das Abkommen bekannt seien, immer noch eine solche Nervosität herrsche. Der Hilfsreferent de Noblet, im Vollgefühl seiner diplo- matischen Wichtigkeit, tut ungewöhnlich sorgenbeschwert. Na ja, es sei doch eine unangenehme Sache, wenn man selber über alle Einzelheiten Bescheid wisse und doch immer so tun müsse, als wisse man nichts. Es ist schon nicht leicht, Diplomat zu sein. So reden sie hin und her, bis schließlich Delaplanque mit der Bitte herauskommt, ihm doch die beiden bewußten Doku- mente einmal zu zeigen. Noblet hat Abschriften davon zur Hand. Aber er will nicht recht heran. Er könne doch nicht diese nur für den amtlichen Gebrauch bestimmten Schriftstücke einem Außenstehenden zur Einsicht überlassen. Delaplanque lacht, was heißt hier Außenstehender; Schließ lich bin ich ein Franzose und ein Journalist, und wir haben doch alles Interesse daran, die Leute im Ausland zu beruhigen. Das leuchtet Noblet ein. Aber offiziell zeigen kann er die Schriftstücke nicht. Sie überlegen hin und her. Und schließlich haben sie eine Idee. Jeder Mensch muß mal aus dem Zimmer. So auch der Hilfsreferent der preffeabteilung am Ouai d'Orsay, Monsieur de Noblet. Aber der Herr Hilfsreferent kann nicht ewig draußen bleiben, und das Expose über den Gang der englisch-französischen Geheimverhandlungen ist ein recht umfangreiches Schriftstück. Roger Delaplanque kann sich in der kurzen Zeit, die ihm zur Verfügung steht, nur einige Auszüge machen. Aber das andere Dokument, das Rundschreiben an die französischen Botschafter, das ist ziemlich kur^ Das kann er wörtlich abschrciben. Als de Noblet wieder ins Zimmer kommt, raucht Delaplanque eine Zigarette und die Dokumente liegen an ihrem Platz. Der Besuch ist beendet. Delaplanque jagt mit seinem Schatz zu Horan. Er erwartet einen begeisterten Empfang, und er ist sehr enttäuscht, als er an Stelle des Lobes und der versprochenen zehntausend Franken Vorwürfe zu hören bekommt, daß er die Dokumente nicht im Original bringe. Unter diesen Umständen könne er nur vorläufig einen Teil der Summe bekommen, da ja zunächst einmal ab gewartet werden müsse, ob die Dinge auch wirklich echt seien. Delaplanque macht darauf aufmerksam, daß ja schließlich die Dokumente, von dem die Abschriften genommen seien, auch keine Originale wären. Es seien ja auch nur die Durchschläge des Hilfsreferenten de Noblet. Und hier nennt er zum erstenmal Horan gegenüber den Namen seines Freundes de Noblet. Er tut das, um die Zweifel Hsrans zu beseitigen, und er ist sehr erfreut, als er merkt, daß Horan nun wesentlich beruhigter ist. wenn die Dinge wirklich unmittelbar aus der Presseabteilung des Guai d'Orsay stammen, dann werden sie schon echt sein. Horan hat in der Hand, was er will. Er hat die Bestätigung, daß das französisch-englische Abkommen sich in der Praxis aus schließlich gegen den amerikanischen Standpunkt in der See- abrüftung richtet. Es fehlen allerdings die englischen Gegen konzessionen auf dem Gebiet der Landabrüstungen. Aber das ist in diesem Augenblick Horan gänzlich gleichgültig. Er ist Ameri kaner. Es ist ihm gänzlich unbedeutend, was da in der Frage der rein europäischen Landrüstungen noch weiter vereinbart ist. Jetzt wird die Ronkurren; platzen. Jetzt wird er mit der großen Veröffentlichung herauskommen, die die größte politische Sensation seit Jahren ist. Das ist doch noch etwas anderes als diese Denkschrift des deutschen Reichswehrministers Groener, die ein paar Monate vorher die Franzosen mit so viel Alarm ver öffentlicht haben. Hier geht es nicht um einen Rreuzer wie da mals, hier geht es um die größten Kriegsflotten der Welt. Horan freut sich schon auf die Entschuldigungen, die er zu hören bekommen wird, wenn der Lhiefmanager drüben sieht, für welch große Sache er in den letzten Wochen so hohe Spesen gemacht hat. Am nächsten Tag erscheint in einigen hundert amerikanischen Zeitungen gleichzeitig der Wortlaut des vom dritten August inrS datierten geheimen Rundschreibens des O.uai d'Orsay an die hauptsächlichsten französischen Auslandsvertreter. Dieses Rund schreiben bestätigt Wort für Wort die bisherigen Vermutungen. Das ist die Bombe, aus die man in diesen Wochen immer irgendwie mit geheimer Spannung gewartet hatte. Jetzt ist sie geplatzt. Daß sie gut gezielt war, daß sie ins Schwarze getroffen hat, beweist das Wutgeheul der französischen Presse.