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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.04.1931
- Strukturtyp
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- 1931-04-27
- Erscheinungsdatum
- 27.04.1931
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- Deutsch
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der schon vor dem Beginn der Tagung in einem ausführlichen Brief an den Präsidenten Loudon den Wunsch nach einer all- gemeinen Ausspräche geäußert habe. Man kann also die Russen nicht einfach beiseiteschieben. Man könnte ja abstimmen lassen, aber derartige Abstimmungen sind in Genf nicht beliebt. Mehrheitsbeschlüsse könnten unter Um ständen einmal als peinliche Präzedenzfälle in anderen Situa- tionen wieder aufs Tapet gebracht werden. Also allgemeine Aus sprache. Drohend blicken sich Paul-Boncour und der neue eng lische Vertreter Lord Lushendun um. Es erfolgen keine Wort- Meldungen. Niemand hat den Wunsch nach einer allgemeinen Aussprache. Litwinow läßt sich auch dadurch nicht aus der Ruhe bringen wenn die großen Militärmächte des Westens zur Abrüstungs- frage nichts zu sagen haben, so ist das ihre Sache. Rußland' hat Einiges zu sagen. Den Deligierten, die gewohnt sind, in höflichen Formeln möglichst eng begrenzte Vorschläge hin und her zu bewegen und dabei alles Sachliche peinlich zu vermeiden, stehen langsam die Haare zu Berge, als sie hören, was sich die Russen unter Abrüstung vorstellen. Die Russen fordern durch den Mund Litwinows nicht mehr und nicht weniger als absolute und radikale Abrüstung. Etwas Derartiges hat man hier in Genf noch nicht gehört. Er fordert die Entlassung aller Soldaten und Offiziere und das Verbot ihrer Wiedereinberufung. Er verlangt die Zerstörung aller Waffen, alles Kriegsmaterials, aller Munition und aller Rriegs- und Luftschiffe. Er fordert das Verbot jeder Art von militärischer Ausbildung und das Verbot, die bereits ausgebil- deten Reservisten einzuberufen. Er verlangt die Schleifung sämtlicher Festungen, die Unterdrückung der Kriegsindustrien und die Streichung der Militärbudgets. Er wünscht die Auf hebung aller militärischen Zwecken dienenden Ministerien und ' Ämter, sowie der Generalstäbe. Er verlangt die gesetzliche Unter- drückung aller militärischen Schulen und jeder militärischen Jugendausbildung. Er fordert die Unterdrückung aller Erfin dungen, die militärischen Zwecken dienen können. Er verlangt Gesetze, welche Verstöße gegen all diese Verbote unter Strafe stellen. Schließlich verlangt er die Aufhebung aller internatio s nalen Verträge und Vertragsbestimmungen, die diesen Vor- schriften zuwiderlaufen. Die Delegierten haben sich von dem ersten panischen Schrecken noch nicht recht erholt, als ihnen Litwinow bereits eine fertige Resolution präsentiert, in der die Abrüstungskommission sich da mit einverstanden erklären soll, daß diese russischen Vorschläge die Grundlage eines Ronventionsprojektes zur Generalabrüstung aller Staaten bilden sollen und daß die Abrüstungskonferenz be reits im März iarS zusammentreten soll, um aus dieser Grund- läge das Abrüstungsproblem zu lösen. Nicht einer der Delegierten fühlt sich in diesem Augenblick imstande, irgend etwas Sachliches zu bemerken. Ihnen allen ist einfach der Atem verschlagen. Schließlich faßt sich Präsident Loudon und tut das Einzige, was der allgemeinen Ronsterniert- heit entspricht: er vertagt die Sitzung auf den Nachmittag. Aber selbst die reichlich bemessene Frühstückspause genügt nicht, um die Erregung und die Ratlosigkeit zu beheben. Als am Nachmittag die Sitzung wieder ausgenommen wird, weiß man noch immer nicht, was nun werden soll. Da steht mitten im Raum plötzlich ein Gespenst: die radikale und vollständige Abrüstung, wozu hat man nun schon fast zwei Jahre lang in dieser Rom- Mission gearbeitet, wenn jetzt irgendein neuer Mann aus Moskau auftritt und in ein paar Worten ganz unvermutet und abrupt das aufzeichnet, worum man in unendlichen Diskussionen bisher fein säuberlich herumgeredet hat; Schließlich rettet der viel gewandte Paul-Boncour die Situation. Er macht es wie ein Rind, das wegen irgendeiner Unart zur Rede gestellt worden ist und nun einfach, weil es sich nicht zu helfen weiß, von etwas ganz anderem zu sprechen anfängt. Litwinows Vorschläge seien, so meint er, ein wenig zu einfach. Die wahre Schwierigkeit für die Abrüstung liege allein in dem Mangel an internationaler Gesinnung, der daran Schuld sei, daß die Staaten nicht die Ver antwortlichkeit auf sich nehmen wollen, gemeinsame Abwehrmaß. nahmen gegen einen Angreifer zu beschließen. Ein solcher Be schluß würde vollkommen genügen, um jeden Angriff in Zukunft unmöglich zu machen. Das aber sei ja die große Aufgabe des neu zu erichtenden Sicherheitskomitees . . . und nun plätschert er munter über dieses Thema, und als er zu Ende ist, haben die
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