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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 24.04.1931
- Strukturtyp
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- 1931-04-24
- Erscheinungsdatum
- 24.04.1931
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- Deutsch
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2678 X° 94, 24. April 1931. Künftig erscheinende Bücher. Börsenblatts.s.Dtschn.Buchhandel. Erich Maria Remarque Der Weg zurück 13. Fortsetzung Der Mann mustert mich, als wäre er ein Oberstleutnant in Zivil. Ich lächele, aber er lächelt nicht wieder. Als ich meinen Mantel ausziehe, hebt er die Hand, als wolle er mir helfen. „Na", sage ich, um mir seine Gunst zu gewinnen, ,^ls alter Muskote werde ich das doch wohl selber noch fertigbringen." Damit stülpe ich die Brocken über einen Haken. Er aber nimmt die Sachen schweigend wieder herunter und hängt sie mit hochmütigem Gesicht auf einen Haken daneben. Kaffer, denke ich und gehe weiter. Onkel Karl kommt mir sporenklirrend entgegen. Er be grüßt mich herablassend, weil ich nur dem Mannschastsstande angehöre. Erstaunt betrachte ich seine funkelnde Gala- Uniform. „Gibt es denn heute bei euch Pferdebraten?" erkundige ich mich, um einen Witz zu machen. „Wieso?" fragt er verwundert. „Weil du Sporen zum Essen trägst", erwidere ich lachend. Er wirft mir einen ärgerlichen Blick zu. Ohne es zu wollen, scheine ich eine wunde Stelle bei ihm getroffen zu haben. Diese BUrohocker sind beim Militär ja oft besonders scharf auf Degen und Sporen. Bevor ich ihm erklären kann, daß ich ihn nicht beleidigen wollte, kommt meine Tante angerauscht. Sie ist noch immer flach wie ein Plättbrett, und ihre kleinen schwarzen Augen glänzen ebenso wie früher, als wären sie auf der Knopf gabel geputzt. Während sie mich mit einem Schwall von Worten übersprudelt, wirft sie unausgesetzt scharfe Blicke nach allen Seiten. Ich bin etwas benommen. Zuviel Leute, finde ich, zuviss Damen und vor allem: zuviel Licht. Im Felde hatten wir höchstens mal eine Petroleumlampe. Diese Kronleuchter hier aber sind unerbittlich wie Gerichtsvollzieher. Man kann nichts vor ihnen verstecken. Unbehaglich kratze ich mir den Rücken. „Was machst du denn da?" fragt meine Tante und hält im Reden inne. „Wird wohl noch so eine Laus sein, die entwischt ist", sage ich, „wir hatten ja so viele, das dauert mindestens eine Woche, bis man sie alle los ist . . ." Erschreckt tritt sie zurück. „Keine Angst", beruhige ich sie, „die kann nicht springen. Läuse sind keine Flöhe." „Um Gottes willen!" Sie legt den Finger an den Mund und zieht ein Gesicht, als hätte ich wer weiß was für eine Schweinerei gesagt. Aber so sind sie: Helden sollen wir sein, doch von Läusen wollen sie nichts wissen. Ich muß einer Anzahl Leuten die Hand geben und fange an zu schwitzen. Die Menschen hier sind so ganz anders als wir draußen. Ich komme mir schwerfällig wie ein Tank dagegen vor. Sie benehmen sich, als säßen sie in einem Schaufenster und reden als wären sie auf dem Theater. Vorsichtig versuche ich, meine Hände zu verstecken, denn der Grabendreck sitzt noch wie Gift darin eingefressen. Oop^riZkt 1931 dx Ullstein 6., Berlin Verstohlen wische ich sie an der Hose ab; trotzdem sind sie immer grade dann feucht, wenn ich sie einer Dame reichen muß. Ich drücke mich herum und gerate in eine Gruppe, in der ein Rechnungsrat das große Wort führt. „Stellen Sie sich vor", ereifert er sich, „ein Sattlerl Ein Sattler als Reichspräsident! Malen Sie sich das mal aus: ein Gala- Empfang bei Hofe und ein Sattler, der Audienzen erteilt. Zum Piepen!" Er muß husten vor Aufregung. „Was sagen Sie dazu, junger Krieger!" ruft er und patscht mir auf die Schulter. Ich habe mir darüber noch keine Gedanken gemacht. Ver legen zucke ich die Achseln. „Vielleicht versteht er was . . ." Der Rechnungsrat starrt mich einen Moment an. Dann schüttelt er sich vor Vergnügen. „Sehr gut", kräht er, „viel leicht versteht er was! Nein, mein Lieber, so was ist an geboren! Ein Sattlerl Warum denn nicht gleich ein Schneider oder ein Schuster?" Er wendet sich wieder zu den andern. Ich ärgere mich über sein Gerede; denn es geht mir gegen den Strich, daß er über die Schuster so wegwerfend spricht. Die sind ebenso gut Soldaten gewesen wie die besseren Leute. Adolf Bethke war auch ein Schuster, und er verstand vom Kriege mehr als mancher Major. Bei uns kam es nur auf den Mann an und nicht auf den Beruf. Mißtrauisch mustere ich den Rechnungsrat. Er wirft jetzt mit Zitaten um sich, und es mag sein, daß er die Bildung mit Löffeln gefressen hat; aber wenn es darauf ankäme, daß mich jemand aus dem Feuer holen müßte, würde ich mich lieber auf Adolf Bethke verlassen. Ich bin froh, als wir endlich am Tisch sitzen. Neben mir habe ich ein junges Mädchen mit einer Schwanenboa um den Hals. Sie gefällt mir gut, aber ich weiß nicht, was ich mit ihr anfangen soll. Als Soldat hat man wenig gesprochen, und schon gar nicht zu Damen. Die andern unterhalten sich lebhaft. Ich versuche zuzuhören, um etwas zu profitieren. Oben am Tisch sitzt der Rechnungsrat, der grade erklärt, wenn wir zwei Monate länger ausgehalten hätten, wäre der Krieg gewonnen gewesen. Mir wird fast schlecht bei dem Quatsch, denn jeder Soldat weiß, daß wir einfach keine Munition und keine Leute mehr hatten. Ihm gegenüber erzählt eine Dame von ihrem gefallenen Mann, und sie macht sich so wichtig dabei, als wäre sie gefallen und nicht er. Weiter unten wird von Aktien und Friedensbedingungen geredet, und alle wissen es natürlich besser, als die Leute, die damit wirklich zu tun haben. Ein Mann mit einer Hakennase erzählt mit so scheinheiligem Mitleid über die Frau seines Freundes eine Geschichte, daß man ihm für seine schlecht verborgene Schadenfreude ein Glas in den Schnabel werfen sollte. Mir wird ganz dumm im Kopf über dem Gerede, und ich kann bald überhaupt nicht mehr richtig folgen. Das
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