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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 16.05.1936
- Strukturtyp
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- 1936-05-16
- Erscheinungsdatum
- 16.05.1936
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- Deutsch
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Vermutlich wirkt sich hier bereits der Ausfall solcher Firmen aus, die einem Lehrling doch nicht die geeigneten und notwen digen Grundlagen mitzugeben vermögen und die es deshalb vor ziehen, die »Güte» ihres Betriebes nicht von einem bösen Prü fungsausschuß untersuchen zu lassen. Immerhin erfreulich. Eine Firma meldete gleich 5 Lehrlinge an, die samt und sonders schon im Vorjahre die Prüfung hätten ablegen müssen, es aber vor zogen, noch ein Jahr zu warten. Das erste Bild der Prüflinge vermittelten wie immer der Anmeldebogen mit einem kurzen Lebenslauf und die mit einzu reichenden Zeugnisse und sonstigen Unterlagen. Man sollte es nicht für möglich halten, mit welcher Schludrigkeit und offen baren Gleichgültigkeit hier vielfach zu Werke gegangen wurde. Ganz abgesehen von der nicht immer zu findenden Sauberkeit der Ausfüllung fehlten in vielen Fällen die Zeugnisse, die Beurtei lung durch die Lehrsirma und andere wichtige Angaben, die nun erst mühsam herbeigeschafst werden mußten. Daß die Prüsungs- gebühr möglichst erst am Prüfungstage mitgebracht wird, scheint auch von manchen Prüflingen als schöner Brauch eingesührt wer den zu sollen. Daß der Ausschuß in diesen Fällen nicht von sei nem Recht: den betreffenden Bruder Lüdrian von der Prüfung auszuschließen, Gebrauch machte, haben diejenigen, die es an geht, lediglich der Rücksichtnahme auf ihre Angehörigen und ihre Lehrfirma zu verdanken. In den kommenden Jahren wird man auch in dieser Hinsicht etwas schärfer durchgreifen können und müssen. Die gleiche leichtfertige und oberflächliche Auffassung war auch in den schriftlichen Arbeiten immer wieder bewiesen. Daß hier und da ein junger, noch in der Entwicklung befindlicher Mensch das eine oder andere Fachliche seines Berufes noch nicht ganz oder nicht ganz richtig erfaßt hat, wird ihm durchaus zuge standen und nicht ohne weiteres als Versagen ausgelegt. Daß aber auf der angeren Seite Dinge nicht in Ordnung sind, die bei einem Buchhändler ohne Zweifel von besonderer Wichtigkeit sind, ist weniger verzeihlich: ich meine hier die Sprachbeherrschung, die Ausdrucksweise, das ganze geistige und weltanschauliche Grundkapital, das auch durch eine Berufsausbildung nur nach bestimmten Gesichtspunkten ausgeweitet und untermauert werden kann, das aber niemals hervorgezaubert werden kann, wenn es nicht von allem Anfang an dagewesen ist! In welch großzügiger Weise da mit unverstandenen, klang vollen Begriffen und — leider Gottes — mit unverdauten Fremdwörtern gearbeitet wird, kann einen schon mit einem wah ren Grausen erfüllen. Diesen Mangel an sprachlicher und geistiger Darstellungskraft, der in den Vorjahren in gleicher Weise festzu stellen war, kann man wohl in erster Linie darauf zurückführen, daß die Lehrlinge viel zu wenig und in manchen Fällen auch ohne die nötige Auswahl lesen! Im nächsten Jahre werden wir uns übrigens bei der Einreichung der schriftlichen Arbeiten außer der selbständigen gedanklichen Urheberschaft auch die eigenhändige Reinschrift der Arbeiten bestätigen lassen müssen, da in mehreren Fällen ein Schreibbüro zur Niederschrift herangezogen wurde!!! Das ist ja schließlich, nicht der Zweck der Übung. Es soll hier durchaus nicht verschwiegen werden, daß mehr fach ein Versagen oder gar gänzliche Ungeeignetheit der Lehr firma fcstgestellt werden mußte. Der Prüfungsausschuß beschloß, an sechs Firmen ernste Mahn- und Warnbriese zu richten, sich künftig der Ausbildung ihrer Lehrlinge nachdrücklicher und ge wissenhafter anzunehmen. In zwei von diesen Fällen ist der Ausschuß allerdings der Ansicht, daß auch künftig kaum eine Ge währ für eine erforderliche ausreichende Lehrlingsausbildung ge geben ist. Er hat daher beim Bildungsausschuß Entzug der Lehr berechtigung beantragt. Aber eine Tatsache hat diese Prüfung uns zum ersten Male in aller Deutlichkeit und Gründlichkeit vor Augen geführt: die segensreiche Auswirkung der Arbeit unserer neuen Leipziger Reichsschule! Wenn es noch der letzten Bestätigung für die Not wendigkeit und Richtigkeit ihres Wollens und Mühens bedurft hätte, dann wäre sie durch die Ergebnisse der diesjährigen Prü fung erbracht! Auch die Reichsschule kann nicht etwa vorhandene große Lücken aussüllen, auch sie kann nicht aus einem mittel mäßig geschulten Lehrling einen weitblickenden Vollbuchhändler machen, — aber das kann sie: den Blick der jungen Berusskamc- raden weiten sür die Größe ihrer Aufgabe, ihr Herz öffnen für die weitreichende kulturpolitische Verantwortung unseres Standes, den Sinn wecken sür die geistig-seelische Bctrcuungsaufgabc des Buchhändlers an seinem Volke und von hier aus den jungen Menschen die rechte überschau, den vorwärtsdrängenden inneren Antrieb geben. Und das hat sic getan! Es kann süglich gesagt werden: daß es ohne die vorbereitenden Leistungen der Reichs- schule nicht bei dem einen »Durchfall» geblieben wäre! Denn in einigen Zweiselzfällen, in denen sowohl die Leistungen des Prüf lings wie die Arbeit der Lehrfirma nicht ganz den Anforderungen entsprachen, konnte doch eine innere Wandlung verspürt werden, war ein Plötzlich gewecktes Bewußtsein, eine jetzt erst angerufene Bereitschaft und Auflockerung da, die für die weitere Entwickluug durchaus die Gewähr einer gründlichen Besserung gab! Daß in gleicher Weise sich der Besuch der Freizeiten bemerkbar machte, soll nur der Vollständigkeit halber erwähnt werden. Nach Beendigung der eigentlichen Prüfung legte ich den Prüflingen aus bestimmten Gründen noch eine Reihe ganz all gemeiner Fragen vor. So z. B.: Wieviel Ausländsdeutsche es gäbe? Wieviel Tote verlor Deutschland im Weltkrieg? An wel chen Fronten kämpften im Weltkrieg deutsche Verbände? Was ist eine Drillmaschine? Ein Silo? Welche einheimischen Singvögel kennen Sie? usw. Ich betone ausdrücklich, daß ich diese Fragen in kamerad schaftlicher Unterhaltung stellte und vorher deutlich darauf hin wies, daß diese Fragen mit der eigentlichen Prüfung nichts zu tun hätten. Mir kam es nur darauf an, den jungen Berufs kameraden einmal das Bewußtsein dafür zu schärfen, daß wir als Buchhändler in besonderem Maße verpflichtet sind, unsere Augen und Ohren überall und immer sehr weit auszumachcn, daß es nichts an Daseins- und Lebensäußerungen rund um uns her geben darf, dem wir nicht im Rahmen des Möglichen unsere Auf merksamkeit schenken sollten. Wegen der Kürze der Zeit konnte die Befragung nicht vollständig durchgesührt werden, der Gedanke war mir auch erst kurz vor der Prüfung gekommen, sodaß ich mich auf einige wahllose Fragen beschränken mußte. Ich glaube aber, daß man künftig in ähnlicher Weise ruhig eine Reihe wohlüber legter Fragen aus allen Lebensgebieten den Prüflingen am Ende der buchhändlerischen Prüfung vorlegen sollte, weil sie das geistige Bild des zu Prüfenden nach vielen Seiten hin beleuchten und aufhellen. Man kann diese Fragen aus hunderterlei Arten abwandeln. Es kommt da nicht auf den Einzelfall an, sondern darauf, Beiträge zu einem geistigen Allgemeinbesund zu erhalten, den Prüflingen Lücken bewußt zu machen, die bei einigem guten Willen dann schon auszumerzen sind. Es sollte in Zukunft bei Jungbuchhändlern doch wirklich nicht mehr Vorkommen, daß man auf oben erwähnte Fragen z. B. als Antwort erhält: »Mit der artigen Dingen habe ich mich gerade in letzter Zeit nicht be schäftigt». Man wende auch diesen Dingen künftig seine Aufmerk samkeit zu. Was wir diesmal aus der Prüfung gelernt haben? Wir haben die technische Durchführung der mündlichen Prüfung nach den gleichen Grundsätzen wie im Vorjahre gehandhabt: die Prü fenden verteilten alle in Betracht kommenden Fragengebiete unter sich und etwa im Verlauf von l bis 1!4 Stunde wanderte jeder Prüfling von einem Prüfer zum anderen und wurde auf den zugeteilten Gebieten in ungestörter Einzelprüfung befragt. Die schriftlichen Ausgaben hatten sich jeweils auf ein Wahl- und ein Pslichtthema erstreckt. Allerdings ist der Ausschuß doch zu der Überzeugung gekommen, daß man in den nächsten Jahren in irgendeiner Form zu beaufsichtigten Klausurarbeiten kommen muß. Hierüber wird ja die für den Herbst vorgesehene Aussprache der Prüfungsausschüsse aus dem ganzen Reich Endgültiges zu sagen haben. Außerdem hatte jeder Prüfling gleichzeitig mit sei nen schriftlichen Arbeiten eine Liste von zwöls gelesenen Neu erscheinungen einzureichen. Eine ungemein anregende und be fruchtend wirkende Maßnahme. Natürlich fehlte auch der Mann nicht, der kaum zum Lesen kommt, weil er »in einem sehr lebhaften Sortiment beschäftigt ist und außerdem abends Dienst zu machen 441
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