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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 20.09.1905
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- Erscheinungsdatum
- 20.09.1905
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- Deutsch
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^ 219, 20. September 1905. Nichtamtlicher Teil 8259 Nichtamtlicher Teil Buchhändler und Gelehrter. Von Gokkhilf Weisstein. Der National-Zeitung (Berlin) Nr. 523 vom 16. Sep tember entnehmen wir mit gefällig erteilter Erlaubnis des Herrn Verfassers die folgende Würdigung des verdienst vollen Wirkens unsers gelehrten Berufsgenossen Albert Cohn in Berlin, der, beinahe achtzigjährig, am 24. August d. I. (vgl. Nr. 201 d. Bl.) entschlafen ist: Einer der Begründer der modernen internationalen Shakespeare-Forschung, der älteste unter den deutschen Anti quaren und wohl deren erster, Albert Cohn, ist am 24. August in Berlin im neunundsiebzigsten Jahre seines arbeitsreichen Lebens gestorben. Nicht ohne eine gewisse Tragik ist dieser Tod; denn das Werk seines Lebens, seine große Shakespeare-Bibliographie, mußte der Unermüdliche unvollendet und ungedruckt zurücklassen, obwohl der aller größte Teil seiner gelehrten Arbeit wohl unter Dach gebracht sein dürfte. Einer angesehenen Berliner Familie entstammend, er lernte Albert Cohn in dem bekannten Hause von Julius Springer den Buchhandel, um bald darauf bei der Firma A. Asher einzutreten, wo das Antiquariat neben dem Sorti ment gepflegt wurde. Bei dem gelehrten Asher lernte der junge Berliner das Antiquariat aufs gründlichste kennen und legte hier im Verkehr mit der Berliner Gelehrtenwelt und einem internationalen Fremdenpublikum den Grund zu seinem enzyklopädischen Wissen auf dem Gebiete der Litera tur, wobei ihn reiche Sprachkenntnisse unterstützten. Die ersten Proben seines bibliographischen Könnens legte er ab, als er in Ashers Auftrag die große, umfassende Bibliothek des Dichters Ludwig Tieck ordnen und katalogisieren sollte. Unter den Augen des Romantikers arbeitete er in dessen Hause, Friedrichstraße 208, in diesen wunderbaren Bücher schätzen aus aller Herren Länder, und oft hat er mir von Tiecks Art und Wesen berichtet, dessen Bücher, etwa 36 000 Bände, fast ein ganzes Stockwerk füllten. Der von Cohn gefertigte Katalog der »öibliotüeos lliselttaos.«, deren Versteigerung am 10. Dezember 1849 stattfand, gilt mit seinen exakten Angaben heute als eine bibliographische Selten heit ersten Ranges, die sehr hoch bezahlt wird. Er zeichnet sich durch alte, überaus seltene Shakespeare-Ausgaben, ferner eine Sammlung von spanischen Komödien, Seltenheiten der altdeutschen und klassischen Literatur, sowie erste Aus gaben der Sturm- und Drangperiode vor den Bücherverzeich nissen jener Zeit in bemerkenswerter Weise aus. Sehr interessant und wenig bekannt sind die Umstände, die den gelehrten Romantiker dazu zwangen, sich von seiner kostbaren Büchersammlung zu trennen, sowie die Einzelheiten der Auktion selbst. Wie mir Albert Cohn berichtete, brauchte Tieck Geld, um die gewaltigen Schulden seines Bruders, des Bildhauers Friedrich Tieck, zu decken, der ein leichtlebiges Künstlerdasein mit einem italienischen Modell, einer blühenden Schönheit, führte, die in leichtsinnigster Weise allerlei Putz und Krimskrams zusammenkaufte, ohne daran zu denken, woher das Geld dazu kommen sollte. Schweren Herzens willigte Tieck in die Auktion. Und bei der Auktion selbst gab es einen großen Spektakel, da Asher bereits einen großen Teil der Sammlung, und zwar ihre allerkostbarsten Schätze, so die altdeutsche Literatur, die seltenen Goethe-Drucke, die spanischen Komödien usw. an das British Museum nach London verkauft hatte, ohne etwas darüber bekannt zu machen, und ohne den Katalogverfasser ins Vertrauen zu ziehen. Sehr humoristisch schilderte Cohn den Zorn der an wesenden Bieter, der ersten Buchhändler und Gelehrten aus aller Welt, die eigens zur Tieckschen Bücher - Auktion nach Berlin gekommen waren und nun das Nachsehen hatten, als nach Nr. 1 des Katalogs gleich Nr. 11 oder 12 auf gerufen und ausgeboten wurde. Es kam dann später zu einem freihändigen Verkauf der Restbestände, worüber noch ein zweiter Asherscher Katalog vorliegt, der aber keinen bibliographischen Wert besitzt. Einen Teil der Tieckschen Bücherbestände hatte, wie berichtet wird, König Friedrich Wilhelm IV. für die Berliner königliche Bibliothek erworben. Im Jahre 1852 übernahm Cohn die Ashersche Buch handlung und führte sie in großem Stile bis 1874, wo er ein wissenschaftliches Antiquariat unter seinem eignen Namen begann, das er bald zu einer der ersten Firmen des antiquari schen Weltmarkts emporhob. Seine weiten Beziehungen zu England und Amerika, seine Verbindungen mit den ersten Sammlern, Forschern und Bücherfreunden brachten ihn in die Lage, die seltensten Schätze an Büchern, wertvollen Hand schriften und Autographen in seinen trefflichen Katalogen zu vereinigen. Seine Auktionen der Sammlungen des be kannten Forschers Wendelin von Maltzahn, des Grafen Paar u. a. bildeten Ereignisse auf dem Büchermarkt und in der Sammlerwelt, wie bei den interessierten wissenschaftlichen Instituten. »8lis,lrs8pSÄr6 in dsrwLn^ in tbs sixtssntü nnä Lsvsntssntb osntni'iss: nn neoonnt ok snglisü netors in Csrrnnn/ nnä tbs Ilsttisrlnnäs null ok lös pln^s psrkoroasä bz- tbsrn änriog tbs snrns psrioä. 6/ illbsrt Oobn, I>ooäoll nnä Berlin, L 6o. 1865« — so lautet der Titel eines starken, prächtig ausgestatteten Quartbandes von 550 Seiten, der im ersten Teil die weit greifenden literatur- und theatergeschichtlichen Ausführungen bringt, im zweiten einige Texte der von den sogenannten »Englischen Komödianten« in Deutschland und Holland am häufigsten gespielten Komödien und Tragödien. Das groß zügige Werk, ein Zeugnis umfassenden Wissens und emsiger Arbeit, verdankt sein Entstehen der Anregung Ludwig Tiecks, der bereits im Jahre 1817 auf die durch die »Englischen Komödianten« vermittelten engen Beziehungen zwischen deutscher und englischer Bühnenkunst hingewiesen hatte; doch räumte erst Cohns Arbeit mit all den Mythen und vagen Überlieferungen auf, die die werdende deutsche Bühnenkunst bisher verschleiert hatten. Cohn hatte vor der Ausarbeitung des Werks in einigen aufklärenden Artikeln im Londoner »Athenäum«, dieser angesehensten Gelehrtenzeitschrift, auf das Thema hingewiesen und infolgedessen von englischen Sammlern und Bibliotheksbesitzern mancherlei unbekanntes Material erhalten; andres mußte er mühsam aus staatlichen und städtischen Archiven, aus einer Fülle von theatergeschicht lichen Quellenwerken und allerlei verschollenen Zeitschriften zusammensuchen. Durch Cohns »Lbülrsspssrs in Llsrinnn^« sind die Jdeengänge dieser Forschung erst in Fluß gekommen, und sein Anstoß hat zu außerordentlich wichtigen Ergebnissen der ganzen europäischen Theatergeschichte geführt. Man kann behaupten, daß es kaum in der Literaturgeschichte ein andres Buch gibt — das nicht gerade ein Nachschlagewerk ist —, das soviel zitiert und ausgeschrieben worden ist wie diese ge lehrte Arbeit des jungen Berliner Antiquars, der sofort von den ersten Fachgenossen als eine Autorität der Shakespeare- Forschung anerkannt wurde. Seine weitern, besonders bibliographischen Arbeiten über den großen William, die er dann für das Shakespeare-Jahrbuch über 36 Jahre lang, von 1864, der Begründung der Shakespeare-Gesellschaft, an, bis zum Mai 1900, fortführte, gedachte er mit einer Gesamt darstellung der Shakespeare-Bibliographie von Anfang an bis zum Jahre 1863, wo seine dahin zielende Arbeit am 1095*
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