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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.06.1917
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1917-06-29
- Erscheinungsdatum
- 29.06.1917
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- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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^ 149, 29. Juni 1917, Redaktioneller Teil. Börsenblatt f, d. Dtschn. Buchhandel. Der gute Handwerker von heule ist der gute Lehrling von gestern. Gewichtige Frage — die Lehre! Der Kongreß des Buches Hai sie auf sein Programm gesetzt und vom praktischen Gesichtspunkt unserer Gewerbe geprüft. Herr Auguste Keufer yai einen beachtenswerten Bericht über die Frage erstattet. Hier ist noch alles zu tun; denn von dem alten Lehrstatut besteht nichts mehr. Jetzt läuft der Lehrling, vielmehr der vorgebliche, sogenannte Lehrling, von einer Firma zur andern aus der Suche nach Lohn oder wenigstens einem Zuschuß, sehr viel weniger darauf bedacht, als tüchtig in seinem Fach zu glänzen, als viel und möglichst bald zu verdienen. Er verzehrt seine Zukunft im voraus. Keinerlei festes Band zwischen dem Prinzipal, seinem Lehrer, und ihm. Er kommt den einen Tag, bleibt am andern weg, und man sieht ihn nicht wieder. Welche gewerklichen Fähigkeiten kann man von solcher Unstetigkeit erwarten? Vor allem ist es für eine Zukunst des französischen Buches und den Nachwuchs seiner gewerklichen Hersteller nötig, daß die gegen seitigen Pflichten von Lehrherrn, Lehrling und Familie durch einen Lehrvertrag, wie ihn das Gesetz von 1851, und zwar mit rechtsverbindlichen Unterschriften, vorschreibt, sestgelegt werden. In der Schweiz, in Österreich, in Deutschland müssen selbst Punktierer und Bogenführer einen regelrechten Befähigungs nachweis vorlegen, und ihr technisches Können ist sehr gut. Wes halb sollten wir von unseren buchgewerblichen Mitarbeitern, deren Aufgabe doch mehr Kenntnis und Begabung erfordert, weniger verlangen dürfen? Würde es sich endlich nicht auch gehören, daß der junge Lehrling außerhalb der Arbeitszeit den Weg zu Unterrichtsstunden im Zeichnen, in der Stilkunde, in fremden Sprachen finden könnte, damit die jährlichen Wett bewerbe und Arbeitsausstellungen seinen Ehrgeiz stacheln, ebenso auch Stipendien zu Reisen in Frankreich und im Ausland als Belohnung der Tüchtigsten; sie würden seinen Gesichtskreis er weitern, sein Verständnis bereichern. Um ein guter Handwerker zu werden, muß man sich über sein Handwerk erheben können, es völlig beherrschen, um es besser zu verstehen und um so mehr zu lieben. Freilich, ohne entschlossene Mitwirkung des Parla ments, deren sich — so wünschen wir — der nächste Kongreß des Lchrlingswesens versichern wird, dürsten auch die heißesten Wünsche unseres Kongresses des Buches eben nur platonische bleiben. Es bleibt noch eine andere Hauptfrage zu erörtern: bei Schutz unserer nationalen Erzeugung und die Frage der Zoll« larisc. Bis auf den heutigen Tag hat bei uns allen, die wir uns der möglichst weiten Ausbreitung menschlicher Gedanken in der Welt ergeben haben, die wohlgesinnte Meinung über wogen, den im Druck niedergelegten Gedanken das Vorrecht unbehinderten freien Verkehrs zu gönnen. Auf allen internatio nalen Kongressen haben die Verleger, oft selbst gegen ihr eigenes materielles Interesse, daraus bestanden, daß dem freien Laus der Gedanken keinerlei Hindernis in den Weg gelegt werden dürfe, daß der Verbreitung der Literatur, der Wissenschaften und Künste über die Welt keine Fessel angelegt werden solle, so leicht diese auch sei. Keine Grenzen für das Buch; es gehört der ganzen Welt! Keine Grenzen; — folglich auch keine Zölle. Kein Zoll also auch für das Buch in englischer oder russi scher oder spanischer oder italienischer Sprache, das zu uns hereinkommt. Keinem von uns wird es in den Sinn kommen, auf einen Grundsatz zu verzichten, der von hoher Gesinnung zeugt und uns teuer ist, etwa beim Anblick des Werkes eines englischen Philosophen, eines russischen Romanschreibers, eines italienischen Dichters zu rufen: »Zahlt oder bleibt draußen. Kommt durch das Zollamt, oder wir lesen euch nicht«. Daß aber ein in französischer Sprache im Ausland gedrucktes Buch, daß das Erzeugnis eines französischen Schriftstellers, von einem Auslandsverleger veröffentlicht, freien Zutritt bei uns haben soll, ohne auch nur einen Centime Zoll zu zahlen, während Papier, Pappe, Leinen, also Grundstoffe, die zu einem Buche gehören und die ein französischer Verleger unbedingt haben muß, um einen solchen Band herzustellen, beim Eintritt nach Frankreich mit hohem Zoll belegt werden, — nicht wahr?, das ist doch eine unleidliche Sachs. Noch ein weiterer Fall: unsere Großmut und Uneigennützigkeit kehren sich gegen uns selbst, und wir sind zuletzt diejenigen, die die Kosten zahlen. Ein französisches Verlagshaus, das für seine wohlfeile Sammlung unserer großen Klassiker genötigt und entschlossen war, den Kampf gegen einen ausländischen Konkurrenten aufzunehmen, — war diese Firma infolge der geschilderten unglaublichen Ver irrung unserer Gesetzgebung nicht kürzlich veranlaßt, ihre Bände draußen im Lande ihres Mitbewerbers Herstellen zu lassen, da es ihr wegen der hohen Etngangszölle sür Papier und Leinen nicht möglich war, sie in Frankreich zu dem gleichen billigen Preise herzustellen? Verwundern wir uns danach nur immer hin weiter über den außergewöhnlich großen Erfolg, den jene Sammlungen kleiner gebundener Bände zu äußerst billigem Preise bei uns gefunden haben, und die jedem — französischen Weitbewerb Trotz bieten. Von dieser Lage der Dinge, die den französischen Verlegern so überaus nachteilig ist, hat Deutschland Nutzen gezogen und uns mit seinen Büchern über internationales Recht, seinen hygienischen, medizinischen und geographischen Werken, seinen Baedekers in französischer Sprache, schließlich auch mit seiner verderblichen Erzeugung von Romanen für die Jugend, seinen Lieferungsheften von Nick Carter und Buffalo Bill, in unserer Sprache in Dresden gedruckt, in ungeheuren Mengen überhäuft. Ist es möglich, daß wir noch länger die Genarrten bleiben und daß unsere Verleger und Drucker ihren bester ausgerüsteten, über ein reicheres Handwerk verfügenden Konkurrenten mit gebun denen Händen zusehen? Der Kongreß des Buches hat es nicht für recht befunden, daß das französische Buch eher sterben solle, als ein Prinzip, und da die Zollsreiheit für Bücher in fremden Sprachen natürlich im ganzen ausrechterhalten blei ben sollte, so hat er mit vollem Recht vorsichtig bemessene und eben nur ausgleichende Schutzzölle aus Bücher in fran zösischer Sprache und Drucke internationalen Charakters, wie Mustknoten und graphische Kunstblätter, verlangt. Diese wer den uns erlauben, mit gleichen Waffen zu kämpfen. Ihren alten Grundsätzen getreu, mochten die französischen Verleger nicht mehr verlangen, weniger aber hätten sie — bei Todes strafe — nicht fordern können. Bet diesem Kongreß, von dem wir uns viel versprechen, halte sich auch die Universität von Frankreich beteiligt und ihre Stimme hören lassen. Durch den Mund ihrer Dekane und Professoren hat sie uns ihre Gedanken über das, was ihr be sonders am Herzen liegt, vermittelt. Den großen Wert klassi scher Texte, besonders der Griechen und Römer, bei denen wir noch in viel zu hohem Grade Deutschland tributpflichtig sind, hat uns ein ausgezeichneter Bericht der Herren Strowski und Rena Pichon erschlossen. Andernteils hat Herr Pelit-Dutaillis vor den Verlegern klar entwickelt, daß der Fortschritt unserer Ausfuhr nach dem Auslande entsprechend unserer beständig zunehmenden geistigen Ausbreitung gleichfalls andauern werde. War damit nicht zugleich gesagt, daß die Universität auch für den Erfolg des französischen Buches viel tun könne? In frühe rer Zeit übte sie eine strenge Aufsicht über unsere Korporation; sie schwebte gewissermaßen über ihr. Wenn die Zeit nicht mehr ist, wo sie den Bücherverkehr regelte, die Verkaufs- und Leih preise festsetzte, für die Buchhändler und »Stationäre« die Be freiung von Steuern, vom städtischen Wehrdienst und der Be wachung der Tore durchsetzte und sie bei jedem Anlaß mit ihrer Fürsorge schützte, so bleibt sie doch um nichts weniger für immer die große Lehrerin und Leiterin der französischen Jugend, die sicherste Beraterin und beste Mitarbeiterin der Verleger. Indem sie die fremden Studierenden zu sich heranzieht, nach außerhalb Frankreichs seine Vortragsmeister und seine Professoren ent sendet, ist sie es, die der Welt am besten Geschmack an unserer Literatur erwecken und Liebe zu unserem Denken und Fühlen vermitteln kann. Sicherlich, nach unserem Endsiege wird die Ausstrahlung Frankreichs zauberhaft sein; aber um sie uns zu erhalten und zu erweitern, müssen wir unermüdlich unsere literarischen und wissenschaftlichen Beziehungen zu den Völkern des Erdballs
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