Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 04.02.1941
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1941-02-04
- Erscheinungsdatum
- 04.02.1941
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19410204
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-194102040
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19410204
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1941
- Monat1941-02
- Tag1941-02-04
- Monat1941-02
- Jahr1941
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
und auch später trotz vielfältiger Verlockung durch Kunst und Wissenschaft nie daran gedacht habe, meinen Beruf mit einem anderen zu vertauschen — vielleicht deshalb, weil der Verleger berus gewissermaßen alle anderen in sich enthält —, so ist es dennoch eine weite Wanderung mit vielen Mühen, Umwegen, Jrrgängen und mancher verlorenen Zeit gewesen, und noch scheint mir das Ziel in unerreichbarer Ferne. Sie, lieber Freund, sind nicht wie ich im wilhelminischen Deutschland geboren, Sie haben nicht die Zeit und wohl auch nicht die Mittel, sich zunächst die umfassende geistige Vorbildung anzueignen, die nur von jenen verpönt zu werden pflegt, welche sie nicht besitzen, und die uns Alteren eben doch das Rüstzeug geliefert hat, um unser Teil zur Geltung des deutschen Geistes in der Welt beizutragen und auch in vorgeschrittenen Jahren dem jungerstandenen Reich mit unseren Kräften zu dienen. Ihre Jugend ist nicht unter der warmen Sonne und in der oft allzu weichen Luft eines jahrzehntelangen vollgesättigten Friedens erblüht, sie ist zwischen den zwei großen Kriegen im Engpaß deutscher Not herangewachsen, ist gehärtet vom Sturmwind des neuen Jahrtausends der Deutschen. Ihr Werdegang und Ihre Gangart müssen andere sein als die unseren, Sie müssen die Zeit nützen. Im Frieden dauert die Ausbildung des Soldaten zwei Jahre, im Kriege muß sie in zwei bis drei Monaten be endet sein, das andere gibt die Erfahrung des eigenen Front erlebnisses und das Beispiel der alten Kämpfer des Weltkriegs, mit denen die junge Mannschaft Schulter an Schulter sicht; ge nau so ist es heute in unserem Berufe, nur daß es sich hier nicht um Monate handeln kann, sondern daß der Buchhändler und Verleger nie auslernt. Seien Sie dem Schicksal daher nicht gram, wenn es Ihnen vielleicht die uns zuteil gewordene akademische Bildung ver sagen will, machen Sie aber nicht den törichten Fehler, dies leicht zu nehmen und zu denken, das sei vermotteter wertloser Plunder. Halten Sie sich iminer vor Augen: Bildung an sich ist weder gut noch böse, ihr Wert bemißt sich lediglich danach, was einer damit ansängt; Unbildung aber — und zwar Armut an Wissen und Kenntnissen — ist ein Mangel, der sich beim Buch händler und Verleger auf die Dauer genau so wenig verbergen läßt und ebenso rächt wie etwa bei einem Musiker ungenügen des technisches und theoretisches Können. Nichts ist gerade hierin so lehrreich wie der Blick auf jene großen Männer der Ge schichte und der Kultur, die nach harten engen Jugendjahren sich nachträglich durch eiserne Bemühung aus eigener Kraft einen Besitz von echter Geistesbildung erworben haben, der viele Kinder wohlhabender Häuser und sorgenloser Zeiten zu be schämen vermag; gerade diese Geistesbildung gibt jenen Män nern die entscheidende Überlegenheit über die unbedenklichen Glücksritter und plumpen Ellenbogenkämpfer, deren Erfolge stets von kurzer Dauer sind und deren unerfreuliches Beispiel oft der besten Sache von der Welt schadet. Nützen Sie also jede Stunde, Ihre Bildung zu erweitern und zu vertiefen. Alles was die Maßstäbe Ihres Geistes und Ihres Herzens vergrößert, das vertieft und erweitert auch Ihre Bildung. Die Hauptgefahr des lesenden Buchhändlers liegt immer darin, daß er die Maßstäbe verliert, indem er sich ledig lich mit der Flut der Neuerscheinungen abgibt; es gilt, in die unerläßliche, Pflichtarbeit der Beschäftigung mit dem zeitgenössi schen Schrifttum immer wieder Ruhepunkte völliger Sammlung aus eines der unvergänglichen Meisterwerke, auch ein solches aus früherer Zeit, einzuschalten. Manches Buch, das uns in empfänglicher Stimmung trifft und zunächst besticht, wird sofort auf seinen wahren Wert zurückgesührt, wenn wir es an einem wirklichen Dichtwerk messen; erst dann, wenn man für einen Augenblick ins Freie hinausgetreten ist und dann wieder ins Zimmer zurückkehrt, merkt man, wie schlecht die Luft im Raume ist. Vergessen Sie nie, jene Bücher zu lesen, die einst Geschichte gemacht und zu ihrem Teil die Zukunft geformt haben; erst dann verstehen Sie unsere eigene Gegenwart richtig und können die Zukunft mitgestalten. Lassen Sie sich aber nicht verleiten, aus jedem Aufschrei eines von Haß geplagten Literaten Schlüsse aus die allgemeine Kultur seiner Zeit zu ziehen, sondern seien Sie sich klar, daß oft gerade derjenige sich gerne als Prediger in der Wüste ge bärdet, der sich um jeden Preis bemerkbar machen und für die Nichtachtung durch eine gesund empfindende Umwelt schadlos halten will. Nur der wahre Dichter ist Ausdruck des Volkes in seiner höchsten vollendeten Form; oft wird das tiefste Wesen des Volkes, so wie es ist und den Dichter umgibt, in ihm wie in einem Brennspiegel zusammengefaßt, aber oft ist er die Vor form dieses Volkes, dem er wie ein Seher voranschreitet. Suchen Sie namentlich diese Seher zu erkennen und denken Sie daran, daß hier die erhabenste Aufgabe des Verlegers liegt, daß diese Seher fast nie von ihren Zeitgenossen erkannt werden und daß es gerade ihnen auch mit Opfern den Weg zu bahnen gilt. Ich habe Ihnen, lieber Freund, zunächst das Ziel gezeigt und einen Teil Ihres späteren Weges, damit Sie sich der Größe und Herrlichkeit der gerade dem schöngeistigen Verleger gestell ten Aufgabe bewußt werden. Nun aber heißt es auf den Weg selbst und dessen Anfang schauen. Hansguckindieluft hat nichts im Verlag verloren, sondern wie beim Schießen gilt es, stets Kimme, Korn und das Ziel gleichzeitig scharf im Auge zu be halten — wie leicht verschwimmt doch eines von diesen Dreien vor dem Auge des Schützen! Die Aus- und Fortbildung des jungen Buchhändlers und Verlegers ist von jeher die Sorge weitblickender älterer und jüngerer Fachkameraden gewesen, die wußten, daß alles darauf ankommt, die Fackel dereinst Würdi gen in die Hand zu drücken, und die oft den besten Teil ihres Lebens der Erziehung und Leistungssteigerung des Nachwuchses gewidmet haben; namentlich in den Jahren nach dem Weltkrieg sind hier fruchtbare Wege neu beschrittcn worden. Aber erst im jungen deutschen Reich haben wir eine sorgfältig ausgearbeitete Lehrlingsordnung und haben wir vor allen Dingen die wert volle Einrichtung der Reichsschule des Deutschen Buchhandels, die jeder angehende Buchhändler durchlaufen muß. Wir dürfen wirklich nie vergessen, welche Unsumme von freiwilliger Ausb und Fortbildungsarbeit gerade in unserem Stand schon vor dem Umbruch geleistet worden ist, aber vieles an dieser Arbeit ver mochte sich nicht voll auszuwirken, weil die letzte planmäßige Zusammenfassung und Ausrichtung auf ein großes Ziel natur gemäß fehlen mußte. Und da alles freiwillig blieb, verdarben die Beiseitestehenden und Trägen das Gesamtbild. Wenn wir so oft der zähen Teilnahmslosigkeit oder dem stillen Widerstand einer bestimmten Menschenart begegnen, so liegt der Grund hier für wohl darin, daß diese Männer, deren Lebensirrtum eben schon ihre Berufswahl war und die wegen jeglichen Mangels an eigener Schöpferkraft — auch im Kleinen — auf die Nach ahmung angewiesen waren, während der entscheidenden Jugend jahre schlechte Beispiele vor Augen gehabt haben und daß es damals noch keine bewußte geistige Formung des Gesamtbuch handels, geschweige denn des ganzen Volkes gab. Wenn es also heute dem jungen Fachkameraden an Zeit und damit an Bildungsmöglichkeit fehlt, so stehen ihm dafür die ge regelte Lehrlingsausbildung, die Reichsschule des Deutschen Buchhandels, die Einrichtung der Arbeitswochen in schöner Landschaft, die Sprechabende, schrifttumskundlichen Lehrgänge und anderes mehr zur Verfügung. Es ist eine Lust zu lernen — möchte man ausrufen! Aber es gilt auch wirklich, sich diesen Reichtum anzueignen. Man kann als Buchhändler und Verleger einfach nicht genug wissen — diese Erkenntnis kommt einem jeden erst in reiferen Jahren und gar manchem allzuspät. Die ses Lernen hat bei der Pike anzufangen, und dies ist der Ladenbuchhandel. Jeder, der Verleger werden will, sollte im Laden beginnen, denn nur dort besteht die Möglichkeit der Berührung mit drm lebenden Menschen, dem Leservolk in all seinen verschiedensten Schichten, Wesensformen, Bildungsgraden. Hier gilt es zu nächst in emsiger Kleinarbeit das eigentliche Handwerk des Ver kaufs zu erlernen; wer verkaufen will, braucht nicht nur Waren kunde, sondern vor allem Menschenkunde: er muß auch den Käu fer kennenlernen. Der Verleger hat sich den Ladenbuchhändler als Käufer gegenüber — wie soll er aus die Dauer mit ihm zurechtkommen, seine Wirkungsmöglichkeit in ihrer ganzen Größe und in ihren Grenzen richtig erkennen, ihm nichts Un mögliches zumuten, wenn er nicht selber jahrelang hinter dem 38
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder