Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 19.05.1900

3896 Nichtamtlicher Tech 115, 19. Mai 1900. Als eS zu dunkeln begann, flammten bisher unsichtbar gewesene Glühlampen in der Doppelwölbung der reich orna mentierten Saaldecke auf und brachten deren Schönheit zu vorzüglichem Ausdruck. Um diese Zeit aber war auch das Ende des schönen Festes erreicht. — Der Deutsche Buch gewerbeverein darf mit hoher Genugthuung auf diesen herr lichen Tag zurückblicken, der ihm und allen an seinem Werke Beteiligten zu einein unvergeßlichen Ehrentage geworden ist. Kleine Mitteilungen. Vom Reichstage, »llsx Heinze-, — Der Gesetzentwurf, betr. Aenderungen und Ergänzungen des Strafgesetzbuchs, die sogenannte -llsx Heinze-, wurde am 17. d. M. in dritter Lesung zu beraten be- onnen. Der Präsident Graf Ballestrem teilte mit, daß eine große lnzahlivon Anträgen handschriftlich eingegangen sei, die er, sobald sie gedruckt sein würden, verteilen lassen würde. Zahlreiche weitere Anträge wurden im Laufe der Sitzung eingebracht. Die Beratung be gann mit der namentlichen Abstimmung über den Antrag der Sozial demokraten zu A 360 des Strafgesetzbuchs, des Inhalts, daß die Ziffer 11 dieses Paragraphen (grober Unfug) auf die Erzeugnisse der bildenden und reproduzierenden Künste und der Presse keine Anwendung finden solle. Der Antrag wurde mit 210 gegen 80 Stimmen abgelehnt. Im übrigen kam an diesem Tage keiner der Paragraphen zur Beratung, die den Buch- und Kunsthandel berühren. Die Beratung wurde auf Freitag den 18. Mai vertagt. Erhöhung der Druckpreise. —Die hier schon angekündigte, von den Vorständen des Bundes und der Freien Vereinigung Berliner Buchdruckereibesitzer berufene Versammlung von Berliner Buchdruckereibesitzern, um geeignete Schritte zur Hebung der Ertrags fähigkeit der Betriebe zu beraten, hat am Sonntag den 13. d. M. in Berlin stattgefunden. Die Papierzeitung berichtet darüber folgendes: In der Versammlung wurde ausgeführt, daß die erhöhten Anforderungen in der Ausführung von Satz und Druck, die stetig sich mehrenden Anschaffungen moderner Schriften, die gegen früher verdoppelten Kosten brauchbarer Maschinen, die sich steigernden Beiträge zu den Kranken- und Jnvalidenkassen, die wachsenden Kosten der Unfall-Berufsgenossenschaft, die Anforderungen der neuesten Vundesrats-Verordnung zum Betrieb von Buchdruckereien, die gegen früher bedeutend erhöhten Löhne für das Hilfspersonal mit der gleichzeitigen gesetzlichen Beschränkung der Arbeitszeit des weiblichen Personals, daß dieses alles an den Ergebnissen des Gewerbes derart zehre, daß es unmöglich sei, mit den seit Jahren gebräuchlichen, aber ungenügenden Zuschlägen auszukommen. Die von etwa 90 Personen besuchte Versammlung schloß sich dieser Auffassung einstimmig an; es wurde der Wortlaut eines Cirkulars aufgesetzt, worin den Auftraggebern mitgeteilt wird, daß eine Er höhung der Preise für Satz und Druck um etwa 10 Prozent und für Papier ein dem Marktpreise entsprechender Aufschlag Platz greifen müsse. Das Cirkular wird von allen Beteiligten unter schrieben und in solcher Auflage gedruckt, daß jeder Unterzeichner die erforderliche Zahl für seinen Bedarf erhalten kann, ohne an dessen Versendung gebunden zu sein. Die Unterzeichner verpflichten sich aber, während der nächsten sechs Monate Arbeiten von neuen Kunden, die wegen der geforderten Preiserhöhung von dem bis herigen Drucker abgehen wollen, nicht auszuführen. In Zweifels fällen entscheidet über Annahme oder Ablehnung einer Arbeit ein Ehrengericht, in das die Herren I. Pormetter, L. Ullstein, O. Francke, Fränckel, H. Mitsching, R. Hertel und S. Lewin gewählt wurden. Die in der Versammlung Anwesenden Unterzeichneten das Cirkular fast ausnahmslos; weitere Unterschriften werden in den nächsten Tagen erwartet. Bibliothek des Kunstgewerbemuseums in Leipzig.— Die Bibliothek des Kunstgewerbemuseums in Leipzig hat seit der Uebersiedelung in das Grassimuseum ihren Besuch zwar fast ver doppelt (1896: 4843 Besucher; 1899: 8871), aber leider konnte sie, wie der Bericht des Direktors des Kunstgewerbemuseums l)r.Richard Graul über die Entwickelung des Museums innerhalb der letzten fünfundzwanzig Jahre (1874—99) beklagt, bei den geringen Mitteln ihr Ziel nur auf einigen Gebieten erreichen, was um so bedauer licher ist, als die jedes Jahr sich steigernde Zahl der Besucher den Nutzen der getroffenen Anordnungen und das Bedürfnis nach einem Institute erweist, das unter wissenschaftlicher Leitung den praktischen Anforderungen der Gegenwart auf das vollkommenste gerecht zu werden weiß. Der Bibliothek ist eine umfangreiche Ornamentstichsammlung und eine Sammlung von 15000 Photo- graphieen angegliedert. Aufhebung des Kalender- und Zeitungsstempcls in Ungarn. — Dem ungarischen Abgeordnetenhause ist ein Gesetz entwurf zugegangen, mit dem die Stempelpflicht der Kalender, Ankündigungen, Zeitungsannoncen, ausländischen Zeitungen und periodischen Druckschriften aufgehoben wird. Am 31. Dezember ). I. soll die Stempelpflichtigkeit der Kalender aufhören, am 30. Juni d. I. diejenigen der übrigen vorgenannten Gegenstände. Bis zu diesen Zeitpunkten einschließlich sind die fällig werdenden Stempelgebühren vorschriftsmäßig zu entrichten und können nicht erlassen werden. Die Stempelgebühren von den unverkauft ge bliebenen gestempelten Kalendern pro 1900 sollen, sofern diese Kalender bis zum 1. Dezember 1900 dem kompetenten Finanzamt eingeliefert werden und an denselben keine Spuren des Gebrauchs zu sehen sind, zurückerstattet werden. Die Kalender für das Jahr 1901 sollen schon im Laufe des Jahres 1900 ungestempelt verkauft und ausgegeben werden dürfen. Jubelfeier des Weltpostvereins. — Das nunmehr im einzelnen festgestellte Programm der Jubelfeier des Weltpostvereins in Bern ist folgendes: 2. Juli, vormittags: Feierliche Sitzung im Nationalratssaal, Eröffnung durch den Vorsteher des schweizerischen Post- und Eisenbahn-Departements, Bundesrat Or. Zemp; Wahl des Präsi denten zur Leitung der Perhandlungen; vorläufige Erörterung der Errichtung eines Weltpostvereins-Denkmals. Nachmittags 1 Uhr: Offizielles Diner im Bernerhos; abends Vereinigung auf dem Schanzli, bei ungünstiger Witterung im Kornhauskeller. 3. Juli: Kommissionsarbeiten; nachmittags bei gutem Wetter Fahrt auf den Berg Graten bei Bern, bei schlechter Witterung Konzert. 4. Juli, morgens 9 Uhr: Plenarsitzung zur weiteren Er örterung der Denkmalsfrage; nachmittags 4 Uhr: Abfahrt in einem Extrazuge nach Jnterlaken, um 7 Uhr Diner im -Hotel Victoria- daselbst. 5. Juli, morgens 8 Uhr: Ausflug nach der Wengernalp, Dejeuner daselbst; um 2 Uhr Abfahrt nach Grindelwald und Jnterlaken, um 6 Uhr Diner im -Hotel Victoria« in Jnterlaken und Schluß des Kongresses. Rückfahrt nach Bern mit Extrazug abends 10 Uhr. Versammlung vonLehrern der Mathematik und der Naturwissenschaften. — Der Verein zur Förderung des Unter richts in der Mathematik und den Naturwissenschaften hält seine diesjährige Hauptversammlung in den Tagen vom 4. bis 7. Juni in Hamburg ab. Der Nat.-Ztg. wird darüber geschrieben: Der Verein, der mit fast 900 Mitgliedern gegenwärtig wohl den dritten Teil der an den höheren Schulen Deutschlands wirkenden Lehrer der mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer in sich schließt, hat bereits mehrfach einen erkennbaren Einfluß auf die Gestaltung des Lehrbetriebs in diesen Fächern ausgeübt. So hat er vor einigen Jahren ein demnächst von der preußischen Unterrichts verwaltung angenommenes Verzeichnis der Apparate heraus gegeben, die für einen gedeihlichen Unterricht in der Physik unerläß lich sind. Auf der bevorstehenden Versammlung wird er sich mit Aufstellung eines Lehrplanes für die darstellende Geometrie, d. i. den für die Anwendung auf die Technik besonders in Betracht kommenden Zweig der Mathematik beschäfigen und damit der Erziehung der künftigen Techniker und Ingenieure schon auf den für den Hochschuluntcrricht vorbereitenden Schulen voraussichtlich wirksame Dienste leisten. Neben einer Reihe von Experimental- Vorträgen stehen auf dem Programm ein Vortrag von Schotten (Halle) über das Verhältnis von Wissenschaft und Schule, zwei Vorträge von Schwalbe (Berlin) über den internationalen natur wissenschaftlichen Katalog und über die Erhaltung der natur wissenschaftlichen Merkwürdigkeiten auf deutschem Boden. Pariser Weltausstellung. — Zahlreiche Pariser Blätter widmen der Eröffnungsfeier der Ausstellung im deutschen Hause, in dem auch auch das deutsche Buchgewerbe Platz gefunden hat, sympathische Besprechungen und erklären, daß das deutsche Haus dank seiner architektonischen Wirkung und prächtigen Ausschmückung, besonders aber wegen der darin befindlichen Kunstschätze den Glanzpunkt der Weltausstellung bilde. Die Eröffnung hat, wie schon erwähnt, am 15. d. M. stattgefunden. Gutenbergfeier der Schriftsetzer und Drucker in Berlin. — Der fünfhundertste Geburtstag Gutenbergs wird von den Berliner Schriftsetzern und Buchdruckern am Sonntag den 17. Juni gefeiert werden. Der Verband deutscher Buchdrucker hat für diesen Tag den ehemaligen Cirkus Renz gemietet, der Gutenbergbund die Philharmonie. Einladungen sind an das Handelsministerium, das Reichspostamt und die Reichsdruckerei ergangen.