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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 25.08.1936
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- 1936-08-25
- Erscheinungsdatum
- 25.08.1936
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Im Verhör erklärte Palm dem Kommandierenden General Freie, er habe ein Paket mit Schriften von unbekannter Hand zugeschickt bekommen und es der Aufforderung gemäß uneröfsnet an die Buchhändlerin Stage nach Augsburg weitergeleitet. Der llnter- suchungsbehörde war aber durch ihre Nachforschungen bekannt ge worden, daß Palm einer der glühendsten Franzosenhasser Deutsch lands sei. Sie glaubte ihm deshalb seine Notlüge nicht. Vielmehr ließ sie ihn noch einmal in sein Haus führen, damit er von seiner Familie Abschied nehme. Wer Erlangen, wo sich das Hauptquartier Bernadottes befand, wurde Palm nach Braunau transportiert. In zwischen war auch Ionisch in Augsburg verhaftet worden. Auch er sollte nach Braunau geschafft werden. Da aber Augsburg bereits an Bayern übergegangen war, gelang es dem König und seinem Minister Montgelas, mit vieler Mühe den Abtransport zu ver hindern. Am 24. August trat im Saale des Gasthauses »Zum weißen Falken« in Braunau das französische Kriegsgericht zusammen. Der Gastwirt Merckle in Neckarsulm hatte eine Abschrift der inkriminier- ten Schrift gemacht und sie dem Kaufmann Joseph Schoderer in Donauwörth geschickt; dieser sandte sie wieder an den Pfarrer Sonnenmeyer in Möttingen bei Nördlingen. Ein elsässischer Offizier, der im Pfarrhaus im Quartier lag, las sie und erstattete Anzeige. Daraufhin wurde auch Schoderer verhaftet und nach Braunau geschafft. Am 25. August wurden Palm, Merckle, Jenisch, Schoderer, Kupsfer (Wien) und Eurich (Linz) zum Tode verurteilt. Außer Palm war aber nur Schoderer in Braunau eingetroffen. Die Wei sungen aus Paris waren so bestimmt, daß die kriegsgerichtliche Ver handlung eine reine Formsache war. Das Urteil wurde in sechs tausend Exemplaren in deutscher und französischer Sprache gedruckt und in ganz Deutschland an den Türen der Kirchen und Rathäuser angeschlagen. Als Palm am 26. August vormittags halb elf Uhr das Urteil verkündet und eröffnet wurde, daß er in drei Stunden erschossen werde, entrang sich ein Schrei des Entsetzens seiner Brust. Er schrie laut zu Gott und weinte bitterlich. Noch immer hatte er gehofft, bald zu den Seinen zurückkchren zu dürfen. Da kein evangelischer Geistlicher in der Nähe war, erleichterten ihm der katholische Psarr- verweser Thomas Pöschl und der Spitalpfarrer Michael Gropp in aufopfernder Weise die letzten Stunden. Gegen halb zwei Uhr band ein Soldat ihm die Hände, ein Leiterwagen mit zwei Ochsen be spannt brachte ihn und die beiden Geistlichen zum Richtplatz. Pöschl stieg zuerst auf, um ihm Mut zu machen. Er hat an Palm in den drei schweren Stunden so zärtlich und gütig gehandelt wie ein Bruder. Mit eigener Lebensgefahr hat er bei der Exekution auch seine Qualen abgekürzt. Auf dem Richtplatz war die ganze fran zösische Besatzung im offenen Karree aufgestellt; die Kanonen der Festung waren geladen auf die Stadt gerichtet, falls ein Aufruhr ausbrechen sollte. Denn obwohl kein Bewohner Braunaus den fremden Buchhändler kannte, trauerte doch die ganze Stadt, als ob einen ihrer Besten das surchtbare Schicksal getroffen, hätte. Auch die Franzosen waren voll Unmut über diesen Mord. Schoderer wurde von Napoleon persönlich begnadigt, Jenisch erhielt vom bayerischen Zivilgericht vier Wochen Arrest, die aber in eine Woche Hausarrest umgewandelt wurden. Merckle wäre erschossen worden, wenn sich nicht der König von Württemberg mit aller Energie für ihn eingesetzt hätte. So kam er mit vier Wochen Haft auf dem Hohenasperg davon. Palm blieb also das einzige Todesopfer. Bis in den Herbst des Jahres 1806 ha.t man nicht gewußt, wer der Verfasser der Schrift »Deutschland in seiner tiefen (nicht .tiefsten', wie man oft irrtümlich liest!) Erniedrigung» gewesen ist. Palm nahm sein Geheimnis mit ins Grab. Seine Tochter Sophie erklärte seinem Biographen Pedrazzi: »Mehrmals fiel die Mutter dem Vater (bei der Verhaftung) um den Hals und bat weinend und händeringend, ihr den Verfasser zu sagen, allein derselbe entgegnete immer: Ich kann ihn dir nicht nennen, er ist ein Familienvater wie ich, und es kostet ihm das Leben, wenn ich ihn verrate. Wenn er sich aber stellen würde für mich, dann wäre es gut; allein stellt er sich nicht, so mag er es jenseits verantworten». Der Mann, der nicht den Mut aufbrachte, sich zu stellen und Palm und seine Familie lieber ins tiefste Unglück stürzen ließ, war der Rektor der Stadtschule zu Altdorf, Johann Christian Heinrich Adler, also ein Volksschul lehrer in gehobener Stellung. Sein Schwiegersohn, der Nürnberger Rechtsanwalt vr. Christoph Preu, der die Korrektur der Schrift besorgte, hat dies seinem Sohne, dem praktischen Arzt vr. Preu in Hersbruck, mitgeteilt. Adler hatte schon 1797 ein gleichartiges Schriftchen »Die Franzosen im nürnbergischen Gebiete im August monat 1796. Ein Beitrag zur künftigen Geschichte des französisch deutschen Krieges« erscheinen lassen (Leipzig und Frankfurt). Bevor man diese Aufklärung über den Autor der Schrift im Anzeigebllltt des Eduard Trewcndtschcn Verlags in Breslau 1860 entdeckt hatte, galten Johann Konrad Felln (Gymnasialprofessor in Ansbach, gestorben als Oberfinanzrat 1826 ln München), Philipp Christian Gottlieb Felin, der suspendierte evangelische Pfarrer von Winterhauscn (Unterfranken), und Graf Julius von Soden (geboren 1754 zu Ansbach, dort fürstlicher Regierungs- und Geheimrat, seit 1810 in Erlangen als Schriftsteller lebend, gestorben 1831 IN Nürn berg) als Verfasser. 1840 tauchte zum erstenmal in einem Journal die Mitteilung auf, Johann Konrad Felln sei der Verfasser. 1860 wurde sie in der Palm-Biographie, die Friedrich Schultheiß im Verlage des »Frän kischen Kuriers« herausgab, wiederholt. Sie fand ihre stärkste Wider legung durch einen Brief der Tochter Fellns an den Historiker Julius Meyer. Darin teilte sie mit, daß der Philosoph Ludwig Feuer bach und ihr Schwager, der Kgl. Landrichter Heydenreich, am Krankenbette ihres Mannes die Autorfrage eingehend besprochen hätten; beide lehnten die Autorschaft Fellns ab. Wenn sie die Schrift als »höchst unbedeutend» bczeichneten, so trafen sie damit den Nagel auf den Kopf. Obwohl sie zu Aufstand und Meuchelmord aufreizt, erschien sie auch Heinrich von Treitschke als ein »Stoß seufzer des harmlosen Spießbürgertums«. — Obwohl Graf Soden die Autorschaft entschieden verneint hat, glaubte Richard Graf Du Moulin-Eckart, der frühere Historiker der Münchner Technischen Hochschule, in seiner Neuausgabe (Stuttgart, 1906) den alten Irrtum neu verkünden zu sollen. Die Familie Soden hat aber die Unter stellung mit Entrüstung zurückgewiesen. Aus welch phantastische Ein fälle man geriet, zeigt der «historische« Roman von Luise Mühlbach »Napoleon in Deutschland» (1828), in dem sogar der reaktionäre Schriftsteller Friedrich von Gentz als Autor hingestellt wird. — 1866 bezeichnete der ehemalige Nürnberger Registrator Pedrazzi in seinen »Beiträgen zur Geschichte des Buchhändlers Palm« Philipp Christian Gottlicb Felln als den Verfasser. Seine Behaup tung entbehrt jeder sachlichen Unterlage. Felin war seit 1784 Witwer, während der Verfasser der Flugschrift nach Palms Aus sage 1806 noch Familienvater war. — 1860 nahm man im An schluß an das Drama »Palm, ein deutscher Bürger« des Berner Schriftstellers L. Eckhardt, und »Palm. Ein vaterländisches Trauer spiel« von vr. Ringler (München) die Nachforschungen wieder auf. Dabei wurde in Nr. 238 des »Fränkischen Kurier« von 1860 be hauptet, der Nürnberger Rechtsanwalt vr. Preu sei der Verfasser gewesen. Am 27. August hat sein Sohn diese Mitteilung in dem genannten Blatte dahin berichtigt, sein Vater habe nur die Kor rektur besorgt, der Verfasser aber fei Rektor Adler gewesen. In Nr. 197 (25. August) des Jahrgangs 1906 hat sich im »Börsenblatt» auch Prof. Fr. Bertram für Adler entschieden, und zwar auf Grund eines Ausschnittes aus dem Trewendtschen Anzeige blatt. 1854 hatte die Stadt Hannover die Altertümer-Sammlung und die Bibliothek des Buchdruckereibesitzers und Senators Cule- mann gekauft. Darin befand sich auch ein Exemplar der zweiten Auflage der Flugschrift (1806, 174 Seiten). Unter dem Namen Culemanns ist jener Ausschnitt aus dem Trewcndtschcn Anzcigcblatt vorn eingeklebt. Auch Prof. Wilhelm Zimmermann, einst Mitglied der Deutschen Nationalversammlung, erklärt im vierten Bande seiner Ausgabe von August Wirths »Geschichte der Deutschen« Adler für den Verfasser. Zusammenhängend hat der fleißige Historiker Julius Meyer die Autorfrage in seinem Werke »Onoldina« (C. Brügel sc Sohn, Ansbach 1911) in dem Abschnitt »Die Palm-Legende« behandelt, nachdem er schon 1906 in der »Fränkischen Zeitung« den Sachverhalt richtiggestellt hatte. Diesen Artikel hat »Der Sammler« (Beilage zur München-Augsburger Abendzeitung) in Nr. 111 des Jahrgangs 1906 nachgedruckt. In Nr. 41 der »Woche« vom 8. Oktober 1932 behauptete Alexander Beßmertny, Goethes Freund, der Frankfurter Bankier Johann Jakob Willemer, sei der Verfasser gewesen. Sein Beweis ist so fadenscheinig, daß sich eine ernste Diskussion erübrigt. Im »Börsen- 7S1
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