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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 18.05.1940
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- 1940-05-18
- Erscheinungsdatum
- 18.05.1940
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in einer nervösen Hast nur immer nach der Möglichkeit »schnel ler Orientierung- fragt, schützend vor die wirklich wertvolle, gründliche und nur deshalb umfangreiche Arbeit stellen müssen. Es ist in solchen Fallen nicht angebracht, wenn der Lektor den Autor mit schon fast gewohnheitsmäßig vorgcbrachtcn Kürzungs- Vorschlägen Plagt, sondern er soll dann, wenn die Herausgabe buchhändlerisch nicht möglich ist, lieber von vornherein sagen: So wie cs ist, ist das Buch gut, aber wir können cs aus buch- händlerischen Gründen nicht bringen. Das ist in solchen Fällen das Verfahren, das allein der Würde des Werkes gerecht wird. Kürzlich erzählte mir ein Fachmann, der, ohne Buchhändler zu sein, viel mit der Herausgabe wissenschaftlicher Werke zu tun hat, wie eine Stelle, die sich über einen Komplex wirtschafts wissenschaftlicher Fragen zu orientieren wünschte und auf eine diesen Fragen gewidmete Bibliothek verwiesen wurde, diese »Zumutung» mit Entrüstung von sich gewiesen habe: »Steine statt Brot! Statt der 5000 Bücher sollte ein halbes Dutzend Schriften da sein, in denen wirklich das steht, was man braucht.» Gegcn solche aus Unkenntnis stammende Überheblichkeit soll der Verleger angehen und ihr nicht durch Zurückdrängung des gründlichen Spezialschrifttums zu Willen sein. Es liegt hier geradezu eine Erzichungsaufgabc des wissenschaftlichen Verlages vor, der er in geeigneten Fällen auch in seiner Werbung Aus druck geben sollte. Ähnlich verhält cs sich mit der sogenannten »leichtsaß - lichen Darstellung». Es liegt im Wesen der wissen schaftlichen Monographie, daß sie ein bestimmtes Maß an Kennt nissen voraussetzen muß, daß sie insbesondere vom Leser auch die Kenntnis der Fachsprache und der vielleicht schwierigen Methoden der Forschung an dem betreffenden Gegenstand er warten muß. Das sogenannte populärwissenschaftliche Werk kann wohl bestimmte didaktische Ausgaben erfüllen; die Forschung jedoch wird es in der Regel, von glücklichen Ausnahmen abge sehen, nicht voranbringen können. Gewiß kann der Gelehrte durch eine entsprechende Pflege seines Stiles dazu beitragen, daß seine Schrift dem Verständnis nicht zu große Schwierig keiten bereitet. Aber in dieser Hinsicht lassen sich sehr eigenartige Beobachtungen machen. Nicht selten haben gerade Arbeiten, die in einem gesuchten, dunklen Stil viel Aufhebens um ein Nichts oder Wenig machen, oder durch diesen Stil nur verdecken, daß sie sich und den Leser um den Kern der erörterten Fragen herumjonglicren, einen gar nicht schlechten buchhändlerischen Erfolg, während die aus der Sache heraus schwierige Arbeit vom Publikum abgelehnt und selbst von den Bequemen im Lager der Fachleute als »nicht lebensnah» gemieden wird. Es gehört nicht zu den Aufgaben des wissenschaftlichen Buchhandels, diese geistigen Verdunkelungen als Beweise von Tiefgründigkeit zu feiern. Dagegen kann cs sehr wohl einen wissenschaftlichen Ver lag zieren, wenn er sich sagen darf, daß er einem heute so schwer durchzusetzendcn, aus der Sache heraus schwierigen Werke den Weg in die Öffentlichkeit geebnet habe. Besonders in der Wirt schaftswissenschaft gibt cs entgegen verbreiteten Vorurteilen Probleme, die gerade heute von großer praktischer — auch poli tischer - - Bedeutung sind, aber ohne genaue Kenntnisse des fach lichen Begriffsapparates und der Fachsprache nicht mit der ge botenen Sorgfalt erörtert werden können. Der Lektor ist auf fal schem Wege, wenn er sich solchen Werken von vornherein versagt und vom Autor erwartet, daß er um der Leichtverständlichkeit willen Opfer an Qualität bringt. Auch hier ist für den Verleger Verzicht verdienstlicher als Verfälschung unveräußerlicher Werte der Wissenschaft. Ähnliches gilt für den Typ des auchwissenschastlichen Buches, das sich »spannend wie ein Roman liest». Solche Bücher ersetzen das fachwisfenschastliche Werk ebenso wenig, wie der historische Roman das fachhistorische Studium erübrigt. Damit soll jedoch nichts gegen das heute so ausgedehnte mehr journali stische Schrifttum über politische, wirtschaftliche, geogra phische usw. Fragen gesagt sein. Es hat seine ganz bestimmten wichtigen Aufgaben auf dem Gebiete der Propaganda, und seine Beliebtheit beweist nichts gegen seinen Wert. Es spricht nur gegen den an und für sich zur Beschäftigung mit wissenschaft lichen Fragen berufenen Teil des lesenden Publikums, wenn es nicht außer jenem mehr journalistischen Schrifttum auch nach wissenschaftlich cindringenden Schriften greift. Der Buchhändler muß sich klar darüber sein, daß es sich hier um zwei durchaus a r t verschiedene Typen von Schrifttum — teilweise über die gleichen Gegenstände — handelt und daß nicht etwa das journa listische bestimmt ist, als »neuer Typ- das wissenschaftliche zu ersetzen. Es ist nur eine Folge des schnellen Tempos, das auch für die wissenschaftliche Forschung heute teilweise unvermeidlich ist, daß den wissenschaftlichen Verlagen des öfteren ausgesprochen unausge reiste wissenschaftliche Arbeiten an- gebotcn werden. In diesen Fällen darf sich der Verlagslektor nicht scheuen, dem betreffenden Verfasser mit derjenigen selbst bewußten Kritik gegenübcrzutrctcn, zu der ihn seine Verpflich tung zur Hut und Pflege eines wichtigen deutschen Kulturgutes befugt. Er kann hier in die Lage kommen, die Kritik auch gegen vielumworbenc und vielleicht einflußreiche Koryphäen geltend zu machen, die von allen Seiten zum Schreiben gedrängt wer den oder selbst aus irgendwelchen Gründen unter allen Umstän den ein bestimmtes Buch schnell herausbringen wollen und dabei jener Versuchung erliegen. Aber hauptsächlich besteht die Auf gabe der Kritik hier gegenüber Dissertationen und hin und wieder auch gegenüber Habilitationsschriften, nicht selten auch gegenüber wissenschaftlichen Arbeiten und Fachbüchern aus der Feder von Praktikern. Unter Umständen ist die Arbeit zwar in haltlich reif, aber stilistisch keineswegs für den Druck fertig. Es ist bekannt, daß die heutige Zuwendung des Denkens zum Gegen ständlichen und zum »Praktischen» nicht selten zu entsprechenden Einbußen an Sorgfalt und logischer Sauberkeit der Sprache führt. Da sollte der Lektor unerbittlich sein; er kann auch hier ein wich tiges Erzieheramt ausüben. Andererseits wird er sich Verdienste erwerben können, wenn er sich für Erstlingsarbeiten, sofern sie allen berechtigten Ansprüchen genügen, mit Eifer einsetzt, beson ders durch eine hinreichend individuell gestaltete Werbung. Zwar wird der Prüfer wissenschaftlicher Erstlingsarbeiten für die För derung des Nachwuchses an jungen Forschern niemals soviel tun können, wie das die Prüfer schöngeistigen Schrifttums für den Nachwuchs an Dichtern usw. oft zu leisten vermögen. Aber man ches läßt sich doch auch hier erreichen. Ein Wort noch zu der Flut der Sammelwerke: Handbücher, Wörterbücher und dergleichen Sammelwerke, zu denen sich eine Mehrzahl von Autoren zusammenfindet, werden zwar immer nötig sein. Aber wenn selbst über relativ kleine und bei einigermaßen ausdauernder Gelchrtenarbeit durch einen ein zelnen ohne Schwierigkeit überschaubare Gebiete Sammelwerke von vielleicht ganzen zehn Bogen und darunter in großer Menge erscheinen und die einheitlich aufgcbaute, aus einer Feder stammende Monographie und das gediegene, als originale Lei stung wirkende »System- oder Lehrbuch zu ersetzen meinen, so müssen diese Verlegcnheitsprodukte doch wohl überwiegend dem allgemeinen Zeitmangel zur Last gelegt werden. Gründliche For schung läßt sich nicht durch Organisierung des Schreibens er setzen. Der Buchhandel wird daher gut tun, wenn er darauf achtet, daß das Schrifttum, das wissenschaftliche Originalleistun gen zur Kenntnis der Öffentlichkeit bringt, nicht von solchen flüchtigen Augenblicksprodukten und von oft imposant aus gehenden Publikationen ohne weitcrsührenden Inhalt über wuchert wird. Wenn gegenüber den erörterten Erscheinungen der Lektor überwiegend in Abwehrstellung tätig werden muß, so gibt es doch selbst unter den heute ungünstigen Absatzverhältnissen für das wissenschaftliche Buch auch eine Fülle von Möglichkeiten zu auf- baucndcr, anregender Betätigung, die den Beruf mit mancherlei Reizen ausstatten. Das trifft besonders dann zu, wenn der Lektor — wie wohl in den meisten Fällen — durch seine Tätig keit in eine wirklich enge Verbindung mit den Forschern und der Forschung kommt, so wie der Lektor in den Verlagen für schöngeistiges Schrifttum in der Welt der Dichter heimisch ist. Dabei wird seine Autorität als Anreger und Kritiker um so größer sein, je mehr er auch selbst an der wissenschaftlichen Arbeit aktiv teilnimmt, wie dies ja bei zahlreichen Lektoren wissenschaftlicher Verlage tatsächlich der Fall ist. Die Verlage, 19«» Nr. 113 Sonnabend, den 18. Mcri 1940
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