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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.11.1940
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- 1940-11-05
- Erscheinungsdatum
- 05.11.1940
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bei braucht auch in diesem Fall die Äußerung nicht einmal un richtig oder der Rezensent sich seiner inneren (oder äußeren) Abhängigkeit bewußt zu sein. Das Anfechtbare liegt darin, daß, ähnlich wie in dem vom Reichsgericht (17. März 1836, Jur. Wochenschr. 36, 2078) entschiedenen Fall, die Unlauterkeit in der Irreführung der Allgemeinheit eben über die Unabhängig keit des Gutachters zu erblicken war. »Ein Wettbewerber«, heißt es da, »bedient sich eines unzulässigen, mit den Anschauungen des redlichen Geschäftsverkehrs nicht im Einklang stehenden Wett- bcwerbsmittcls, wenn er selbst erst über die Vorzüge seiner Er zeugnisse eine gutachtliche Äußerung eines Fachmannes herbei führt, auf deren Zustandekommen in ideeller und wirtschaftlicher Beziehung Einfluß nimmt und sic dem Verbraucher mit dem Vorgeben unterbreitet, sie stelle das Werk eines aus freien Stücken tätig gewordenen, von ihm unabhängigen Sachverstän digen dar, mag auch die Äußerung selbst sachlich und inhaltlich vertretbar sein«. Dabei betonte das Reichsgericht sehr klar, daß die Freiheit wissenschaftlicher Äußerung unan getastet zu bleiben habe und gegen die Äußerung sachlich nichts cinzuwendcn sei, aber dennoch eben jene Irreführung durch die Tarnung der persönlichen Beziehungen den Fall zu einem unzulässigen mache. Solche tarnende Irreführung liegt aber sicherlich nicht nur dann vor, wenn das Abhängigkeitsverhältnis des Gelehrten von der im Wettbewerbskampfe begünstigten Firma ein festes arbeits rechtliches Verhältnis ist, sie ist auch dann gegeben, wenn die Be ziehung eine zwar selbstgewählte, aber auf undurchsichti gen Bindungen beruhende ist, sofern nur eben die wissen schaftliche Äußerung irgendwie sich gewerblich be tätigt. Das müßte natürlich im Einzelfall genau geprüft werden, um nicht demjenigen, der zu einer kritisch-wissenschaftlichen Äußerung berufen war, unrecht zu tun. Denn es ist von der Unabhängigkeit der Wissenschaft und ihrer Freiheit der Mei nungsäußerung nuszugehen, und nach einer Stellungnahme des Reichsgerichts (in der Entsch. Jur. Wochenschrift 32, 1870) wird »ein Forscher nicht dadurch zum Wettbewerber, daß seine For schungsergebnisse geeignet sind, den Wettbewerb bestimmter Kreise zu fördern« — und ebenso auch etwa ihm zu schaden. Nach jenem Urteil ändert auch Schärfe der Ausdrucksweise nichts. Wer als Wissenschaftler glaubt, eine Warnung vor Werken oder Lei stungen sehr laut und deutlich aussprechen zu sollen, verläßt da durch noch nicht seine unabhängige Stellung; wohl aber ist es bedenklich, wenn förderliche oder beeinträchtigende Äußerungen durch andere Gesichtspunkte als die der wahren Über zeugung und der eigenen unantastbaren Geistessreiheit hervor gerufen werden. Solche »anderen Gesichtspunkte- der Bindung können mannigfacher Art sein. Honorarzahlung für die Äußerung allein freilich braucht solche unzulässige Bindung noch keineswegs herzustellen. Gutachten z. B. verdienen wie jede ehr liche Arbeitsleistung entsprechende Vergütung; doch kann natürlich unter Umständen aus Höhe und Art der Vergütung eine ins Gewerbliche hineinreichende, die Objektivität der wissen schaftlichen Äußerungen verneinende Abhängigkeit geschlossen werden. Für Besprechungen freilich wird, sofern es nicht in dem betreffenden Blatt üblich ist, sie unhonoriert zu lassen (Gegen gabe das zu besprechende Buch), das Honorar von der Zeit schrift gezahlt. Eine Zahlung durch den Autor oder den Ver leger des besprochenen Buches würde ganz unüblich sein und mithin, wenn es geschähe, schon aus diesem Grunde Verdacht auf eine Unlauterkeit nahelegen. Grundsätze und Gepflogenheiten als gewohnheitsrechtliche Merkmale spielen in diesen Dingen also eine Rolle. Aber wenn sich ein Streitfall erhebt, wenn beispielsweise ein Konkurrent sich durch eine gegen ihn gerichtete oder für das Werk eines Wettbewerbers seiner Meinung nach zu stark Partei ergreifende wissenschaftliche Äußerung beschwert fühlt, dann muß auch ge fragt werden, welche gesetzlichen Bestimmungen dann Anwendung zu finden haben. Da handelt es sich im wesentlichen um die 88 1 UWG. (sittenwidrige Wettbewerbshandlung), 3 UWG. (unrichtige Angabe), 14 UWG. (Verbreitung schädigen der tatsächlicher Äußerungen) und die 823, 824, 826 BGB. (unerlaubte Handlungen). Bei dem Streit, ob es sich bei wissen schaftlicher Kritik um eine für die Anwendung des H 1-1 UWG. vorauszusetzende Angabe von »Tatsachen« handelt, ist zu be achten, daß die Wissenschaft zumeist aus solchen »Tatsachen« (selbst Lei naturwissenschaftlicher Feststellbarkeit) Schlüsse zieht, die ihrerseits wiederum nicht so exakt beweisbar sind. So sind z. B. (vgl. RG. 4. Oktober 1935 in GRUR. 36, 263) An gaben konkreter und nachprüfbarer Art, die in Form eines Urteils geäußert werden, als Tatsachenbehauptungen anzu sehen, wenn sie von den in Betracht kommenden Kreisen so auf gefaßt werden. Darin liegt bereits die Erkenntnis, daß es sich hier um relative Größen handelt, die nicht mit unbedingter Ge wißheit zwischen »Tatsache« und »Urteil« abgegrcnzt werden können. Der § 14 UWG. gibt somit ein zwar einfacheres, aber auch umstrittenes Kriterium für das Borliegen eines Wett- bewerbsverstoßes. Nach K 824 BGB. kommt als weitere Recht fertigung für den kritisierenden Wissenschaftler in Betracht, daß die Wahrung eines berechtigten I n t e r e s s e s ^hn von jeglicher Schadensersatzpslicht befreit. Aber auch die Feststellung eines »berechtigten Interesses« ist im Einzelfall oft nicht einfach, wenn man nicht an sich jede wahre oder ehrlich vertretbare wissenschaftliche Äußerung als einem berechtigten Interesse dienend anzusehen hat. Wie wenig hier mit dem ß 824 sogar bei irrtümlichen Äußerungen anzufangen ist, ergibt sich auch aus der Reichsgerichts-Entscheidung in RGZ. 84, 297, wo gesagt wird, daß, wenn sich der Schriftsteller geirrt hat, sei es auch aus Mangel an Sorgfalt, aus Mangel an Kenntnissen, aus Mangel an Objektivität oder Urteilskraft, seine Kundgebung doch nicht als Behauptung einer Tatsache im Sinne des 8 824 BGB. gewürdigt werden könne; »sie ist nicht mehr als die Kundgebung seiner subjektiven wissenschaftlichen Überzeugung. Eine .unerlaubte Handlung' im Sinne des BGB. hat er mit ihr nicht begangen, mag er auch vor dem Forum der Wissenschaft damit nicht be stehen«. Der mit ihr mögliche Mißbrauch wird also nur selten in dem Mangel einer »Berechtigung- ernster wissenschaftlicher Urteile zu erblicken sein; vielmehr wird man den Mißbrauch — sei es durch den Wissenschaftler selbst, sei es durch den das Urteil verwertenden Gewerbetreibenden '— nur mit den Grund sätzen des Wettbewerbsrechts — Wahrheit oder Irreführung, Sittenwidrigkeit oder nicht, Verfolgung eines Wettbewerbszwecks — wirklich bekämpfen können. Im Wettbewerbsrecht spielt als ethisches Grund prinzip die Wahrheit die allergrößte Rolle. Der erste konkrete Anwendungsfall des § 1 als der Generalklausel der wettbewerblichen Sittlichkeit ist der § 3 (und 4), der jede un richtige Angabe verpönt. Das wird auch in der Arbeit von Orth gebührend erkannt, wie es beispielsweise zuvor in einer um fassenden Arbeit von Freibcrger (1938) »Der Wahrhnftigkeits- grundsatz und die Pflicht zur Wahrhaftigkeit im Wettbewerbs recht« unter starker Hervorhebung der in meinen Arbeiten ver tretenen Lehren in den Mittelpunkt der Erörterung gestellt worden ist. Wenn Orth (S. 13) den Satz prägt: »Die Arbeit des Wissenschaftlers dient der Wahrheilsforschung und Wahrheits verbreitung», so kann man sehr wohl zu dem Ergebnis gelangen, daß die wissenschaftliche Arbeit und Äußerung eine ganz besondere Wahrheitspflicht in sich trägt, ja daß etwas nicht Wissenschaft sein kann, was nicht wahr ist — wobei mindestens die subjektive Wahrheit, d. h. die ehrliche Überzeu gung vorhanden sein muß, während objektive Wahrheit natürlich angesichts der Möglichkeit des Irrtums und der menschlichen Un zulänglichkeit kein unbedingtes Erfordernis sein kann. Immer aber bleibt —sowohl nach K 3 wie nach H 14 UWG. — richtig, daß es auf den Sinn einer wettbewerblichen Be hauptung ankommt, wie er von den beteiligten Krei sen, auf die die Behauptung wirken soll, verstanden wird, also auf den Gesamteindruck. Das ist gerade für Grcnzfälle wichtig, wenn, wie es leicht Vorkommen kann, der Urteilende sich das gelehrte Mäntelchen nmhängt, unter seinem Schutz aber in wettbewerbliche Wirksamkeit eintritt. Die Forderung der Wahr haftigkeit bei wissenschaftlichen Äußerungen hat sich ganz im strengen Sinne des Gesetzs gegen den unlauteren Wettbewerb und seiner Anwendung durch Reichsgericht und Werberat nicht 414
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