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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.08.1908
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 27.08.1908
- Sprache
- Deutsch
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ISS, 27. August ISO«. Nichtamtlicher Teil- VSrfknblatt,. d. Dtfchn. B„chhand-I. 9041 Nichtamtlicher Teil. Die moderne Buchkunst auf der Ausstellung München 1908 . Von v>. Eugen Rentsch. Die Bedeutung der Ausstellung »München 1908« ist zunächst eine künstlerische, im weiteren aber auch eine kultu relle und wirtschaftliche. Das, was jedem Betrachter zuerst auffallen muß, ist, daß alles, was ausgestellt ist, vom kleinen Gebrauchsgegenstand bis zum ausgestatteten Zimmer, eine neue, eigene, selbständige, künstlerische Sprache redet. Diese Sprache hat mit den Stilformen, wie wir sic in den acht ziger und neunziger Jahren blühen sahen, nichts mehr gemein. Eine grundsätzliche Änderung des Zieles ist eingetreten. Die Verwendung der Äußerlichkeiten der alten Kunststile ist von der Tagesordnung abgesetzt, man ist bestrebt, die Dinge wiedcrzusehen, wie sie selber sind, und zu gestalten aus ihren eigenen Bedingungen heraus. Dieses Streben nach Gediegenheit und eingehendster Sachlichkeit der Arbeit, die auf alle Vorbedingungen feinfühlig reagiert, die Formen wachsen läßt aus den Dingen heraus als etwas Natürliches und Selbstverständliches, drückt der ganzen Ausstellung den Stempel auf. Dieses Streben bekundet sich in den Erzeug nissen des Handels und der Industrie ebenso wie in den Arbeiten des Handwerks, den Darbietungen des Künstlcr- theatcrs, Vergnügungsparkes und den sportlichen Ver anstaltungen. Noch nie wurde der Versuch gemacht, eine Ausstellung allgemeiner Art so ganz auf die Kunst zu be gründen. Nirgends als in München konnte der Versuch gemacht werden. München kann sich einer alteingesessenen künstlerischen Kultur rühmen, eines stillen künstlerischen Geistes, der beständig am Werke war und ist. München ist die Geburtsstätte der neuen Illustration, die Stadt der Fliegenden Blätter, der Jugend, des Simplizisstmus, der Sezession, der Vereinigten Werkstätten, der künstlerischen Lehr- und Werkstätten für freie und angewandte Kunst. Hier ruhen die eigentlichen Triebkräfte dieser Dokumentation ersten Ranges, die sich gegenwärtig in München abspielt und die aller Welt klar macht, daß die Stadt Ludwigs I. den Ruhmestitel, die führende Kunststadt Deutschlands zu sein, auch heute noch mit Recht inne hat. Es ist klar, daß aus dem starken künstlerischen Leben des heutigen München auch das Buchgewerbe neue Impulse und Anregungen empfangen hat. Noch ist die Wirkung zwar nicht in die Breite gedrungen, und im Ausstellungs räume der Münchener Buchverleger dominiert noch die geist lose Schablone, das bedeutungslos Einförmige. Um so markanter und eindrucksvoller treten dagegen die Sprößlinge der neuen Zeit in die Erscheinung. Denn was Albert Langen, Georg Müller, Hans von Weber, der Verlag der Jugendblätter und einige andere bieten, trägt frisch und froh den Stempel der neuen Kunst auf der Stirn. Das moderne Münchener Buchgewerbe ist aus den Be dingungen der neuen Jllustrationskunst entstanden. Als im Jahre I8S6 in die behagliche Stimmung der damaligen literarischen und künstlerischen Welt ein scharfer Wind pfiff, als unter beispielloser Begeisterung auf der einen und bei spiellosem Wüten auf der andern Seite die ersten Nummern der »Jugend» und des »Simplizisstmus» in die Welt gingen, da scharte sich um diese beiden jungen Publikationen, von denen die eine mehr das Kulturelle, Ethische und Künstlerische, die andere mehr das Soziale und Politische betonte, eine Reihe junger Künstler, die jubelnd einem neuen Stil in Buchschmuck und Vignettierung huldigten und ihn immer kühner variierten. Der neue Geist, als dessen wichtigste Re- Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. 7b. Jahrgang. Präsentanten Fr. Erler, A. Jank, R. M. Zeichler, Th. Th. Heine, Bruno Paul, Wilke und Gulbranson genannt seien, ergriff bald auch andere Gebiete und nicht zuletzt das Buchgewerbe. Die -Jugend» wurde bald mehr als ein Witzblatt, sie ward ein Programm, ein Feldgeschrei. Das Endergebnis aber war, daß im großen Publikum die Lethargie, in der es künstlerischen Dingen gegenüber lange Zeit sich befunden hatte, endlich ge schwunden und damit auch der Sinn und das Verständnis für die harmonische Schönheit moderner Buchkunst wieder erwacht war. Auf der Münchener Ausstellung sind die Räume der vier großen Münchener Witzblätter dem Buchhändlersaal un mittelbar angegliederi. Während die Schaustellungen der Fliegenden Blätter (Braun L Schneider), der Meggeudorfer- Blätter (I. F. Schreiber) und der Jugend, obwohl mit gutem Geschmack angeordnet, dem Fachmanne nichts Neues bieten, gehört der Raum von Albert Langen mit zum interessantesten Teil der ganzen Ausstellung. Schon raumkllnstlecisch ein Meisterstück — der Entwurf der Inneneinrichtung stammt von dem als geschmackvoller Möbelarchitekt und als Maler und Zeichner des Simplizisstmus bekannten Thomas Theodor Heine —, entzücken in dem Raum, der als Redaktionszimmer eingerichtet ist, die stattlichen Reihen schöner Einbände, die, weder ausfallend im Stofs, noch extravagant im Schmuck, nur durch den Reiz und den Wert gediegenen Materials den Be trachter gefangen nehmen. Es sind Helle, leicht gelblich ge tönte Schweinsleder- oder satte Farben tragende Wildleder bände, deren Rücken mit feinen Goldpressungen versehen sind. Als Vorsatzpapiere sind meist Imitationen alter Buntpapiere verwendet, köstliche Improvisationen leichtbcweglicher Phan tasie und feinen Farbengefiihls. Die Bindung und Aus stattung ist einheitlich durchgeführt, doch so, daß die einzelnen Autoren und Bücherfolgen in Farbe und Format sich unter scheiden. Der Raum zwischen der Jugend und dem Simplizisstmus ist dem Verlag der Jugendblätter (Carl Aug. Seyfried L Comp.) gewidmet. Die Bücher liegen geschmackvoll arrangiert auf einem großen Tischt Vers-, Bilder- und Liederbücher. Da sie sür die Jugend bestimmt sind, enthalten sie reichen Bilderschmuck, und die Einbände prangen in lebhafter, aber vornehmer Farbigkeit. In der Illustration dominieren Jos. Mauder und die beiden Geigenberger. Neben ihnen findet inan Jul. Diez, L. v. Zumbusch, Ernst Liebermann, Robert Engels u. a. Von den Letztgenannten schmücken Bilder und Originalzeichnungen stilvoll die Wände. Neben den schönen Jahresbänden der Jugendblättcr müssen als vorbildliche und charakteristische Leistungen der Verlagsfirma noch be sonders hervorgehoben werden: Hengelers -Münchener Fibel- und Gcigenbergcrs »Münchener Kunstdeukmale«. Hier haben sich wirkliche Künstler dem Buche gewidmet. Wohl selten ist in der Übereinstimmung von Schrift und Zeichnung, in der fein abgewogenen Anordnung der Bilder VollkommncreL erreicht worden. Dies gilt namentlich von der Münchener Fibel. Hengeler ist für die Fibel wie ge schaffen. Als Zeichner eines Witzblattes schafft er vorwiegend linear, stark charakterisierend, seine Technik erscheint der des Schreibens ähnlich. Und diese Art zu zeichnen entspricht dem Kinde. Hengelers Fibelbilder bieten außerdem noch de» Vorzug, daß sie farbig gezeichnet sind, ohne daß jedoch dabei die natürlichen Grenzen des Buchschmucks überschritten wären. So ist eine Fibel zustande gekommen, die ein individuelles Ganzes darstellt und außerdem nach dem Urteil der Kinder »g'sund und lustt» ist. Auch die -Münchener Kunstdenkmale» dürften infolge ihrer neuen typographischen Form und der mit einfachsten Mitteln er- N80
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