^ 102, 4. Mai ISO«. Fertige Bücher. Hörlenblau f. d. Dtschn. Buchhandel. 4959 " Das Rad Roman von Johannes V. Zensen Geh. 4 Mark, geb. 5 Mark (Neuerscheinung Februar 1908) Amerika wird heute zum zweiten Mal entdeckt und diesmal in der belletristischen Literatur. Llnd seltsamerweise sind die Entdecker Nordländer, Abkömmlinge der alten Teerjacken, Rausbolde und Sagenerzähler des Nordens, die die Völkerwanderung an die Küsten der Vereinigten Staaten spülte. Da ist Johannes V. Fensen und der kleinere, vielleicht an ihm gebildete Henning Berger (Mail). Diese Söhne Holger Danskes haben sich drüben trefflich akklimatisiert, aber sie haben ihre Rasse deswegen nicht verleugnet. Sie sind ergriffen von dem großen Zug des amerikanischen Lebens, das sie anfänglich mit der Gefühlsseite zu betrachten lieben, aber sie erkennen auch die Schwächen des Yankeetums: der Mangel an Tradition, an historischem Horizont, das brutale Überwiegen des praktischen, kalten, illusionslosen Verstandes, das Fehlen eines inneren Zusammenhangs als Nation, einer abgerundeten, auf nationaler Ethik beruhenden Lebensanschauung. Zensen läßt im „Rad" (Rad als Symbol des langen rollenden Zuges, des Verkehrs und des Handels, der Technik und der Industrie) den Norweger und den Amerikaner zugleich sprechen. Einen phantastischen Roman, eine psychologische Kriminalstudie und den Pionier- und Zeitroman des panamerikanischen Geisteslebens: beides zusammen findet der Leser in diesem wundervollen Buch, das dem Leben dient und doch andrerseits so viel Kraft und Erfindungsgabe verschwendet, um „sprachliche, stilistische und gedankliche Wunderwerke" hervorzubringen. ... In dieser aus Leiden und Schmerzen gereisten Abkehr von Lees geistigem Raffenerbteil zu dem harten, praktischen Lebensprinzip seines Wahlvaterlands sehe ich die tiefere Bedeutung des außerordentlichen Buches, aus dem die an der Äberkultur des alten Europa Leidenden, die nervösen Deliristen, die gebrechlichen Ästheten sich Genesung, vielleicht dauernde Gesundheit lesen mögen. Llnd gerade die mit literarischer Kultur beladenen Leser: sie werden von Iensens Erzählungsgenie, seiner Phantasie, seiner unglaublichen Sprachbeherrschung (die übrigens in Mens einen meisterhaften Verdeutschet gefunden hat), seinem Witz und seinen Bluffern, seinem heißen Atem und seiner tigerhaften Leidenschaft unwiderstehlich hingerissen werden. (Münchner Post) S. Fischer, Verlag, Berlin K4S'