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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.01.1937
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- 1937-01-14
- Erscheinungsdatum
- 14.01.1937
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- Deutsch
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Wie Buchhändler Müller seinen „Ladenhütern" zu Leibe rückt! Wer kennt sie nicht, diese Sorgenkinder, — die Ladenhüter! Spätestens bei der Jahresinventur wird man immer wieder vor die Tatsache gestellt, daß Buch- und sonstige Bestände vorhanden sind, die mit Pech behaftet scheinen, — sie feiern alle Jahre fröh liches Wiedersehen, sie wollen und wollen keinen Käufer finden. Und was in jenen Sachen für Geld steckt! Das merkt man erst dann, wenn man mal alle Regale und Schränke auf die Laden hüter hin durchsieht, auf einem großen Tisch zusammenträgt (machen Sie's mal, — Sie werden staunen, wie groß der Tisch sein muß!!) — und dann zusammenzählt, was sie für einen Wert darstellen. Da gehen einem die Augen über! Jetzt weiß man, woher das kommt, daß es immer an barem Gelds fehlt. Wenn man den Wert, der in den Ladenhütern steckt, in barem Gelde zur Verfügung hätte, könnte man so manche Rech nung pünktlicher bezahlen. Dann würde vielleicht am Ende des Jahres auch einmal etwas zum Zurücklcgen übrigbleiben! »Man sollte sich die Sache mit den schlecht gehenden oder ganz liegengcblicbenen Büchern wirklich einmal gründlich über legen«, sagte sich Herr Müller, als er einmal ähnliche Gedanken gänge wie die soeben geschilderten hatte. »So geht das keinesfalls weiter. Ich will endlich einmal einen ganz klaren überblick über das Geschäft bekommen und da muß in alle dunklen Stellen hin eingeleuchtet und aufgeräumt werden, — auch wenn es mal Arbeit und Zeit kostet.« Und so legte Herr Müller eines schönen Tages los. Systema tisch ging er jedes Regal, Fach für Fach durch. Und was da manch mal hinter der ersten Reihe auftauchte! Da waren Bücher und Schriften, von deren Vorhandensein Herr Müller keine Ahnung mehr hatte. Er legte alles heraus, was er seit Jahren liegen wußte oder was ganz selten ging. Er trug alle diese Bücher in sein Kontor und legte sie dort nebeneinander einzeln auf, um einen ganz ins einzelne gehenden Einblick zu bekommen. Nun stand Herr Müller vor der Frage: Wie soll ich diese Bücher verwerten, um einen annehmbaren Preis zu erzielen? Um eine Lösung zu finden, ging Herr Müller noch einmal jede einzelne Schrift durch und stellte sich bei jedem Buche vor: Für wen könnte sie noch irgendein Interesse haben? Und diese Durchsicht vom Standpunkt des eventuellen Kundeninteresses hatte einen überraschenden Erfolg! Da waren z. B. eine Anzahl betriebswirtschaftlicher Bücher und handelswisscnschaftlicher Schriften. Wenn man sich mal an Diplomkauflcutc und ähnliche Berufe wendete, ob sie zur Vervoll ständigung ihrer Bibliothek dieses oder jenes Buch . . . Und so stellte Herr Müller eine Liste dieser Bücher zusammen, entwarf einen Begleitbrief dazu, in dem er auf den Wert einer vollständigen Literatur auf bestimmten Gebieten hinwies, und ver sandte diese Liste mit dem Brief an: 1. Diplomkauflcute, 2. Diplom- Handelslehrer und Handels-Studienräte, 3. Handclslchranstalten, 4. Privathandelsschulen, 5. Wirtschaftstreuhänder, 8. die DAF., Abt. übungssirmcn. Der Erfolg war über Erwarten gut. Außer einiger Steuer- litcratur, die gänzlich überholt war, blieb fast nichts übrig. Diese Reste kamen in eine große Kiste, deren Inhalt zum Verkauf als Altpapier bestimmt wurde. Da war eine Anzahl Bücher über Reklame. Wer hat eine werbewisscnschaftliche Bibliothek? Herr Müller wandte sich an die Reichsfachschaft Deutscher Wcrbesachleute und fragte an, ob es in seiner Stadt eine Ortsgruppe gäbe bzw. wo die nächstgelegene sei und von wem sie geführt würde. Es stellte sich heraus, daß es in der Stadt siebzehn Herren gab, die der Ortsgruppe angehörten. .Hier führte ein Angebot an die Adressen, die er bereitwilligst er hielt, sogar zu vollkommenem Absatz, ja, Herr Müller mutzte drei Bücher nachbestellcn, obwohl er sie nur zum vollen Ladenpreis liefern konnte. Es sei hier gleich hinzugefügt, daß die Verbindung mit diesen Herren sich in späterer Zeit in bezug auf den Verkauf von Neuerscheinungen außerordentlich günstig entwickelte. Einige ließen sich ein Dauerkonto einrichten. Der größte Teil der Ladenhüter bestand aus schöngeistiger Literatur. Für den Absatz dieser Bücher hatte Herr Müller eine famose Idee. Das heißt: nicht er selbst war darauf gekommen, son dern seine Gehilfin, die dafür eine Belohnung einstreichen konnte. Also die Sache war so: Bei der Frage, wohin mit den Büchern, entsann sich Fräulein B. ihres verregneten Urlaubs, den sie diesen Sommer gehabt hatte, und wie die ganze Pension in jenen Tagen auf der Jagd nach Lesestoff gewesen war. Wie wäre es, wenn man solchen Pensionen zu herabgesetzten Preisen diese liegengebliebenen Bücher anböte? Und was tat der findige Herr Müller? Er ging zum Ver kehrsverein und ließ sich von verschiedenen Badeorten eine ganze Anzahl Fremdenheim- und Pensionsverzeichnisse geben. Nähere Anschriften waren in diesen Orten ja nicht notwendig. Alle ge eigneten Sachen, auch Kinderbücher, wurden herausgesucht, in einer Liste zusammcngestellt, die Preisangabe gleich dazu, und zwar früherer Preis, heutiger Preis und dann entwarf Herr Müller in mehrstündigem Grübeln, von Tabakswolken umhüllt, den folgenden Werbebrief, der dann einen so schönen Erfolg hatte: Wenn es Bindfaden regnet ... und im Haus die Gäste aus Schönwetter warten, da kommt es darauf an, ob Sie dafür vorgesorgt haben, daß Ihre Gäste auch bei solchem Wetter ihre llrlaubstage nett ver leben und nicht nörgelnd aneinander anstecken, — bis einer nach dem anderen die Rechnung verlangt und die Koffer packt, — weil es ihm zu langweilig ist! Ein wunderbarer Zeitvertreib in trostlosen Regentagen ist ein schönes, spannendes Buch. Aus diesem Grunde werden Sie ja bereits eine kleine Bücherei angelegt haben. Wollen Sie die nicht vergrößern? Ich lege diesem Briefe eine Liste von Büchern bei, die ich zu ermäßigten Preisen abgeben kann, weil sie mein Lager unnötig belasten. Jetzt im Winter haben Sie schon mal eine Stunde Zeit, in der Sie selbst etwas lesen können. Und wenn Sie dann im Sommer bei Regentagen Ihren Gästen ein Buch empfehlen wollen, ist es immer nett, wenn Sie es selbst gelesen haben, nicht wahr? Über die Bezahlung dieser Buchsendungen brauchen wir uns zunächst keine Kopfschmerzen zu machen. Ich warte, bis die Saison wieder beginnt und Ihnen die Bezahlung leich ter wird. Wenn Sie aber die Rechnung binnen vier Wochen ausgleichen können, gewähre ich Ihnen 3"/» Skonto. Dieses Buchangebot ist etwas Einmaliges, denn ich will ja nur einen Teil meines Bestandes abstoßen. Nehmen Sie doch gleich mal die Liste zur Hand und schrei ben Sie mir, welche Nummern Sie wünschen. Heil Hitler! Die Büchcrliste enthielt folgende Angaben: Eine laufende Nummer, nach der bestellt wurde, Verfasser- und Titelangabe, alter Preis, herabgesetzter Preis und in zwei bis drei Zeilen eine kurze Inhaltsangabe. Mit diesem Briefe und den Listen machte Herr Müller zunächst einen Versuch nach fünf Ostseebädcrn an etwa fünfundsiebzig Anschriften. Darauf gingen zwölf Bestellungen ein. Ein Nachfaßbrief brachte weitere sieben Bestellungen. Bei der Versendung der Bücher legte Herr Müller einige Prospekte von Neuerscheinungen bei, die zu Bestellungen führten. Heute hat Herr Müller ein kleines Versandgeschäft nach Bade- und Kurorten, und zwar nicht nur in Büchern, sondern auch in Noten. Die Zahlungen werden im allgemeinen erst zur Saison vorgenommen. (Es ist aber verfehlt, bis zum Saisonschluß zu warten!) Bei der Durchsicht der Ladenhüter dachte Herr Müller auch an Krankenhäuser, Heilanstalten, Kliniken, Waisenhäuser usw. Auch dahin konnte er einige Büchcrscndungcn untcrbringcn. Ein Berufs kamerad von Herrn Müller, dem dieser einmal von seiner Laden hüteraktion erzählte, ging so vor, daß er einigen Fabrikbetrieben, 35
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