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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.03.1896
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- 05.03.1896
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- Deutsch
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Neue Schriften zur Litteraturgejchichte. Besprochen von A. L. I. (Fortsetzung aus Nr. 48, 51.) 3. Wüttenauer, Wenno, Zeitiges und Streitiges. Ein literarisches Skizzenbuch. Heidelberg, Georg Weiß, Verlag, 1895. 8«. VI, 265 S. ^ 3,20. Eine weitere Essaysammlung ist Benno Rüttenauers Zeitiges und Streitiges. Ist Stern der Litterarhistoriker, der unparteiisch mit möglichster Gewissenhaftigkeit und deutschem Professorenfleiße bestimmte hervorragende Gestalten eingehend behandelt, ihre Werke analysiert und zergliedert, ihre Anschau ungen und Ansichten bloßlegt, fein und sauber, gleichmäßig ausgearbeitete und durchgefeilte Studien uns bietet, so ist Mttenauer der Feuilletonist, der, des Namens bester Bedeu tung gerecht werdend, uns amüsante, auf mancherlei Gegen stände abschweifende Plaudereien giebt, bald mehr, bald minder ausführlich und sorgfältig, bald liebevoll und anteil voll behandelnd, bald kalt abweisend, oft mit ganz derben Hieben niederschmetternd. Der wissenschaftlichen und doch anregenden Darstellung Sterns steht die nicht minder an regende, aber mehr leicht hinweggleitende, mehr andeutende, als ausführende Erzählung Rüttenauers gegenüber. So ist von seinen Aufsätzen, der ausführlich Wilhelm Jensen ge widmete zweifellos der beste. Was hier über den Dichter der »Namenlosen« der »Drei Sonnen«, des »Im Zwing und Bann« gesagt wird, gehört zweifellos zu dem Bedeutendsten, was überhaupt über ihn geschrieben wurde. Schade, daß seines jüngsten und zu den besten Schöpfungen seiner Muse gehörenden Werkes »Asphodil« nicht gedacht ist! — Aner kennend und bewundernd wie gegen Jensen, steht er ab lehnend, ja höhnisch Max Nordau, »der Posaune des Gerichtes« gegenüber. Mit weniger Glück als Derbheit be kämpft er den Verfasser der »Conventionellen Lügen«, der »Entartung« und anderer Werke. Wenn er dem Schüler Lombroso's Gedankenlosigkeit vorwirft, so wird er wohl nicht Recht haben; mehr dagegen, wenn er die Sucht bekämpft, in allem und jeglichem die Bestätigung eines Prinzipes, einer vor urteilsvollen Anschauung zu finden. Der Wert von Nordaus »Entartung« liegt auf einem ganz anderen Gebiete, als der Verfasser es selbst geahnt und beabsichtigt haben mag. Rudolf von Gottschall, wenn ich nicht irre, hat schon betont, daß für die Kenntnis der neuesten französischen und euro päischen Litteraturströmungen, trotz des sehr parteiischen Ur teils, Nordaus Buch für die Fernerstehenden einen willkommenen Wegweiser biete. Darüber, daß alle großen Geister, Wagner, Ibsen, Tolstoi, Zola, Rosseti u. a. Narren und Entartete sind, nach Nordaus Beweis (!) nämlich, muß man sich eben hinwegsetzen können, das Material seines Buches benutzen, ohne seine Anschauungen zu teilen und seine Schlüsse zu billigen. Sehr geistreich und gelungen hat Faquet, der Kritiker des »llourval äss vöbats« Nordau mit feinem Spotte getroffen. Die betreffende Stelle, die Rüttenauer anftthrt, möge hier folgen. -Und zuletzt-, schließt der französische Kritiker, -kann man Nordaus Methode auf ihn selber anwenden. Ueberall Narren zu finden, ist ein charakteristischer Zug in Max Nordau. Aber das ist ja auch ein charakteristischer Zug aller Narren. Zum Teufel, Herr Nordau, nehmen Sie sich besser in acht, zeigen Sie keine so bedenklichen Symptome. - Das Buch, in mäßigen Umfange, ist recht flott geschrieben, und es ist ihm schon um der Anerkennung und Würdigung zweier nicht genugsam geschätzter Dichter Wilhelm Jensen und Ferdinand von Saar, über deren Dichtungen ausführlich ge handelt wird, eine recht weite Verbreitung zu wünschen. — Noch eines Werkes, das in die Litteratur aller Nationen eingreift, sei hier gedacht, einer Anthologie der Prosa, die von den Brüdern Auspitz herausgegeben wurde: 4. Meister-Prosa. Gesammelt und geordnet von Leopold und Paul Auspitz. Zwei Bände. Wien-Leipzig- Teschen, Karl Prochaska s1895j. gr. 8». XVI, 512 u. XII, 535 S. br. ^ 10.—. Die Zahl der poetischen Anthologieen ist wohl äußerst bedeutend; zumal an solchen, die sich auf deutsche Lyrik er strecken, ist kein Mangel. Geringer schon ist die Zahl der Bücher, die eine Auswahl des Bedeutenden der Darstellung in ungebundener Rede bieten. Dies Ziel angestrebt haben O. L. B. Wolfs, der uns in seinem »Hausschatz deutscher Prosa« ein recht bedeutendes und noch immer lesbares Buch schenkte, dann Johannes Scherr in seinem »Bildersaal der Welt- litteratur«, wo sich neben reichlichen Proben aus der poetischen Litteratur aller Zeiten und Völker auch das durch Inhalt oder Form Ausgezeichnetste aus der Prosa findet. Schließlich wäre noch der »Geschichte der deutschen Litteratur« von Heinrich Kurz Erwähnung zu thun, die uns besonders in dem 4.' Bande verhältnismäßig reichhaltige und ausführliche Proben aus der deutschen Prosa des 19. Jahrhunderts bietet. Daß daneben noch eine Reihe von Literaturgeschichten der deut schen und fremden Nationen mehr oder minder umfangreiche Auszüge und Uebersetzungen aus den einzelnen National- litteraturen enthalten, ist selbstverständlich. Besonders wären in dieser Hinsicht die bei Hempel (jetzt Dümmler) in Berlin erschienenen, von Wolfs herausgegebenen Klassiker zu nennen. Alle die genannten Bücher aber haben die Brüder Auspitz durch Herausgabe des vorliegenden Sammelwerkes übertroffen. Dies sei gleich zu Beginn erklärt; denn die etwaigen Ver besserungsvorschläge und Mängel können dem Gesamtwert des Buches nicht Abbruch thun. Recht passend sind die einzelnen Stücke nicht nach Autoren, Zeitfolge oder Nationalitäten, sondern nach Littera- turgattungen geordnet. Es enthält der erste Band drei Bücher, die wieder in Unterabteilungen zerfallen, das erste Buch: Erzählung, gliedert sich in »Sage, Paramythie, Fabel, Märchen« und »Aus Erzählungen, Novellen und Ro manen«. — Das zweite Buch enthält Reden, das dritte Briefe. — Der zweite Band in zwei Bücher, Schilderung und Abhandlungen, zerfallend, enthält die Abteilungen »Landschaft, Naturbilder«, »Ereignisse, Zustände«, »Charakte ristik«. Dann im letzten Teil: »Natur und Leben«, »Reli gion«, »Politik«, »Wissenschaft und Kunst«. Ein zuverlässiges Autorenregister erhöht die Brauchbarkeit des Buches wesentlich. Was die Auswahl selbst anbetrifft, so ist diese mit Un parteilichkeit und großem Fleiße aus allbekannten, sowie aus seltenen und sonst schwer zugänglichen Werken getroffen worden. Leider sind meistens nur Bruchstücke, oft von sehr- beschränktem Umfange, ja oft sich nur auf wenige Zeilen er streckend, gegeben. Ich hätte lieber weniger Stücke und diese dafür umfangreicher gesehen. — Denn nicht alles, was hier ge boten wird, scheint mir Meisterprosa zu sein. So verdienen meiner Ansicht nach die rein sachlich gehaltenen im Folgenden abgedruckten Bruchstücke diesen Ehrentitel nicht, wenigstens in dem Sinne nicht, als ob sie ein besonderes Kunstwerk an Stilistik, Formengewandtheit und Schönheit der Darstellung bflden würden, z. B. I S. 297: W. Pitt über Englands Konstitution. (Bruchstück, frei übertragen und gekürzt.) -Englands Verfassung ist sein Stolz. Worin besteht ihre Vortrefflichkeit? Darin, daß sie von demokratischen Wirren, wie von fürstlicher Tyrannei gleich weit entfernt bleibt. Diese gemäßigte Regierungsform verdankt ihren Ursprung der Weisheit unserer Vorfahren, und unsere Einsicht wird sie unan getastet belassen.
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