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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.11.1883
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- Erscheinungsdatum
- 21.11.1883
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- Deutsch
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Im XII. Jahrhundert bildete sich dann unter dem Einfluß des ausblühenden gothischen Baustils die aus gebrochenen Ge raden zusammengesetzte Schrift, welche mit dem Namen Fractur bezeichnet wird Diese aus den Klöstern Südfrankreichs hervor gegangenen Lettersormen, welche, wie schon erwähnt — fast in ganz Europa in allgemeinen Gebrauch kamen, nannte man lottsrn tranvoso, um damit ihren Ursprungs- und Ausgangspunkt zu bezeichnen. In Italien kehrte man zuerst zu den schon in vor- gothischer Zeit, im Dienste des Schnellschreibens, aus den alten lateinischen Buchstaben hervorgegangenen Kleinbuchstaben zurück, und um die Mitte des XVI. Jahrhunderts sagte sich Frankreich, bald darauf auch England und die Niederlande und später Schweden, Norwegen und Dänemark von den gothischen Schrist- charakteren los und kehrte zu den vorgothischen lateinischen Kleinbuchstaben zurück. Die Fracturschrift blieb fast nur noch in Deutschland gebräuchlich. Wenn wir nun die Fracturschrift von dem ungerecht fertigten Vorwurf, als ob sie an und sür sich dem Auge schäd lich sei, gereinigt zu haben glauben, so können wir in den herben Tadel der Unschönheit ebensowenig cinstimmen. Die Großbuchstaben mögen zum Theil vielleicht diesen Tadel ver dienen; für die Kleinbuchstaben können wir ihn nicht gerecht fertigt finden. Trotz alledem aber glauben wir, daß unserer gothischen Druckschrift und unserer spitzen Schreibschrift kaum noch ein langes Leben beschieden sein wird. Der Geist der heutigen Weltgeschichte drängt zu gewaltsam daraus hinaus, alle particula- ristischen Schranken abzubrechen und internationale Verständi gung nach jeder Richtung hin anzubahnen, um einer besonderen fast nur noch in Deutschland üblichen Schristsorm die Existenz berechtigung zu gönnen. Hierin, und nicht in der Unschönheit, liegt der Grund, weshalb wir uns in nicht sehr ferner Zukunst an Einheit der Lettersormen werden gewöhnen müssen, wie wir bereits die Ein heit von Maß und Gewicht und von manchen anderen Dingen acceptirt haben. Die deutsche Fracturschrift — deutsch nur deswegen, weil Deutschland fast allein ihr bis heute treu ge blieben — wird diesem unaufhaltsamen Drange nach Unificirung ohne Zweisel zum Opser fallen müssen. Nichts desto weniger liegt kein Grund vor, diesen Assimilationsprozeß zu beschleunigen. Man kann ihn als unabwendbar und unaufhaltsam ansehen, ohne zugleich den Drang zu fühlen, diese Strömung in noch rascheren Fluß zu bringen; keinesfalls aber wird es zu loben sein, die raschere Strömung durch unrichtige Ansichten und Meinungen zu fördern. Für unrichtig müssen wir aber die Ansicht halten, daß die in ihrer wesentlichen Gestaltung einander sehr ähnlichen Kleinbuchstaben in der Antigua allgemeinhin ge fällig und schön, in der Fractur verkrüppelt und verschnörkelt seien. Nicht in der Verschiedenheit der Form an und für sich, sondern in den gutgewählten Proportionen und schönen Linien der einzelnen Buchstabentheile wird die Hauptschönheit der Typen beider Schriftarten zu suchen sein; den Großbuchstaben der Fractur möchte mit größerem Rechte der Vorwurf unnöthiger Verschnörkelung gemacht werden können. Kehren wir nach dieser kurzen Abschweifung zu unserem Thema, zu den Buchstabenformen in hygienischer Beziehung, zurück und prüfen wir, welche Eigenschaften die leichtere Les- und Erkenn barkeit derselben begünstigen, so wird sich aus dem früher Gesagten von selbst ergeben, daß, abgesehen von ungewöhnlichen und des halb nicht sogleich verständlichen Buchstabenformen, wie sie bei verzierter Schrift häufig Vorkommen, die größere oder geringere Feinheit der Haarstriche die leichtere Lesbarkeit jeder Buch stabenform in erster Linie beeinflußt. Je feiner die Binde- und Haarstriche, um so schwerer werden Buchstaben (wie b und l>, o und s oder ll und u), die sich lediglich durch einen Bindestrich von einander unterscheiden, von einander unterscheidbar sein; je stärker und deutlicher die Bindestriche, um so leichter, resp. in um so größerer Entfernung werden ähnliche Buchstaben sich von ein ander unterscheiden lassen. Gehen wir bis an die äußerste Grenze, so gelangen wir zu der sogen. Blockschrist, einer Schrift, in welcher Haarstriche überhaupt nicht mehr Vorkommen; wir gelangen zu einer Schrift, die bezüglich ihrer einzelnen Buchstaben nur noch ein Minimum von Unterscheidungs-Schwierigkeit darbietet. In keiner anderen Schrift sind ähnliche Buchstaben ebenso leicht von einander zu difserenziren als in der sogen. Blockschrist. Da dieselbe aber den feineren Ansprüchen an Eleganz und Schönheit der Formen wenig entspricht, so wird sie sich vorzugsweise nur für Maueranschläge und ähnliche auf Sichtbarkeit in weitester Ferne berechnete Druckschriften eignen, und es wird nicht erlaubt sein, dieselbe für Schulbücher zu empfehlen. Man wird aber sehr wohl die Forderung stellen dürfen, daß bei Druckschristen, die für den Schulgebrauch bestimmt sind, die Bindestriche im Berhältniß zu den Grundstrichen deutlich und stark hervortreten, deutlicher und stärker, als dies bei heutiger Geschmacksrichtung üblich ist. Drucklettern nutzen sich bei längerem Gebrauch mehr und mehr aus. Diese Ausnutzung, oder richtiger gesagt Abnutzung, betrifft in höherem Grade die feinen Bindestriche als die derberen und widerstandsfähigeren Grundstriche. Daher kommt es, daß alte, etwas abgenutzte Lettern den oben gestellten Anforderungen besser entsprechen, als ganz neue: die feinen Bindestriche werden durch die Abnutzung breiter, während die Grundstriche sich nur wenig, ja kaum merklich, verbreitern. Nun ist es aber eine be kannte Thatsache, daß Druckschrift, die mit neuen Lettern gearbeitet ist, zwar eleganter und reiner und schöner aussieht, aber entschieden weniger leicht lesbar ist als dieselbe Druckschrift, wenn ihre Haar striche durch längeren Gebrauch mehr in die Breite gedrückt worden sind. Wenn eine Zeitung, die man täglich zu lesen gewohnt ist, ihre alten abgebrauchten Lettern plötzlich durch neue ersetzt, dann glaubt mancher Leser, der den Unterschied nicht beachtet, seine Sehkraft habe abgenommen; er merkt wohl, daß der Druck mit den neuen Lettern schwerer zu lesen ist, er wird sich nur der richtigen Ursache nicht immer sogleich bewußt. Hiermit wollen wir keineswegs die Verwendung alter ab gebrauchter Lettern sür den Druck von Schulbüchern empfehlen; wir müssen aber im Interesse der Hygiene Gewicht daraus legen, daß eine Verbreiterung der Haarstriche wesentlich zur leichteren Unterscheidbarkeit der einzelnen Buchstaben und also überhaupt auch zur besseren Erkennbarkeit jedweder Schriftart dienen würde, und daß, wenn auch nicht allgemeinhin, doch für den Druck von Schulbüchern die Wahl von Lettern mit ver breiterten Haarstrichen entschieden zu befürworten ist. — Es kommt, unserer Ansicht nach, noch hinzu, daß eine mäßige Ver breiterung der Haarstriche im Vergleich zu de» Grundstrichen den Regeln eines guten Geschmackes ebensowohl wie den Regeln der Zweckmäßigkeit besser entspricht als die haarfeinen, oft kaum noch sichtbaren Zwischenstriche, die den Zusammenhang der einzelnen Glieder des Buchstabens zuweilen ganz unkenntlich machen, und deren zukünftige Verbreiterung vielleicht von späterer Buchstabenabnutzung erhofft wird. Ein anderer Umstand, der die mehr oder weniger leichte Lesbarkeit aller wie immer gestalteten Buchstaben beeinflußt, ist die Form des Flächenareals. Wir haben bereits darauf hin gewiesen, daß Buchstaben im Allgemeinen um so unleserlicher werden, je mehr sich, bei gleichbleibendem Areal, die eine Flächen-
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