Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 27.02.1900
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Erscheinungsdatum
- 27.02.1900
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-19000227
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-190002273
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-19000227
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1900
- Monat1900-02
- Tag1900-02-27
- Monat1900-02
- Jahr1900
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
1638 Nichtamtlicher Teil. 48, 2?. Februar 1900. Huldigungen darbringen. Durch Verzehren werden die stofflichen Dinge zerstört, sie verschwinden. Die Veröffentlichung, diese geistige Verzehrung, zerstört die nichtstofflichen Dinge nicht nur nicht, sie vervielfältigt sie vielmehr, macht sie wertvoller, fruchtbarer und vermehrt ihre Lebensgewißheit. Es ist gänzlich unnötig, zu wissen, woher ein geistiges Erzeugnis rührt, es genügt vollständig, wenn man weiß, worin der Wert besteht; daraus Erhellt zur Genüge, daß ein Gedanke nicht das Eigentum eines Einzelnen sein kann. Ist es also einzig und allein die Gesellschaft, die einem geistigen Erzeugnis einen Wert verleiht, so ist es auch einzig und allein die Gesellschaft, der das Eigentumsrecht daran zustehen darf. Ein geistiges Eigentum zum Nutzen des Einzelnen anerkennen, heißt nicht nur der Gesellschaft schaden, es heißt sie bestehlen. - Wenn man bei der Verteidigung des Eigentums an sich von dem Interesse der Gesellschaft ausgegangen ist, so kann bei dem geistigen Eigentum von einem solchen Interesse keine Rede seiti. Im Gegenteil! Das Interesse des Einzelnen ist dem Interesse der Gesellschaft gerade entgegengesetzt. Daß dies allgemein anerkannt ist, dafür diene als Beweis das Feilschen um zehn, zwanzig, dreißig Jahre — wie lange das Recht des Schriftstellers ihn überleben soll. Ist das geistige Eigentum dem Gesellschaftsinteresse feindlich, dann darf es nicht sanktioniert werden; stehen die beiden Interessen aber in keinem Widerspruche, so ist nicht erfindlich, warum die Gesellschaft seinen Gebrauch begrenzen darf! Welchen Gefahren die Gesellschaft durch die Fortdauer des Autorrechts ausgesetzt ist, dafür mögen die Worte Louis Blancs selbst sprechen: »In einem Artikel voll Saft und Kraft führt der National aus: --Wenn ihr das Recht des geistigen Eigentums an erkennt, was wird aus dem allgemeinen Interesse? Wird der Schriftsteller selbst dies gewährleisten? Wißt ihr denn, welche Wandlungen der Schriftsteller selbst durchmachen wird? Kennt ihr so wenig die Lebensgeschichte der berühmtesten Schriftsteller? Wollte Racine, in seinem Älter mit der Uebersetzung der Psalmen sich beschäftigend, nicht Phädra und Andromache zerstören? Hatte La Fontaine, dem Drängen seines Beichtvaters nachgebend, nicht Befehl gegeben, seine Erzählungen zu verbrennen? Ich will einmal annehmen, daß im Jahre 1814 das Recht der Erbschaft der Seitenverwandten für die Werke Voltaires und Rousseaus bestanden hätte. Die Erben zeigen sich der bestehen den Gewalt zugänglich. In Anwendung ihres Rechts verkaufen sie für eine beträchtliche Summe das Eigentum an diesen Werken, und flugs verschwinden dieselben.-- Sind diese Gründe nicht schlagend und durch wie viele andere werden sie nicht unterstützt! Trotzdem scheint es mir, daß in der ganzen Besprechung die Gegner des geistigen Eigentums zu ausschließlich die Uebelstände der llebertragung der unbeschränkten Dauer dieses Rechtes betont haben. Gegen die Ausübung des Rechts durch die Schriftsteller selbst müßte sich der Angriff richten. Änstatt zu sagen: --Ersetzt das Wort Eigentum durch das Wort Belohnung, beschränkt die Nutznießung der Erben auf zehn Jahre und haltet den gegen wärtigen Zustand aufrecht--; müßte man klipp und klar, wie es Kämpfern für die Wahrheit zukommt, erklären: --Macht ein Gesetz, das das geistige Eigentum nicht bestätigt, sondern es als der Gesellschaft schädlich und als ruchlos verbietet. Macht ein Gesetz, das die Schriststellerei als Gewerbe abschafft, und ersetzt das System des geistigen Eigentums nicht durch das der Belohnung durch einen Einzelnen, sondern durch das der Belohnung durch die Gesellschaft--. Thatsächlich haben weder die Verteidiger des geistigen Eigentums noch seine Gegner gewagt, die letzten Folge rungen aus ihren Schlüssen zu ziehen. »Was mich betrifft, so zögere ich keinen Augenblick, hier zu wiederholen, daß die Ausnutzung eines Buches nicht nur durch die Erben des Schriftstellers, sondern ebenso die durch den Schriftsteller selbst verwerflich ist. -Man kommt somit thatsächlich zu der Aufstellung, daß eine Idee ein Tauschgegenstand ist, gerade wie ein Ballen Leinewand oder ein Brot Zucker, und daß das Einkommen des Denkers nach der Zahl derjenigen, die seinen Gedanken benutzen, sich berechnet.- Louis Blanc verwirft somit ein geistiges Eigentums recht schlechthin. Und wie er dem Urheber ein Recht auf sein Erzeugnis weigert, so gesteht er es noch viel weniger den Erben des Urhebers zu. -Gerade, weil jede Tivilisation einein Buche ihren Ursprung verdankt, wollen wir nicht, daß es selbst dem Urheber eines Buches dadurch, daß wir sein Eigentumsrecht an seinem Buche anerkannt haben, gestattet sein solle, es zu zerreißen und seine Blätter den Winden zum Spiele zu überlassen. Und was wir dem Urheber weigern, aus Ehrfurcht gegen Gott, den ersten Urheber der Bücher, welche ihr heilige nennt, das wollt ihr irgend einem Erben ge währen, der ein Schwachsinniger, vielleicht ein Verbrecher, ein Narr sein kann! Im Namen der ungeheuren Dienste, welche ein Buch der Menschheit leisten kann, wollt ihr irgend einem Individuum, welches das Buch nicht gemacht hat, welches vielleicht gar nicht imstande ist es zu verstehen, das un geheure Recht zugestehen, es zu vernichten!- Wie löst nun Louis Blanc die Frage? Dies sagt er im dritten Kapitel, das die Ueberschrift führt: »Organi sation der schriftstellerischen Arbeit. Die sociale Buchhand lung«, aus dem zugleich seine Anschauungen über die Neu gestaltung des Buchhandels ersichtlich werden. Er plant ein Gesetz über die Litteratur und die Schrift steller, das erstreben soll: 1. Möglichste Abschwächüng des vernichtenden Einflusses, den der erbitterte Kampf zwischen den einzelnen Verlegern auf die Litteratur ausübt. 2. Schaffung der Möglichkeit für jeden tüchtigen Schrift steller, gleichviel ob arm oder unbekannt, seine Werke drucken zu lassen und dadurch bekannt zu weiden. 3. Aufstellung einer Form der Entschädigung, die im Verhältnis zu dem Nutzen steht, den das Buch stiften kann, und die geeignet ist, ernste Arbeiten zu fördern und die Schriftsteller von einem Publikum unabhängig zu machen, das mit Vorliebe demjenigen nachläuft, der es belustigt und nur zu oft gerade den bezahlt, der es entsittlicht oder täuscht. 4. Die Sorge, die besten Bücher zugleich die wohlfeilsten sein zu lassen. 5. Schaffung einer Einrichtung, die geeignet ist, den Nutzen der litterarischen Schleichhändler einzuengen und die schändliche Sucht der Schriftsteller selbst, zu spekulieren oder Lieferanten der Spekulation zu werden, zu bekämpfen. Zur Erreichung dieser Ziele empfiehlt LoUis Blanc: Gründung einer genossenschaftlichen Buchhandlung, die vom Staate errichtet werdest soll, ohne von ihm abhängig zu sein. Sie soll sich selbst leiten und selbst die Verteilung des Nutzens, den die gemeinsame Arbeit erzielt hat, Unter ihre Mitglieder vornehmen. Der Staat soll ihr lediglich ihre Verfassung in Form eines Gesetzes geben Und die genaue Beobachtung des Gesetzes überwachen. Eine Honorarzahlung sei auszuschließen. Den Preis des Buches habe der Staat zu bestimmen, und er soll so wohlfeil wie möglich sein. Die Druckkösten zahlt die Genossenschaft, über die Annahme des Buches bestimmt ein zu diesem Zwecke gewählter Aus schuß erleuchteter Mästner. In das Staatsbudget sei ein Posten unter der Bezeichnung »NatiönalbelöhNung« ein zustellen, um die sich die Schriftsteller, deren Werke von der Genossenschaft veröffesttlicht werden, bewerben dürfen, und die denen zufallen soll, die sich durch ihre Werke um das Vaterland am meisten verdient gemacht haben. Die »Nationalbelöhnung« soll an Stelle des jetzt üblichen Schriftstellerhonorars treten. Für jedes der »Nationalbelohnung« würdig befundene Werk ist der Genossenschaft eine Prämie zuzubilligen, einerseits um sie zu ermutigen, junge Talente zu unterstützen, anderseits um sie für die Verluste zu entschädigen, denen sie durch ihre Unterstützung zuweilen ausgesetzt sein könnte. Jedes Jahr hätten die Volksvertreter einen Bürger zu ernennen, dessen Aufgabe es sein solle, die von der Buchhandlung heraus gegebenen Werke einer Beurteilung zu unterziehen, den Ein druck festzustellen, den diese Bücher auf die Kritik und auf die Gesellschaft gemacht haben, und am Ende des Jahres die Ergebnisse seiner Prüfung in einem mit Gründen ver sehenen und im einzelnen ausgearbeiteten Bericht den Vertretern des Volks vorzulegen. Einen Monat nach Veröffentlichung dieses Berichts hätten die Volksvertreter die Verteilung der
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder