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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 26.08.1937
- Strukturtyp
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- 1937-08-26
- Erscheinungsdatum
- 26.08.1937
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- Deutsch
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Der Vorstoß ins Volk Es wurde von jeher darauf gesehen, daß der Lebensmittel händler einwandfreie Ware verkauft. Das ist Dienst an der Volks gesundheit, dessen Wirkung deutlich ersichtlich war: mit der Strenge der Kontrolle gingen gleicherweise viele ansteckende Krankheiten zurück. Es wurde und wird aber ebenso darauf ge sehen, daß der Buchhändler einwandfreie Bücher führt. Auch das ist Dienst an der Gesundheit aller: nie mehr sollen Deutsche einer planmäßigen Verhetzung zum Opfer fallen! Und da? zumindest ist ja auch erreicht worden in den letzten vier Jahren. — Was ist nicht erreicht worden? Die Frage klingt zunächst ein wenig befremdlich. Die Mehr zahl der Sortimenter ist heute der Meinung, alles sei in schönster Ordnung. Jüdische Bücher sind aus deutschen Geschäften verbannt. Wir besitzen vorbildlich arbeitende Organisationen, um die uns die ganze Welt beneidet; und überhaupt: unzählige Verbesserun gen, Erleichterungen, Hilfen wurden geschaffen, deren Auszählung hier nur ermüden könnte. Und es istwirklich nicht unbescheiden, wenn man heute feststellt, daß der Staat getan hat, was des Staates war. Alles weitere liegt an uns, an den Verlegern, an den Sortimentern. Darf man zum Beispiel folgende Frage stellen: Warum wird für das Buch nach wie vor und nahezu ausschließlich in den soge nannten »besseren« Kreisen geworben? Die Versuche von privater Seite, durch einen Planmäßigen Feldzug für das Buch den deut schen Arbeiter und den Bauern als Leser zu gewinnen, sind zu zählen. Man sehe einmal in mehreren Buchhandlungen die Kun denkarteien durch! Sie sprechen eine nur allzu beredte Sprache. Und die Ausrede, daß Arbeiter und Bauern keine Bücher lesen wollen und demnach eine Werbung ohne jeden Sinn bleiben müßte, hört man immer noch so oft, daß man sich eines Staunens nicht erwehren kann. Ist es uns ernst mit der Parole: »Das Buch ins Volk!« oder betrachten wir sie nur als Spielerei oder gar als eine Utopie? Gewiß, die Schwierigkeiten sind groß; niemand wird das verkennen. Aber es bleibt unsere Aufgabe, eben diese Schwie rigkeiten zu überwinden. Daß sich die Arbeit, aus die Dauer gesehen, wohl lohnt, dafür gibt es Beispiele genug. Man darf nur nicht gleich am Anfang die Flinte ins Korn werfen. Und hier kommt es ja auch hauptsächlich auf die Methode an. Es ist vollkommen verfehlt, in den Briefkasten einer Arbeiter wohnung Prospekte usw. einzuwerfen. Auf diese Weise wird der Buchhändler umsonst warten, daß nun dieser Mann seinen Laden betritt. Geschickt geschriebene und vor allen Dingen persönlich ge haltene Briefe dürften schon eher Erfolg haben. Die zweifellos beste Methode bleibt jedoch der persönliche Besuch. Ein mir be kannter Sortimenter hat damit ganz überraschende Erfolge erzielt. Es gelang ihm, bei fünfzig Besuchen mit der Zeit achtunddreißig Bücher abzusetzen. Allerdings bearbeitete er dieselben Leute auch noch schriftlich nach. Die Spesen waren nicht unerheblich, zumal für den Absatz überwiegend sogenannte billige Ausgaben in Frage kamen, bei denen die Verdienstquote ohnehin klein ist. Aber hier wird es eben in Zukunft die Menge machen. Interessant ist, daß im Verlauf von vier Wochen elf Leute bereits ein zweites Buch kauften oder bestellten, also sozusagen Dauerkunden der Buch handlung zu werden versprechen. Man denke: Menschen, die vor her noch nie oder doch nur sehr vereinzelt überhaupt eine Buch handlung betreten hatten! Man sieht also, was ein Sortimenter erreichen kann, der alle Vorurteile ablegt und das Wort »es geht nicht- aus seinem Vokabular gestrichen hat. Und es ist, recht besehen, eigentlich un faßbar, daß ein solcher Mann nahezu vereinzelt dasteht und wie eine Art Wundertier geschildert werden muß. Das, was er tat: es sollte eine Selbstverständlichkeit für alle sein, ja, eine Pflicht. Und zwar eine gern geübte; denn gibt es eine schönere Aufgabe, als tatkräftig -daran mitzuhelfen, der Kunst den Weg ins Volk zu bahnen? Der sogenannte »ungebildete- Mann ist heute längst aus jener Vereinsamung gerissen, die es früher erlaubte, ihn zum Menschen zweiter Klasse, zum »Proletarier» zu erniedrigen. Die Arbeitsfront und in ihr die NS.-Gemeinschast »Kraft durch Freude» nimmt sich im Rahmen des Möglichen eines jeden an. Trotzdem: Manche, und nicht die Wertlosesten, fühlen sich isoliert. Und dies beruht auf psychologischen Ursachen, weil auf der anderen Seite die »Gebildeten- keineswegs daran denken, von ihrem gei stigen Besitz etwas abzugeben, sondern sich im Gegenteil hoch mütig absondern und immer wieder versuchen, eine Kaste für sich zu bilden. Wie wäre es, wenn der Buchhändler einmal be gänne, damit endgültig aufzuräumen? Wenn er einen Vorstoß ins Volk unternähme, der, von breitester Front getragen, einen ungeheuren Widerhall finden müßte? — Daß das auch finanziell Wohl möglich ist und daß man dabei keineswegs «draufzuzahlen» braucht, ist bewiesen worden. Die Mühe lohnt sich also, früher oder später. Schu. Deutsche und französische Zungbuchhändler auf dem „Schauinsland" bei Freiburg Aus Karlsruhe wird uns geschrieben: Die Arbeitswoche des Gaues Baden, die Ende Juli als internationales Treffen veranstaltet wurde, kann als gut gelungen bezeichnet werden. War die Teilnehmer zahl infolge der kurzen Vorbereitungszeit auch verhältnismäßig ge ring, so hat sich doch ein Kreis von Menschen zweier Nationen ge troffen, der in kameradschaftlicher Zusammenarbeit und gemeinsamer Erholung das Verständnis untereinander förderte. Sicherlich war das Ganze nur ein kleiner Beitrag zu der großen zu lösenden Aufgabe der Völkerverständigung. Aber es war doch ein Stück Leben, das viele theoretisierende Bücher aufwiegt. Die Leitung der Woche lag bei Unterbannführer vr. Fritz Bran, Hauptschriftleiter der Deutsch-Französischen Monatshefte. Mit ruhiger Sicherheit lenkte er alle Ausführungen immer wieder auf das Hauptthema hin: »Buch und Schrifttum als Mittler zwischen den Völkern«. Der Hauptreferent, Literaturhistoriker vr. Adolfvon Grol - man, gab der Arbeitswoche das geistige Gepräge. Vorträge, Gespräche und Plaudereien, deren Mittelpunkt er war, schufen eine lebhafte, dabei wohltuende geistige Atmosphäre. Jener Abend in seiner Klause, an dem er über »Rilke und George in kulturpolitischer Sicht« sprach, wird allen Teilnehmern unvergeßlich sein. Ein schönes Gegenstück zu seinem Vortrag über »Deutscher Geist und deutsches Wesen« bildeten die Ausführungen des jungen französi schen Buchhändlers Gillon über den »Französischen Geist«, den er treffend auf Maß, Logik und Form zurückführte. Der Landesleiter der Reichsschrifttumskammer Sepp Schirpf zeigte in einem Vortrag über »Weltanschauung und Kultur« den Auf bruch des Nationalsozialismus aus dem Kriegserlebnis, die Kultur als Gestaltwerdung des deutschen Lebens in der Gemeinschaft, die buchhändlerische Wirksamkeit in ihr. In berufspraktischen Arbeitsgemeinschaften wurde die Organi sation des Verlags- und Sortimentsbuchhandels in beiden Ländern besprochen. Erich Haake (Essen) besprach Neuerscheinungen und gab Proben daraus, die zu temperamentvollen kritischen Stellung nahmen veranlaßten. Raymond Foltz (Paris) zeigte am Beispiel eines neuen Buches von Duhamel, wie der französische Geist trotz allem Indi vidualismus seit Jahrhunderten seine Einheit und Disziplin bewahrt hat, durch die er an das Schicksal der Nation fest gebunden ist. Schriftleiter vr. Nöhrdanz (Karlsruhe) behandelte das neue Verhältnis von Presse und Buch in einem sehr aufschlußreichen Re ferat. Den Charakter der oberrheinischen Landschaft erklärte Professor vr. M e tz, der Rektor der Universität Freiburg. Seine Darstellung wurde nach der geschichtlichen Seite durch eine Lesung aus dem soeben erschienenen Buch »Deutsche Geschichte am Oberrhein« von vr. Rapp ergänzt, sodaß auch die von ferne gekommenen Teilnehmer unser Land am Oberrhein, das sich von den Hängen des Schauinsland so weithin dem Blick erschließt, tiefer kennenlernten. (Fortsetzung siehe Seite 676) 674
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