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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.09.1935
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1935-09-19
- Erscheinungsdatum
- 19.09.1935
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- Deutsch
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Text-Probe „Das ist Teils Geschoß" as kleine deutsche Bauernvolk der Schweizer seufzte unter dem schweren Druck der Landvögte, die der deutsche Kaiser Albrecht in den einzelnen Kantonen des Landes eingesetzt hatte, um dort an seiner Statt zu regieren. Bis dahin hatten die Schweizer zum deutschen Reiche gehört, und die deutschen Kaiser waren die höchsten Richter im Lande gewesen. Ihre inneren Angelegenheiten hatten sie selbst frei geordnet und sich auf den Versammlungen der Landgemeinden ihre eigenen Gesetze ge geben. Kaiser Rudolf I., der im Iahre I27Z von den Kurfürsten gewählt wurde, war selbst ein freier Schweizer. Sein Stammschloß, die Habsburg, lag im Kanton Aargau. Er ließ seinen Landsleuten gern ihre alten Gesetze, Bräuche und Freiheiten. Das wurde anders, als sein Sohn, der rauhe und harte Herzog Albrecht von Österreich, I2-S den deutschen Kaiserthron bestieg. Lr wollte die Schweizer Kan tone seinem österreichischen Lrblande einverleiben und dem Volke seine alten Rechte und Freiheiten nehmen. Als sich die Schweizer dagegen sträubten, hielt er unerbittliche Strenge für notwendig, und seine grau samen, herrschsüchtigen Landvögte führten seine empörenden Befehle nur zu gern aus. Besonders arg und übermütig trieben es die Vögte Hermann Geßler in Schwytz und Uri, und Landenberg in Unterwalden. Grau same Strafen bei geringsten Vergehen erregten Groll im Volke und die Errichtung von Zwingburgen maßlose Erbitterung. Als der Druck unerträglich wurde, kamen die Ältesten der drei Länder nachts auf dem Rütli, einer verborgenen wiese zwischen himmelhohen Bergen, zusammen und schwuren, das Land zu befreien. Geßler hatte bei dem Flecken Altdorf, dem Hauptort des Kantons Uri, die Burg Zwing-Uri errichten lassen. Auf dem Marktplatz ward auf sein Geheiß auf einer Stange ein Hut aufgehängt, und der Landvogt hatte befohlen, jeder habe bei Todesstrafe den Hut zu grüßen, als wenn es der Landvogt selber wäre. Das Volk mied den Platz, aber Wilhelm Tell aus Bürgeln, ein riesenstarker Landmann und nie fehlender Armbrust schütze, ging eines Sonntags mit seinem achtjährigen Sohne Walter vorüber, ohne den Hut zu grüßen. Die beim Hute aufgestellten Wächter hielten ihn an, als Geßler mit großem Gefolge herangeritten kam. Da er erfuhr, was Tell getan, befahl er ihm, mit seiner Armbrust einen Apfel vom Kopfe seines Sohnes zu schießen. Trotz aller Bitten von vielen Seiten beharrte er bei dem furchtbaren Befehl. Tell legte einen Pfeil auf seine Armbrust und steckte einen andern in seinen Koller. Er durchschoß den Apfel und wollte mit seinem Knaben davongehen. Da rief ihn Geßler zurück, fragte ihn, was er mit dem zweiten Pfeil gewollt habe und versprach, als dieser mit der Antwort zögerte, er habe für sein Leben nichts zu befürchten, wenn er die Wahrheit sage. Da rief Tell außer sich: „Mit diesem zweiten Pfeil durchschoß ich Euch, wenn ich mein liebes Kind getroffen hätte — und Euer, wahr lich, hält' ich nicht gefehlt!" Da ließ Geßler ihn fesseln, um ihn nach seiner Burg Küßnacht zu bringen und ihn dort einzukerkern, denn er habe ihm zwar das Leben, aber nicht die Freiheit zugesichert. Um nach Küßnacht zu gelangen, mußte Geßler über den Vierwaldstättersee fahren und nahm den gefesselten Tell mit auf das Schiff. Lin furchtbarer Sturm erhob sich plötzlich, als das Schiff mitten auf dem See war. Die Schiffer waren ratlos. In seiner Not fragte Geßler den Tell, ob er sich wohl getraue, das Schiff sicher ans Ziel zu bringen. Könne er das, so wolle er ihm die Freiheit schenken. Tell bejahte, wurde seiner Fesseln entledigt, ergriff mir Riesenkraft das Ruder und hatte das Schiff bald sicher in der Gewalt. Als man an einer Felsplatte vorbeifuhr, die in den See hineinragte, steuerte Tell hart an diese heran, sprang plötzlich auf die Platte und schleuderte mit einem Fußtritt das Schiff weit in den See zurück. Dann floh er in die Berge zu einem Engpaß, die hohle Gaffe von Küßnacht. Durch diese mußte Geßler hindurchreiten, um zu seiner Burg zu ge langen, wenn er dem Sturm wirklich entrönne. Dort legte sich Tell auf die Lauer. Geßler war wirklich der Gefahr entronnen und ritt in die hohle Gaffe hinein. Im Augenblick, als er eine Frau, die ihn um Gnade für ihren seit Monaten eingekerkerten Mann anflehte, erbarmungslos mit ihren Kindern niederreiten wollte, traf ihn ein Pfeil mitten ins Herz. „Das ist Tells Geschoß", schrie er auf und sank tot in die Arme seines Stallmeisters Rudolf Harras. Geßlers Tod war das Zeichen zum Befreiungskampf der Schweizer. Als auf allen Bergspitzen die Holzstöße aufflammten, stürmte das Volk die Zwingburgen und jagte die Vögte aus dem Lande. Die Schweiz war frei und hat noch in manchem heißem Kampf ihre Frei heit behauptet. Tell aber lebte noch lange hochgeehrt als Retter und Befreier des Landes. Als Greis ertrank er, als er einen Knaben den wilden wogen eines Gebirgsbaches entreißen wollte.
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