz für eine Musik mit persönlicher Tongebung bildeten«. Und hiernach ist. wenn ein Instru ment, meines Erachtens der Phonograph, allerdings in andrer Beziehung, darunter zu verstehen. Deswegen scheint auf Grund seiner speziellen Vorzüge der Phonograph ein dem Pianola ebenbürtiges Instrument zu sein. Dazu kommt die nicht fernliegende Aussicht auf eine noch weitere Ver vollkommnung innerhalb feiner Eigenart?") Dies alles gilt aber nur. soweit eine Vervielfältigung durch die Aufnahme mittels des Phonographen in Betracht kommt, und inso fern. mehr oder weniger gezwungen. § 22 Anwendung findet. Im folgenden sei untersucht, ob nicht hierzu ein weiterer Umstand tritt, der eine Behandlung der Frage aus ganz andern Gesichtspunkten heraus geboten erscheinen läßt III. Der Ausdruck -Vervielfältigung« gibt die recht liche Natur der Übertragung auf den Phonographen nicht präzis wieder. Man darf nicht die Doppelnatur der phono graphischen Fixierung übersehen. Sie enthält nicht nur ein Werk der Tonkunst, sondern auch dessen Vortrag oder Aufführung"") Diese Tatsache geht zum größten Teil "") Es ist selbstverständlich, daß in diesem Fall der Text dichter die Fixierung durch den Phonographen als unerlaubte Vervielfältigung untersagen kann. Es sei denn, daß er nach ß 20 die Vervielfältigung eines »kleinern Teils seiner Dichtung- oder in Verbindung mit dessen Wiedergabe gestatten muß. °") Worauf das Spezialreichsgesetz erging: Reichsgesetz be treffend die Bestrafung der Entziehung elektrischer Arbeit, 9. April 1900. ") S. auch Eger, S. 204 und Schuster, Fußnote. S. 163. °°) S. auch Eger. Arch. s. bürg. Recht. Bd. XVIII. S. 27.
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