X- 277, 29. November 1928. Fertige Bücher. BSrlcEau f.d.DIIchn.Buchhandel 10979 »icmi« cxrmk« «sk. in Usinsn gsd. 8,— «»»kl «nirir- ii.^O»M- S. »uklsgs «sk.S,-, in ^sinsn gsd. 7,80 LZK« ^u««Lr «Sk. 3,— ln Usinsn gsd. »,— Die Erzählung führt an die Stätte der oberschlesischen Arbeit. Aber sie sieht das Gewühl der Werkstätten, das Ein und Aus der Gruben und Hütten, die Schornsteine und Schachttürme, die Hal den und Stapelplatz-, die Bilder all der unabschätzbar verzweigten Industrie und der menschlichen Mühsal im Schein von Feuer und Qualm fern unter sich, von besonderer Warte, den Fenstern der Lei- tungs- und Verwaltungsgebäude aus geschaut. Der Roman Heinrich Domi niks verlegt den Schwerpunkt des Ge schehens in die Seele der Arbeit schaffen den Unternehmer und Führer und läßt sie an ihrem eigenen Widerstreit sich messen und erschüttern. In ihnen voll zieht sich der mächtige, immer in neuer Gestalt erstehende Kampf zwischen Macht und menschlichen Rechten, und in ihnen sucht der Verfasser die Frage der gegen wärtigen Welt auf nützliche, klare Weise zu lo'sen. Dem Streben zur rastlosen, atemverwehrendsn, werkerwsiternden Tat, dem stahlharten, Seelen nicht ach tenden Willen zum Gewinn, zum aus beutenden Zusammenschluß, zur unbe dingten Gewalt über den Erdball, die Brudcrgeschöpfe zu Sklaven und den le bendigen Leib einer schaffenden Gesamt heit zur tödlichen Maschine macht, steht jene unerforschte, in Zurückhaltung sich verbergende und am Ende der Dinge stets siegreiche Kraft gegenüber, die um oas wahrhaft Wichtige sorgt. „Christian Lammfell", der Lebensbericht eines heiter, unsäglich gut und genüg sam gearteten Priesters, hat durch Marie Barsch-Muthreich die Bearbei tung erfahren, die nottat, um das schöne Werk dem lesenden Menschen der Jetzt zeit zugänglich zu machen. Der Roman beginnt in der Zeit des Alten Fritz und führt seinen Helden, den Husarenjungen und späteren kleinen Kaplan durch Kind heitsfreuden, Nöte, Schmerzen und Ge lübde, durch ein in langen und lang samen Wogen gehendes Geschick, durch unendliche Liebesaussaaten und Dankes- crnten und durch siegreich überwundene Anfechtungen über das biblische Alter hinaus. Das Buch hat unvergleichlichen Reiz und seltenen Seelenwert, reinste Gesittung, Feinheit der Malerei, über wältigenden Biedermeierhumor und zu heißer Erschütterung vermag es oft durch allerkleinfte Züge zu rühren. Der Leser neigt sich dem Helden in wahr hafter Liebe entgegen als dem Geschöpf eines Dichters, an dem die höchste Aus lese seiner Zeitgenossen, auch Goethe, Wohlgefallen fand, eines Menschen mit heiligem Willen, der die Sehnsucht vie ler Seelen, Vollkommenheit suchend, in sich sammelte und sie sichern Fußes durch alle Irrgärten der Zeitlichkeit trug bis an den unsichtbaren Brücken bogen, der sich aus dieser Heimat hin über in die andere Heimat spannt. Ein freudenmächtiges und schmerzreiches Bild wahrhaften Menschseins, geschaf fen, dem Nächsten die Dunkelheiten eige ner Lebenstage zu klären und ihn den Weg der lauteren Kraft und Seelenver teidigung gehen zu heißen. Dies pfad weisende Licht geht nicht allein vom jungen Michael, dem Kutschersohn, Kind einer schlesischen Kleinstadt, aus, sondern von allen Menschen des Buches, guten und bösen, am erkennbarsten freilich von denen, die vornehmen Willens sind. An heimelnde Sprachkunst, warm, klar und bildreich, faßt alles Sichtbare, den Men schen und die schöne Heimat zwischen Zobten und Eulengebirge, kräftig an und umdeutet das Gefühlte sicher und zugleich behutsam, so daß es in seinen Unfaßbarkeiten nicht verletzt, in feiner Größe nicht beschränkt wird. Ein Buch voll leiser und feiner dichterischer Schön heit, das uns aufdringlich erzählt und so, wie es von Empfindung innerlich be lebt ist, auch den Leser miterleben läßt, — miterleben läßt dis Schicksale von Menschen, die man gemeinhin die soge nannten einfachen Menschen nennt, die aber in ihrem inneren Erlebnis viel komplizierter, zarter und tiefer sind, als das Wort „einfach", das leicht etwas geringschätzig klingt. Sieben Bilder und der Schmuck des Titelblattes sind von Kurt Arendt für Las Buch gezeichnet. s«kru»v 2.