Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.04.1937
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1937-04-03
- Erscheinungsdatum
- 03.04.1937
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19370403
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-193704035
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19370403
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1937
- Monat1937-04
- Tag1937-04-03
- Monat1937-04
- Jahr1937
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Und damit sind wir zum Schluß wieder bei der Idee angelangt. Glaube niemand, daß Bücher wegen schöner bunter Fensteraus- schmückungen gekauft werden. Man kann sich gewiß darüber sehr freuen, aber Bücher werden (und wir wünschen es uns als Buch händler sehnlichst) wegen ihres Inhalts gekauft. Jeder Verlag stelle deshalb seine Sonderfenster weitgehend darauf ab, die Werte, Auf gaben und Bedeutung eines Buches für den möglichen Käufer herauszuarbeiten. Wenn er feine schönen Entwürfe des Werbe graphikers dann vorher noch einem Praktiker im Buchhandel vor legt, dann kann zumindest vermieden werden, daß so viel Fenster material schlecht verwandt wird, wenn nicht gar überhaupt liegen bleibt. Auch aus diesem Gebiet gilt das mahnende Wort: Kamps demBsrderb! Dazu noch ein Vorschlag: Eine Schaufenstermaßliste und ein Vilderadreßbuch Wenn heute Verleger Material für ein Sonderfenster heraus bringen, so werden sie ein Mittelmaß wählen, das ihrer Ansicht nach den baulichen Verhältnissen der meisten Fenster entspricht. Will man ein übriges tun, so bringt man das Sonderfenster in einem Groß- und einem Kleinformat heraus und hofft aus entsprechende Bestellung. Das ist gewiß ein Fortschritt gegenüber früheren Ver hältnissen, aber es ist eben doch nur eine halbe Maßnahme. Wäre es nicht ungleich vorteilhafter, wenn der Ver lag die äußeren baulichen Verhältnisse jeder Firma kennen würde! Vielleicht machen sich hier und da schon die Verlagsvertreter Aufzeichnungen, aber als allgemein durch geführte Maßnahme ist das bis jetzt noch von keinem deutschen Ver lag bekannt geworden. Dabei ist die organisatorische Durchführung dieser »Schausensterstatistik« gar nicht einmal so schwer. Ein großes deutsches Werk für Schulartikel und Bürobedars rüstete zu diesem Zweck seine Vertreter mit Fotoapparaten aus. Im Laufe eines halben Jahres sammelte dases Werk die Schaufensteraufnahmen seiner gesamten Kundschaft und notierte auch noch Maße und wichtige bauliche Angaben hinzu. Die kleine Mühe der Reisenden hat sich nach eigenen Angaben der Firma reichlich gelohnt. Man kann nun mit Leichtigkeit vom Werk aus beurteilen, welche Dekorationsmittel bei den einzelnen Firmen überhaupt räumlich in Frage kommen. Was im Bürobedarf-und Schulartikelh, adel von einer einzigen Firma für die Organisierung der Schaufensterwerbung getan wurde, ist bei den ganz anders gelagerten Verhältnissen im Buchhandel nicht ohne weiteres durchzuführen. Man wird mit Recht entgegenhalten, daß die Mühe in keinem Verhältnis zu den tatsächlichen Einsparungen stehen würde. Was aber einem einzelnen Verlag nicht möglich sein wird, kann das nicht vom ganzen Stand mit Erfolg durchgeführt werden? Es ist durchaus denkbar, daß einmal Fragebogen verschickt werden, auf denen die Fenstermaße und Eigenarten zu vermerken sind. Falls man die statistische Fensterersassung noch besser ausbauen wollte, käme auch eine photographische Sammlung aller Fenster oder Ladenfrontbilder durch den Verlag in Frage. Und wenn auch das nicht durchführbar erscheint, so könnten sich einige Großverlage, die mehrfach im Jahre Sonderfenstcr herausbringen, z^sammentun und durch ihre Vertreter eine solche Bestandesaufnahme der Schaufenster des deutschen Sortiments erreichen. Einmal durchgesührt, würde das sich nicht nur zum wirtschaftlichen Vorteil für den Verlag auswirken, sondern auch das Sortiment hätte Vorteil davon, denn es bekäme künftig nicht mehr so viele bei ihm nicht verwendbare Werbe materialien. Zunächst muß es als eil e freundliche Vision erscheinen, daß vielleicht einmal eine Art Bilderadreßbuch vorliegt. Aber keines wegs ausgeschlossen sollte es sein, daß schon jetzt eine (nicht bebilderte) Schaufenster-Maßliste herauskäme oder daß im Wreßbuch des Deut schen Buchhandels solche Angaben enthalten wären. Selbst wenn es sich nicht erreichen ließe, daß alle Firmen Angaben machten, wäre das nützlich. Es hätten in diesem Falle eben wirklich nur die Firmen den Vorteil dieser Maßnahme, die diese Statistik unter stützten. Und darauf kommt es ja an. Wer nimmt die Anregung aus? Charlotte und das Buch Von Dr. Karl Robert Popp Sie ist ein frisches und frohes junges Mädel und seit einigen Jahren in der Verwaltung eines großen Industrieunternehmens tätig. Vor sechs Uhr abends kommt sie selten zurück. Sie ißt nun »zu Mittag- und spielt dann etwas auf dem Klavier, weil es ihr Freude macht und um nicht aus der Übung zu kommen. Oft liegen dann Strümpfe da, die zu stopfen sind, andere häusliche Arbeiten harren der Erledigung, ab und zu müssen Briefe beantwortet werden. Wenn die Hausarbeit getan ist, sehnt sich Charlotte nach Entspan nung. Sie geht dann wohl mit ihrem Verlobten in ein Theater, sieht sich einen guten Film an oder hört Musik. Sie versteht sich sehr gut mit ihrem künftigen Mann, ihre Unterhaltung bereitet beiden Freude, und mit den Eltern lebt sie in bestem Einvernehmen. Schade, daß die Abende so rasch und wie im Fluge vergehen! Ehe man sich's versah, ist schon Schlafenszeit, und die muß eingehalten werden, wenn man am andern Morgen frisch und schaffenskrästig sein will. So vergingen Tage, Wochen, Monats. Charlotte wurde nach denklich. Sie fühlte immer stärker, daß ihr etwas fehlte, etwas sehr Wichtiges. Einmal dachte sie an ihre Schulzeit zurück, die ihr immer mehr als eine sorgenlose und glückliche Kette von Tagen erschien. Und da wußte sie, welche Lücke in ihrem Leben war. Das Buch fehlte, das gute Buch und die reichen Stunden der inneren Ver tiefung! Ja damals, da hatte man sich hingesetzt und Zeit gesunden, sich so recht innig in ein Buch hineinzulesen. Wie schön das war! Storm war ihr Lieblingsdichter. Seit wann hatte sie nicht mehr in seinen Novellen gelesen? Und wie viele Bücher und Dichter gab es, die auf sie warteten, um sie beschenken zu können! Es wäre so schön, sich wieder einmal in ein Buch zu vertiefen wie damals, aber — woher die Zeit nehmen? Seht ihr, nun hätte manches Mädchen resigniere»-', gesagt: »Ja, ich habe eben keine Zeit mehr zum Büchertesen.« Nicht so Charlotte. Bon früh an war sie daran gewöhnt, ihren Blick mit festem Willen auf ein erstrebtes Ziel zu richten, und sie wußte, wieviel sie solcher Energie verdankte. Mit diesem Willen und ihren Fähigkeiten war sie bis zur Reife die Klassenbeste, schwamm sie sich in wenigen Tagen frei, erreichte sie die begehrte Stellung im Leben. Und nun setzte sie sich ein neues Ziel: Ich will in jeder Woche einige Lesestündchen für mich haben! Was soll man große Worte machen: Sie wollte, und es gelang ihr. Ohne die rastlose Tätigkeit ihrer Pflichten ein- zuschränken, brachte sie es fertig, unwichtigere Dinge zurücktreten zu lassen, daimt die Lesestunde zu ihrem. Recht käme. Und selten hat sich ein fester Willensentschluß in ihrem Leben so gelohnt wie dieser. Charlotte wurde ein neuer Mensch. Fernen taten sich ihr auf, die ihrem Alltag sonst verschlossen blieben, das reiche, bunte Leben umfing sie, und mit frohem Herzen glitt sie im Kahne der wahren Dichter über den Strom der bewegten Zeit. Immer neue Schätze boten sich ihren erstaunten Augen dar, immer neue Ausblicke entschleierten sich ihr. Aus den geliebten Lescstunden erwuchsen ihr Anregungen und Gedanken in Fülle, ihr Verlobter erkannte in dankbarer Freude, welche reichen Gaben sich in seiner Braut entfalteten und zum Lichte drängten. Für beide begann eine neue und schöne Zeit gegenseitigen Gedankenaustausches, die sie ein ander noch näher brachte. Charlotte aber bestand von nun an »eisern» auf ihre Lesestunden, denn sie hatte erkannt, daß hier die Quellen waren, die aus der Einförmigkeit des alltäglichen Lebens hervorsprudelten und sie in ein höheres Sein trugen. »Bald werden wir heiraten«, sagte sie zu ihrem künftigen Mann, »und in meinem Leben wird sich vieles ändern. Ich freue mich darauf, eine gute Hausfrau zu werden. Eines aber wird bleiben: Meine Lesestunde.« Und er — was konnte er anders tun, als sich von Herzen über einen solchen Entschluß zu freuen? — Warum ich das erzähle? Nun, geht es uns denn nicht allen in vielen Dingen so wie Charlotte? Unsere Tätigkeit nimmt uns — so scheint es — restlos in Anspruch. Wir haben keine Zeit, Bücher zu lesen, aber wir wissen um eine geheime und starke Sehnsucht nach Büchern, eine Sehnsucht, die immer in unseren Herzen wach bleibt. Haben wir wirklich gar keine Zeit? Nehmt euch ein Beispiel an Charlotte: Man muß nur wollen! Nr. 75 Sonnabend, den 8. April 1987 sss
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder