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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 29.06.1917
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1917-06-29
- Erscheinungsdatum
- 29.06.1917
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Saxonica
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- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
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4364 Börsenblatt s. d. Dtschn. Buchhandel. Fertige Bücher. ^ 149, 29. Juni 1917. enthält folgende hochbedeutsame Besprechung Ser Roman „Judith Finsterwaiderin" von Meter Dörfler (Verlag Joses Kössl in Kempten) hebt mit dem Wort „Gewaltig" ^ ^ an, und kein leeres Versprechen dröhnt in solchem Austakt. Nicht weil das Lied einer donnernden Zeit hier gesungen wird, wo M die Menschen noch klirrend in schweren Rüstungen einhersahren, rauher Lärm die wüsten Tavernen schallend durchzieht, Krieg, M Pest und Rot ihre Wahnsinnsschreie gelten kaffen - nicht lm Motiv ist das Gigantische dieses Buches beschlossen. Seine psycho - ^ M logie, das lies aus dem Geistigen Hervorgeholte, ln die Flut der Bewegung und des tragischen Ringen« Gebrachte, weit über ^ Leben und Tod hinaus sich Vollendende, baut ihm seine Größe. „Die geheimnisvolle und unbewußte Lockung" schafft es, „die ^ in der Macht der Seele gründet". ^ Senn Judith, dem keuschen Heldenmädchen (das niemals aus irgendeiner Epoche, nur au« sich selbst heraus erklärt werden ^ 777V kann) begegnen wir nicht zum erstenmal in der Literatur. Kein« aber strahlt makelloser als sie. penthesileia nicht, in der Schar ^ ihrer Amazonen, Johanna von Orleans, die doch dem Liebespseil erlag, Ehitra, ihre Schicksaisschwefler aus Indien. Als ein ^ M holdes Mirakelbild erscheint uns da die deutsche Finsterwaiderin, ansang» herb noch, vom Gotischen und Gespreizten umsangen -s ^ (gleich der holzgeschnittenen Magdalena Tilman RiemenschneiderS), aber bald aus dem „Meistcrsingercant" und „Butzenscheiben- M ^ kringellicht" sehnsüchtig sortbegchrend nach Schönheitsfreud«, Wissen, Herzensglut und himmlichem Widerschein. Ser Glanz der M ^ Renaissance umspinnt schon das Werden des bedeutenden Kindes, das inbrünstig um ein Herz stehen muß- „hart wie Demant, ^ aus daß es widerstehe allen eigenen Wünschen und Schmeicheln des buhlerischen Selbst". Stolz, srank und srei wächst es, als ^ ^ Sprosse einer patriziersamiiie im „Schattenhause" aus, „nein" und „ich mag nicht" sind seine ersten Worte, immer verbösert es ^ sich, mit Raben, Dohlen und einer einsamen Tanne hält es naturhast Zwiesprache, und über die bludsunge Maid wird srühe »er- ^ ^ kündet: „Wir alle seind Büsche, Ihr ein g'rader Stamm!" Welcher Trotz, welche Gedankenstrenge! Heroismus eigentlich, der ^ alles Kleine, Beschränkte verachtet; es hängt nur flüchtig, wie blasser Herbstnebel an ihr . . . Und nun, als Gegenspiel zu ihrer ^ M wilden Unschuld, Giacomo, der ehrvergessene Schelm! Gewickelt in Schmutz und Lumpen wle ein Spuk von Laster, Gier und M 7 V Unzucht, Träger de« Bösen, ja, leibhastige Sünde selber. Ein Kamps hebt an, wie zwischen Engeln und Dämonen. An ihm s ^ lernt die Feuerseele Magd sein! „Hab wöllen Herrin sein!" M M Aber zuvor noch werden wir durch viele Zweisel und Spaltungen, peinliche Martern und zehrende Verworrenheiten einer ^ ^ schweren Übergangszeit durchgeieitet. Bald ist sie schon zur Einsicht gekommen, „daß die Feste des Herzens zu kostspielig sind". Z- ^ Traurig: „Die Welt nicht lasten können, und doch die Welt nicht lieben!" Humanistisch wird sie, eine lateinische Jungfrau, spielt Komödie ^ M in ihrer Friedlosigkeit und untersängt sich sogar (bereits mit dem Instinkt ihrer künftigen Bestimmung), Spinoza zu bekämpsen. ^ Erst als Seuche und Tod, durch Giacomo den Verfluchten eingeschleppt, aus den Häufen, hinaus in die Nacht wirbelnd, ^ M erkennt sie ihre wahre Mission: Eamariterin! Alles Blaustrümpfige, Konstruierte, Gottungewollte stillt jetzt von ihr, priesterlich ^ 7 wächst sie, und während das uralte pestiied, ein heißes Beschwören, durch die Wolken dringt, zieht die Gütebegabte in träum- M ^ wandierischem Zustand als Retterin von Tür zu Tür. „Eie ist als wie die Medizin", sagen die Kranken, „Nit süß zum Ein- M nehmen, aber heilsamb!" ^ M Judith, magisch schimmernd, wie aus dem Goldgrund getriebener Altäre, keine Aphrodite mehr, keine Virago, hat sich ^ M nach dem höchsten Ideale katholischer Mystik durch Mitleid wissend zur Gottheit erhoben. Nach der Ersüllung des Blutopsers ^ schmachtet fie. Schrecken und Finsternis reichen ihr dazu die Hand. Giacomo (Holossrnes) steigt in grandiosem Gleichnis - aus ^ M dem Höllenschlund, und „zu seiner zerknirschten Seele empfindet sie eine Liebe, wie sie noch keine je so heiß und selig gesuhlt hatte" ... ^ M Wie nun Dörfler dies raffelnde Material überlegen zwing«, wie alle Gestalten, nach außen Holbeinsche Kontur tragend, ^ ^ innerlich gesättigt sind von differenzierten, im unendlichen Kretslaus stets wiederkehrenden Problemen, das macht den Kontrast aus ^ M zwischen seiner Legende und dem üblichen, aus Kuliffenreiz und Theaterflitter sich stützenden, mit Recht so schlecht beleumundeten ^ n „historischen Roman". Einer, der die Dinge der Seele ernst nimmt! ^ M Zwar mutet die „Redeweis" altmeisterlich an, mit Schwäbisch-Bäuerlichem spielend vermischt, allein uns ist nur, als ranke M ^ sich auch hier die Lustigkeit blühender Akanthusblätter um eine starke Säule germanisch sestbegründeten Wesens. Edelgewächs! W Das Tempo Ist zu Beginn sachgemäß breit und ausladend, steigert sich jedoch mit den drängenden, leidenschaftlichen Geschehnissen, ^ M jagt atemlos an Seite des Blatternmannes und der apokalyptischen Reiter, hält inne zu Judith« Gebet (als ob man ein Kind ^ b wäre und Mutter einem zum ersten Male die Hände saltete) und geht dann in wuchtig-heiligen Rhythmen dem Ende zu. Feierliches ^ ^ Verklingen, tropsend leise. Aus dem Pathos kehren die Menschen zurück in den Frieden, zur Pflicht, In die anschmiegsame Ruhe. ^ Dies Werk aber und die Kraft, die es gebildet? „Geist, so einmalen lichten Schein gegeben, leuchtet immerzu ..." M Frigga Brockdorss-Noder. ^ A Vornehme Ausstattung von Kunstmaler Walter Thamm D I Ein Buch für fein wählendes Publikum D > Neue Auflage soeben erschienen I M Bestellzettel Ladenpreis Ml. 6.— gebt»., M. 5 — geh. Bestellen Eie M M liegt bei fest bez. bar Mk. 4.40 gebt»., Mk. 3.35 geh. noch heute D M Freiexemplare 4342 M ß Zos. Kösel'sche Buchhandlung / Kempten-München D D«WiW«WMWWM
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