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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.09.1884
- Strukturtyp
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- 1884-09-01
- Erscheinungsdatum
- 01.09.1884
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- Deutsch
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204, I, September, 3955 Nichtamtlicher Theil. Buchdruckerkunst vorzüglich Ausländern, welche dieselbe ausüben. Vorwiegend war unter ihnen das deutsche, niederländische und französische Element; in der Blüthezeit der italienischen Re naissance waren es die fremden Buchdrucker, welche, Dank der fürstlichen Munificenz jener glanzvollen Tage, der Wissenschaft durch ihre neue Technik neue Bahnen brachen. In Mailand, Venedig, Bologna, Ferrara, Padua, Rom, ja in den entlegenen Bergen der wilden Abruzzen, in Aquila*), finden wir Deutsche als die Träger der neuen Kunst, Aber bald verschwinden die Spuren der fremden Herkunft; entweder übersetzte man die Familiennamen der Drucker in's Italienische, oder italienische Zöglinge überflügelten bald die Meister in Geschmack und Geschicklichkeit, bis nach einer langen und hohen Blüthezeit der Typographie in Italien ein tiefer Verfall derselben eintrat, welcher bis zu Anfang dieses Jahr hunderts dauerte. Der Aufschwung, den dieselbe damals zum Theil in Venedig und Mailand, zum Theil in Parma durch den Drucker Bodoni nahm, war jedoch kein nachhaltiger, Buch handel und Buchdruckerei lagen in Italien in der ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts gleich schlimm im Argen, Das Censurwesen, der Mangel an raschen Verkehrswegen, die ver- hältnißmäßig geringe literarische und wissenschaftliche Erzeugung mußte nothwendig dazu beitragen. Die Posteinrichtungen waren erbärmlich; an jeder Grenze der vielen Kleinstaaten gab es ein Zollamt, in welchem nur der Polizeiknittel als Censor fehlte. Die ganze damalige Zeit war eine gänzlich erschlaffte. Das öffentliche Interesse gipfelte im Theater, in der Vergötterung von Sängerinnen und Tänzerinnen, Der Patriotismus und die Politik schliefen einen Bärenschlaf, Gelang es trotzdem noch einigen Buchdruckern, mitten in diese Apathie als Verleger Bücher zu bringen, so war das ein wahres Wunder, In Mailand blühten einige Jahr zehnte hindurch die Häuser Silvestri, Bettoni, die Societä dei Classici, in Parma das Haus Fiaccadori, in Florenz die Firmen Molini, Passigli, Borghi, in Turin Pomba, Fontana, in Venedig Antonelli und vor allen, was typo graphischen und literarischen Geschmack anlangt, die berühmte Tipograsia del Gondoliere, in welcher der Dichter Luigi Carrer die leitende Seele war, bis das Unternehmen zu sammenbrach. Wie es einst fremden Buchdruckern Vorbehalten geblieben war, die erste Blütheperiode des Druckerwesens und des Buch handels in Italien zu schaffen, so fiel es wiederum in den vier ziger Jahren einem Fremden, dieses Mal einem Franzosen, an heim, das Wesen der Buchdruckerei und des Buchhandels daselbst auf neue und bessere Wege zu lenken. Besonders bewunderns- werth ist dabei die Intelligenz eines Ausländers, der die italie nische Literatur ihren Sammelplatz verdankt, auf dem die Keime der nationalen Bewegung, welche das neue Italien schufen, zu erst sprießen sollten. Nicht ein Italiener war es, in dessen Händen die Fäden des ganzen literarisch-politischen Lebens der Halbinsel mehr als dreißig Jahre hindurch erfolgreich zusammenliefen, sondern ein Franzose, der dabei seinem Vaterlande bis zu seinem Tode nichtsdestoweniger mit großer Anhänglichkeit ergeben blieb. Um aber eine solche Aufgabe, umgeben von der allgemeinen mühsam errungenen Hochachtung, lösen zu können, bedurfte es einer hohen geistigen Begabung und eines edeldenkenden, durchaus vor nehmen Charakters, Beide Eigenschaften besaß FeliceLeMonnier in hervorragendem Maße. Als er gegen das Jahr 1840 nach Florenz kam und gewiß nicht ahnte, daß einst sein Name *) Im Jahre 1482 gab es in Aquila einen deutschen Drucker Namens Adam von Rottweil, welcher unter Anderem eine Uebersetzung des Plutarch veröffentlichte. als der eines berühmten Mannes von der lieblichen Blumen stadt in alle Welttheile getragen werden würde, war ihm merk würdigerweise in Florenz schon ein anderer Fremder von nicht weniger edlem Wesen aus ähnlichen Wegen vorausgeeilt, Lange Zeit, bevor sich Le Monnier selbständig in Florenz niederlassen konnte, war der gelehrte Schweizer Giampietro Vicusseux der buchhändlerische Mittelpunkt der Literatur und der Politik in Toskana geworden. Seine Wege kreuzten sich nicht mit jenen Le Monniers; dennoch find ihre Namen unzertrennlich ge worden, In ihnen hat sich vierzig Jahre hindurch Alles, was die Literatur Edles in Italien hervorgebracht hat, verkörpert. Jeder wirkte in eigener Art, Giampietro Vicusseux, welcher hochbejahrt als Nestor des italienischen Buchhandels erst in den sechziger Jahren starb, hatte im Palazzo Buondelmonte ein Lesekabinet gegründet, welches, wie vielleicht kein anderes der Welt, eine große politische Bedeutung zu erlangen wußte, Tos kana war zu jener Zeit der freisinnigste Staat Italiens, frei sinniger als Piemont, Der Großherzog gewährte den politischen Verbannten aus Neapel, aus dem Kirchenstaat, aus ganz Nord- und Mittelitalien bereitwilligst ein sicheres Asyl, Die damalige Emigration, welche der Revolution von 1848 lange Zeit vor herging, war gewissermaßen eine geistig aristokratische; man be gegnete in ihr fast ausschließlich hervorragenden Literaten, Dichtern, Künstlern und Männern der Wissenschaft, Die Wechselbeziehungen derselben zu der großen, vornehmen und reichen Fremdencolonie, welche damals ihren bleibenden Sitz in Florenz hatte und dort der Kunst und Literatur huldigte, blieben auf dieselben nicht ohne Einfluß, Bei Vicusseux war der Mittelpunkt für beide; fremde und einheimische Gelehrte versammelten sich täglich bei dem gelehrten ehrwürdigen Buchhändler, Man wetteiferte in dem Studium der italienischen Geschichte und Kunst, hauptsäch lich der florentinischen. Zwei große literarische Unternehmungen, deren Verleger Vieussieux wurde, entsprangen diesem Verkehr in den Räumen des Palazzo Buondelmonte, Beide, sowohl das „Lrobivia storioo italiano" als die große Revue für Wissenschaft, Literatur und Künste,,!-'ä-ototogia" waren bestimmt, die Vater landsliebe zu wecken und wachzuhalten in einer Zeit, wo die selbe ein Verbrechen war. Die Censur vermochte dem Archivio wegen seines streng wissenschaftlichen Gewandes nicht beizukommen. Die Antologia dagegen mußte in den Reactionsjahren nach 184g ihre Veröffentlichung einstellen, bis sie unter dem Namen „Uuova. Lutoloxin" vor neunzehn Jahren, nachdem Italien seine poli tische Einheit erkämpft hatte, zu neuem und kräftigem Leben erstand. Auch das ärolnvio storiao erlitt eine kurze Unterbrechung, aber aus anderen Ursachen, Nach Vollendung der ersten großen Hauptserie, welche sich besonders mit der Herausgabe unedirter Dokumente beschäftigte, verwandelte es sich in eine historische Vierteljahrsschrist, welche heute noch niit gleichem Erfolge fort erscheint, Schuf aber Vicusseux in seinem Archivio einen uner setzlichen Schatz historischer Quellen, welcher den vielen späteren italienischen Publikationen aus demselben Gebiete zum Borbilde in der Behandlung der Geschichte der verschiedenen Regionen Italiens — wie z, B, dem in Venedig erscheinenden „Lrobivio Vsnoto" — diente, so eröffnete er in der Antologia der italienischen Literatur jener Zeit einen Tummelplatz, auf dem die besten Schriftsteller Italiens ihre ersten Sporen erwarben. Noch heute nimmt die „bluova Lntolozia", welche jetzt in Rom erscheint, in Italien den Platz ein, den in Frankreich die „korno ckss ckvux monckos" seit vielen Jahrzehnten zu behaupten weiß, Die Thätigkeit Le Monniers in der Arnostadt war anderer SSö*
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