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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 14.07.1936
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1936-07-14
- Erscheinungsdatum
- 14.07.1936
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- Deutsch
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Nummer 161, 14. Juli 1936 Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel Spitze stand der Empfang von Vertretern der einzelnen Delega tionen durch den König, der sich in seiner ungezwungenen, frischen und humorvollen Art mit jedem einzelnen Delegationsmitglied, mit den deutschen Herren in deutscher Sprache, unterhielt. Ein Empfang und ein Abschiedscssen in dem Gildehaus der Buchhändler und Buch drucker, Stationcrs Hall, auf dem Stanley Unwin englisch und deutsch aus die Gäste und O. Tryde und A. Sellier auf die Gastgeber sprachen, Frühstück in der historischen Halle der Cuttler Company auf Ein ladung der British Council in Anwesenheit von Lord Eustace Percy, Festessen bei der Goldsmith Company in ihren wundervollen, kulti vierten Räumen in Antvesenheit ihres Prime Warden, Sir Reginald Bonsor, und unter Mitwirkung der Tcmplars, die einfache, alte eng lische Volkslieder kunstvollendet zum Vortrag brachten, ein Tages ausflug nach Oxford im Sonderzug mit einer Führung durch die schönsten Colleges, Besichtigung der Bodleian Library mit ihren sel tenen Schätzen und Tee der Oxford University Press im Magdalen Buch und Rundfunk — In Nr. 133 dieser Zeitschrift fragt Gerd Eckert: »Was kann der Rundfunk für das Buch tun?«, anschließend schreibt Alfred Haß zu dem Thema: »Bücherstunden im Rundfunk«. Wie aus zahlreichen Einzelheiten geschlossen werden kann, stehen beide Auto ren der praktischen Programmarbeit eines Senders ziemlich fern; sie müssen deshalb — so willkommen jedem Funkmann Kritik und Anregung von außen her sind — eine Stellungnahme zu ihren Vorschlägen und Forderungen hinnehmcn. Es ist nicht verwunderlich, beide Autoren übereinstimmend zu finden in der Forderung, der Ruirdsunk müsse «unterhaltend« sein. Das hören und lesen wir alle Tage, über den Begriss der «Unterhaltung« aber läßt sich nicht streiten, weil jeder etwas anderes darunter versteht. Wo z. B. hört die Unterhaltungsmusik aus, wo fängt die sogenannte ernste Musik an? An welcher Stelle hebt sich das Untcrhaltungsschristtum von der übrigen Literatur ab? Ein Musikwerk, das ein Anspruchsloser schon als gehobene Unterhaltung wertet, verwirft ein anderer als Kitsch — und wer wollte ihm das Recht dazu streitig machen? —; ein Buch, dessen Inhalt der eine sehr unterhaltsam findet, wird vom nächsten als unerträglich platt bezeichnet — wer wollte ihn deshalb unbeschei den nennen? —. Hier kann keiner keinen widerlegen, jeder grenzt sich seine »Unterhaltung« nach unten und nach oben höchstpersön lich ab. Bedenklich jedoch ist bei Eckert die Formulierung, bei Haß der innere Zusammenhang, in dem ein unterhaltender Rundfunk ge fordert wird. Eckert schreibt vom »Rundfunk, der als Unterhal- tungsmittel in zahllosen Haushalten vertreten ist«. Das geht zu weit! Der Rundfunk ist kein Haushaltungsgegenstand; man darf seine Aufgabe — so gering man ihn auch achten mag — schon sprachlich nicht mit den Ausdrücken umreißen, mit deren Hilfe man etwa die Berechtigung eines Staubsaugers Nachweisen würde. Wenn Eckert dann vier Zeilen weiter verlangt, daß ein solches »in zahllosen Haushaltungen vertretenes Untcrhaltungsmittel- der »deutschen Kultur dienen» solle, dann bleibt nur noch die beschei dene Bitte: -Erkläret mir, Graf Oerindur, diesen Zwiespalt der ' Kultur!» Haß geht noch weiter. Weil — so schließt er — der Hörerkreis jeder Sendung aus voller Freiwilligkeit entstehe, müsse der Rund funk unterhaltend sein. Hier wird dem Menschen einfach unter stellt, daß er sich freiwillig nur zu unterhaltenden Dingen her gebe, zu allem anderen aber — so ist doch wohl zu ergänzen — gezwungen werden müsse. Eine höchst seltsame Auffassung von Wesen und Wertigkeit des Menschen! Freuen wir uns, daß sie falsch ist; denn träfe sic zu, dann bliebe uns nur übrig, auf den meisten Gebieten unseres materiellen und geistigen Lebens schleu nigst abzubaucn und einzupacken. Eckert indeß fühlt, daß »ein in zahllosen Haushalten vertre tenes Unlerhaltungsmiltel- und die Wesenheit Buch nicht recht zueinander Passen, daß sie einander wesensfremd bleiben müssen, College, Tee auf der Terrasse der Hauses of Parliamcnt auf Ein ladung des Staatssekretärs für Schottland, Godfrcdy Collins, Emp fang im Lancaster House auf Einladung der englischen Regierung in Anwesenheit des Außenministers Anthony Eden und des Kriegs ministers Cooper sowie zahlreicher in- und ausländischer Diplo maten, Besichtigung von Boots Circulating Library, W. H. Smith and Sons, John Murray und des Times-Bctricbes, Festessen der Times im Dorchcster Hotü in Anwesenheit von Major I. I. Astor und des Lord Chics Justice, Tee in der Nationalgalerie und ein Tee-Empfang der Internationalen Kommission bei D. Lloyd George auf feinem Landgut in Churt sowie ein Ausflug nach Cambridge gaben Gelegenheit zu enger gegenseitiger Fühlungnahme und zu Worten und Gesten der Herzlichkeit und Gastfreundschaft. Auch den Damen wurde in liebenswürdigster Weise eine Fülle von Unter haltungen, Veranstaltungen und Führungen geboten. vr. A. G. vom Funk her gesehen weil das Buch eben kein Unterhaltungsmittel ist und sich also auch durch kein Unterhaltungsmittel vermitteln läßt. Aber er weiß einen Ausweg: »Man sollte durchaus nicht davor zurückscheuen, das Buch aus seiner gleichsam höheren Sphäre herabzuholcn und in einer Weife zu behandeln, die auch dem Außenstehenden etwas sagt«. Wichtig an diesem Satz ist Eckerts eigenes Zugeständnis, daß dos Buch -einer gleichsam höheren Sphäre- angehört. Eben dieses habe auch ich immer empfunden und danach das Buch gewertet. Und nun sollen wir Funkmänner uns plötzlich als Herabholer be tätigen? Nein, das gibt's nicht! Hat man je an einen Spielleiter das Ansinnen gestellt, ein hochwertiges, vielleicht schwer verständ liches Schauspiel hcrabzuinszcniercn, oder ist je von einem Kapell meister verlangt worden, daß er eine Sinfonie herabdirigiere, da mit sie auch den Außenstehenden etwas sagen kann? Entsprechendes hat vom Schrifttum zu gelten und von seiner Interpretation. Immer ist cs der Schöpfer eines Kunstwerkes, der die Sphäre bestimmt, aus der heraus cs verstanden werden sott; beim Buch bestimmt der Dichter die Sphäre und kein anderer. Wer sich dieser Sphäre — sei er Leser oder Kritiker — nicht anpaßt, hat kein Recht zum Genuß oder zur Beurteilung des Werkes. Völlig ent gegengesetzt also sehe ich des Rundfunks Aufgabe am deutschen Schrifttum: gerade weil der Funk einen sehr großen Hörcrkreis voraussetzen darf, hat er bewußt die höhere Sphäre aufzuzeigen, der das Buch zugehörig ist; keinesfalls darf er verschweigen, daß dem Buch eine Machtstellung im Reiche des Geistes zugewicscn ist, das zu betreten eigenes Bemühen voraussetzi und in dem zu ver weilen es stets erneuten eigenen Einsatzes bedarf. Nicht Freunde würden wir dem Buch gewinnen, sondern aus Gleichgültigen Feinde machen, wollten wir es als einen Gegenstand anpreisen, der sich passiver Genußsucht erschließt. Gerade weil der Rundfunk weite Schichten unseres Volkes erfaßt, darf er der »Ideologie einer geistigen Bedürfnislosigkeit« nicht Vorschub leisten, sondern er hat sie—ein weites Gebiet für den geschickten Propagandisten! — wirkungsvoll zu bekämpfen. Geschickt und wirkungsvoll — damit ist schon gesagt, daß der Rundfunk seine Buchwerbungen nicht in der Weise betreiben wird, die Eckert als »akademisch«, Haß als »literarisch» rügt. Dabei ist Eckert den Beweis dafür schuldig geblieben, daß sich noch heute im Programm eines deutschen Senders eine halbstündige »akade mische« Buchbesprechung finden sollte. Aber die Materie erfordert es keineswegs, »akademisch« oder »literarisch« vorzugchen, sic er trägt im Gegenteil eine durchaus »unterhaltsame» Form <übcr die Abgrenzungen der Unterhaltung s. o.j. Damit aber sind wir durch das Negative zum Positiven vor- gestoßen und ich kann von den Grundsätzen berichten, nach denen ich an dem Sender, dem ich dienen darf, Buchbesprechungen halten lasse und selbst halte. Dabei ist zu sprechen von der Auswahl der Bücher, von der Form ihrer Würdigung und von der zeitlichen Festsetzung der Bücherstunden im Tagesprogramm. 831
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