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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.03.1938
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1938-03-19
- Erscheinungsdatum
- 19.03.1938
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- Deutsch
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seinen Lehrling nicht nur arbeiten lassen mutz, sondern daß er ihm auch von Zeit zu Zeit eine theoretische Unterweisung bzw. einen Hinweis schuldig ist, wie er sich die Kenntnisse über das Reichs kulturkammergesetz, die Verkehrs- und Verkaussordnung, die Buchgeschichte usw. zweckmäßig aneignet. Je mehr Einzelgebiete der Übersicht die Unterschrift des Ausbildenden tragen, um so be ruhigter können der Ausbildende und der Lehrling über eine wirk lich allseitige Ausbildung sein, um so leichter fällt es, etwa noch vorhandene Lücken auszufüllen. Dabei ist selbstverständliche Vor aussetzung, daß die Eintragungen nicht in letzter Minute, wenn die Einberufung zur Reichsschule eingeht, in Bausch und Bogen vor genommen werden, sondern peinlich genau, Punkt für Punkt unter Angabe des jeweiligen Datums. Der Übersicht folgen einige Sei ten, die den Nachweis der Arbeitsgebiete erbringen sollen, auf denen der Lehrling vorwiegend beschäftigt wurde. Hier sind die Eintragungen regelmäßig halbjährlich vorzunehmen. Wer also im Drange der praktischen Arbeit nicht selbst daran denkt, daß sein Lehrling von Zeit zu Zeit einen anderen Arbeitsplatz haben oder in kleineren Betrieben einer anderen Aufgabe zugeführt werden muß, der wird hier an die nötigen Maßnahmen erinnert. Die regelmäßige Einsicht in die Liste der gelesenen Bücher ermöglicht dem Ausbildenden, den Lehrling bei seinem häuslichen Lesen zu beraten. Der Buchhändler, der es ernst nimmt mit der Ausbildung der ihm anvertrauten Lehrlinge, läßt sich den Lehrlingspaß nicht auf zwingen. Er nimmt ihn mit Freude entgegen, als eine der wert vollsten Einrichtungen, die wir der Reichsschrifttumskammer zu danken haben. Drei Monate im englischen Buchhandel Durch einen privaten Austausch ist es mir möglich, drei Monate im englischen Buchhandel zu arbeiten, zunächst in einem der größten Großhandelsbetriebe; Simpkin Marshall Ltd. und W. H. Smith L Son Ltd. sind Wohl die größten und wichtigsten. Die Einrichtung des Betriebes von Simpkin Marshall, einer Aktiengesellschaft mit etwa 350 Angestellten, ist dem Barsorti ment von Koehler L Bolckmar, Leipzig, ähnlich. Doch sind die Gebäude hier, sehr alt, verwirrende Treppen und Brückenüber gänge verbinden Häuserblocks miteinander, und es ist äußerst schwierig, sich zurechtzufinden und einen Gesamtüberblick zu be kommen. Die Anordnung in den riesigen Lagerräumen ist fol gende: Romane sind in zwei Titelalphabeten nach dem Preis angeordnet, und zwar in einem Alphabet Bücher bis zu 3 «ü 6 ck, im anderen alle Bücher über 3/6. Sammlungen, billige Reihen: kelioau dooüs, kenguiu dooüs, Führer, Karten, Wörterbücher usw. usw. stehen für sich zusammen. Bücher aller Wissenschafts gebiete, Biographien, Reisebeschreibungen usw. stehen nach For maten: Folio, Quart, Oktav im Verfasseralphabet. — Der Ka talog ist nur für den eigenen Betrieb. Die Neuerwerbungen wer den täglich handschriftlich im Verfasser- und Schlagwortalphabet eingetragen. Im Erdgeschoß spielt sich täglich lebhaftester Verkehr mit den Reisenden, Agenten, Verlags- und Buchhandlungsvertretern ab. Auch in England bemüht man sich um Zentralisation. Die auswärtigen Verleger haben teilweise Filialen mit Ausliefe rungslagern in London, oder sie werden durch die Großhandels betriebe vertreten. Simpkin Marshall vertritt z. Zt. etwa hun dert Firmen. Eine besondere Abteilung bearbeitet die Aufträge, die direkt an die auswärtigen Verleger gehen, die keine Ver tretung in London haben. In zwei Tagen bis einer Woche wer den die Bücher beschafft. Der ganze Betrieb ist in zahlreiche »Departments«- aufge- tcilt. Ich arbeite in Department 3: Buchexport nach dem Kon tinent. Am Morgen lege ich an Hand der Kundenbestellungen die Bücher aus (die Boys bringen sie mit Wagen im Fahrstuhl aus den Lagern). Am Nachmittag erledige ich Korrespondenz über Vergriffenes, nicht zu Beschaffendes, Preisanfragen, Ka talogwünsche usw. und die Versendung der Fakturen. In freien Augenblicken lese ich und bemühe mich um die Fachausdrücke meines Berufes. In demselben Raum arbeitet noch Depart ment 2 an der Belieferung mit Australien, und nebenan ist man fieberhaft dabei, einen 3000 -L-Auftrag nach Nordamerika auf den Weg zu bringen. Nach Südafrika, Indien, China und Japan (trotz der Unruhen) gehen die gleichen Mengen. Pünktlicher Ein- und Ausgang der Angestellten wird beim Pförtner verzeichnet. Der Dienst liegt von 8.30 bis 17.30 Uhr mit einer Stunde Lunchzeit, einer viertel Stunde Teepause und dem freien Sonnabend Nachmittag ab 13 Uhr. Auch in jedem Einzelhandelsgeschäft ist ein freier Nachmittag in der Woche streng durchgeführt, meist sind die Geschäfte in dem einen Stadt teil am Mittwoch, in einem anderen am Sonnabend Nachmittag geschlossen. Jeder Geschäftsraum in England hat die Möglichkeit zum Teekochen, und der Hauswart oder die Angestellte besorgen gegen 16 Uhr, häufig auch noch morgens 11 Uhr, für jeden eine Tasse Tee gegen geringe wöchentliche Pennybeträge. — Wir lie gen mitten in der City, und in der Lunchzeit von 12 bis 14 Uhr ist es auf Bänken, Steinen und Treppen von St. Paul über voll. Man verspeist ein paar Sandwichs, wenn man nicht eine Kleinigkeit bei Lyons ißt (es ist erstaunlich, mit wie wenig der Engländer zu dieser Mahlzeit auskommt), plaudert oder schläft und erhascht einen Strahl Sonne. Die City ist zu dieser Zeit zum Bersten mit Verkehr und Lärm angefüllt, aber man hat als Angestellter tatsächlich in jedem Arbeitsviertel die Möglichkeit einer kurzen wohltuenden Entspannung in den Parks mit Bän ken und Bäumen und Rasen, sowie Kirchplätzen, Brunnenhöfen, Posthofplätzen usw., ich nenne nur ein paar bekannte Namen: Lincolns Inn, Gray's Inn, Staple Inn u. a. Es gibt da unzäh lige verborgene Schönheiten in den kleinen Nebenstraßen, und auch stets geöffnete Kirchen sind eine wundervolle Zuflucht in wohltuende Stille. Durchschnittlich ist der Geschästsschluß sehr pünktlich. Die leidige Gewohnheit, kurz vor dem Arbeitsschluß noch mit eiligem Diktat zu kommen — wer hat sie nicht erlebt? —, kennt der englische Geschäftsführer nicht. Er selbst und auch der Angestellte muß den Bus oder die Untergrundbahn zu einer bestimmten Zeit erreichen. Aufenthalt auf der Straße gibt es nicht. Die Menschen hasten durch sie hindurch mit dem Ziel, nach Haus zu kommen. »Meine Frau wird denken, wir sind verlorengegangen«, sagte Mr. Broome zu mir, als wir zwanzig Minuten verspätet aus dem Heimweg waren. Nach Geschäftsschluß gibt es nur einen charakteristischen Be griff für das Leben der Engländer: »Privat«. In teilweise rei zenden Vororten reiht sich Haus an Haus mit liebevoll be sorgten Bor- und Hintergärten, eine bewachsene Bretterwand trennt vom Nachbargrundstück. Die Menschen sind Individua listen, sie tuen das, woran sie Freude haben, und was ihnen ihre Mittel erlauben. Begriffen wie »Betriebsgemeinschast, Verant wortlichkeit dem Geistigen gegenüber« stehen sie fremd und ver ständnislos gegenüber. Es gibt z. B. auch kein Examen für Buch händler, es ist jedem erlaubt, den Beruf zu wechseln, und sich andere Arbeit zu suchen. »Es kann jedermann ohne jede fachliche Ausbildung oder Erfahrung über Nacht zum Verleger werden« (lies Börsenblatt Nr. 28 vom 3. Februar 1938, S. 102). Die Buchhändlervereinigung hält zuweilen Kurse ab, jedoch ist der Besuch völlig freiwillig und wird von keiner Firma verlangt. Ich arbeite durchweg mit männlichen Kollegen in einem sehr angenehmen Verhältnis zusammen. In den Verantwortlichen Posten gibt es kaum junge Mädchen, und vor allem ist mir aus gefallen, daß es sehr wenige gibt, die sich darum bemühen. Die Mädel hier sind Sekretärinnen, Kassiererinnen usw. Die Berufs tätigkeit ist für das englische Mädel aus Bürgerkreisen noch längst keine Selbstverständlichkeit, und es bestehen z. B. gegen alle hauswirtschaftlichen und sozialen Berufe noch große Vor urteile. — Das Lehrlingssystem ist praktisch nicht mehr vorhan- SS8 Nr. 66 Sonnabend, den IS. März 1938
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