Suche löschen...
Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 30.05.1883
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1883-05-30
- Erscheinungsdatum
- 30.05.1883
- Sprache
- Deutsch
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id39946221X-18830530
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id39946221X-188305306
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-39946221X-18830530
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
Inhaltsverzeichnis
- ZeitungBörsenblatt für den deutschen Buchhandel
- Jahr1883
- Monat1883-05
- Tag1883-05-30
- Monat1883-05
- Jahr1883
- Links
-
Downloads
- PDF herunterladen
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
Malen aufgenöthigt wurde, daß der deutsche Buchdrucker oder Ver leger selbst bei allem Aufwand an gutem Papier, schönem Druck, brillanten Illustrationen u. s. w. schließlich es fast immer an irgend einer Kleinigkeit fehlen läßt, was dann den günstigen Eindruck abschwächt und eine gewiße Mißstimmung hervorbringt. Es ist, wie wenn ein splendider Gastgeber, der an seltenen Gerichten und kostbaren Weinen nichts spart, ja selbst Verschwendung damit treibt, als Schlyß eine schwache, gar kalte Tasse Kaffee und eine geringe Cigarre folgen läßt. Ein bibliopolischer Gastgeber dieser Art ist allerdings Herr Klinkhardt nicht, denn er läßt es bis ans Ende an nichts, auch nicht an Mokka und Havana, fehlen; es ist bei ihm alles perfect. Schon sein Einladungsschreiben berechtigt zu großen Er wartungen. Ein Couvert, in zwei Farben ausgeführt, mit „ge druckter" vollständiger Adresse des Empfängers, umschließt die Einladung in Briefquartformat, die, ebenfalls zweifarbig auf bestem Büttenpapier gedruckt, ein kleines Meisterstück in Re- naissance-Gothisch ist, umgeben von einer breiten und reichen, mit Schriftzeilen untermengten Bordüre. Und welche neue Aufmerk samkeit gegen den Empfänger! Da tritt das liebe ich demselben wieder in Typen entgegen; welch' ein chimborafsischer Unterschied in der Höflichkeit zwischen einem gedruckten und einem, wenn auch noch so schön geschriebenen Namen! Herr Klinkhardt ist ein Menschenkenner und weiß, welch' ein großer Reiz für viele darin liegt, sich gedruckt zu sehen. Nach Entfernung einer einfachen Cartonhülle nebst einer hübsch gedruckten Schutzdecke entpuppt sich ein höchst geschmackvoll gebundener, starker Großquartband mit gemustertem Goldschnitt. Der Leinwandüberzug ist im zartesten Modegrau mit rothen, schwarzen und Gold-Pressungen. Die breite Umrahmung mit nobel einfach ornamentirten Eckfeldern wird von vier Medaillons unterbrochen: demBuchdruckerwappen und denEnblemen der Typo graphie, der Lithographie und der Schriftgießerei, in Hellem Gold auf silbernem Fond. Das länglich-viereckige Mittelschild trägt den Titel „Probenalbum der Buchdruckerei Jul. Klinkhardt in Leipzig". Es ist uns nicht erinnerlich, einen Leinwandband gesehen zu haben, der weniger den Gedanken aufkommen ließ: Wäre doch der Deckel von Leder statt von Calico! Alles ist harmonisch und der Raum so vortrefflich benutzt, daß nicht weitere Wünsche entstehen. Wir suchten auf den mit schönem Brocatpapier überzogenen Innen seiten nach dem Namen des Buchbinders, fanden ihn jedoch nicht; erst später wurde uns klar, daß auch der Einband und die Stempel dazu aus der Anstalt hervorgegangen sind, die demnach Buch druckern, Schriftgießerei, Graviranstalt, Lithographie und Buch binderei in sich vereinigt. Begierig den Titel zu sehen, blätterten wir weiter; da steht uns jedoch eine dritte, die größte, Ueberraschung bevor. Mitten auf einem Widmungsblatt von einer in der That wunderbar zarten Ausführung, sowohl was die Verwendung der Ornamente, als den Druck in den leichtesten chamois, braunen und grünen Farben betrifft, erblicken wir wieder in großer Rundschrift — nicht die Firma der Druckerei — nein, unsere eigene werthe Firma*), wäh rend eine kleine bescheidene Zeile uns belehrt, daß der große Julius Klinkhardt dem kleinen Verleger a. D. das Prachtbuch widmet. Das kitzelt! Die eingeschriebene Nummer 28 deutet zwar darauf hin, daß nach der Rangordnung im Alphabet außer 27 Vorder männern wohl etwa 22 Hintermänner dieselbe Ehre genießen, aber als 50. in die Gesellschaft von 49, jedenfalls nicht der schlechtesten Collegen versetzt zu werden, das macht Einen doch um einige Zoll *) In dem in der Ausstellung ausgelegten Exemplar natürlich nur in der Phantasie des Berichterstatters vorhanden. höher, außerdem mundet das Gute in guter Gesellschaft doch besser, als wenn man es allein genießt. Welcher Art diese Genüsse sind, kündigt ein kurzes Vorwort, gleichsam eine feine Tafelkarte, an: Brotschriften, Noten, Zier schriften und Einfassungen, Probecolumnen aus der Praxis, in denen fast alle modernen Gattungen von Werk- und Accidenz- schriften vertreten sind, nicht weniger die Leistungen der, der Firma gehörenden, I. G. Bach'schen lithographischen Anstalt. Der eigentliche Titel, an den wir jetzt glücklich gelangt sind, ist ebenfalls ein Prachtstück von Satz und Druck in den zartesten Verzierungen und Farben, welche letztere durch einige Partien in dunklerem Braun größere Geltung und Abrundung finden. Das Blatt ist in dem Charakter einer Vorhalle mit leicht zurückgeschla genen Vorhängen. Man kann denken was man will über die Ver wendung der typographischen Linien und Ornamente zu architek tonischen Aufbauten; mit größerem Geschick, als es hier geschah, lassen sie sich kaum benutzen. Das Einzige, was etwas störend in dem Blatte wirkt, sind die winzigen Gutenberg- und Senefelder-Sta- tuetten zwischen den Pilastern an den Seiten und das ebenfalls sehr kleine Medaillon des Gründers der Firma in dem Fries. Nach einer äußeren Ansicht des geschäftlichen Schauplatzes folgt eine statistische Denktafel über Inventar und Personal in dem bekannten Wöllmer'schen Stile. Da wir es jedoch nur mit dem Buch als Muster eines Musterbuches zu thun haben, überspringen wir die Details und bemerken kurz, daß, wenn auch die 411 Mit wirkenden in den verschiedenen Fächern der geschäftlichen Vor stellungen nicht auf der Tafel mit Namen aufgeführt sind, es doch aus allem hervorgeht, daß manche derselben nicht bloß die Rollen unbekannter Statisten ausführen. Es folgen nun „Praktische Winke für den Verkehr der Buch händler mit der Buchdruckerei" und ein in Roth und Schwarz ge drucktes „Correcturformular". Dann muß, ehe man an den eigent lichen Kern gelangt, noch ein Frontispice, wir würden sagen „über standen" werden, wenn uns nicht wieder ein prächtiges Kunstblatt, diesmal in kräftigen Farben gehalten, entgegenleuchtete, dem später andere ähnliche Blätter noch folgen, welche uns nur zur Wieder holung des bereits Ausgesprochenen nöthigen könnten. Ueber die Proben selbst haben wir nur zu sagen, daß die Anstalt sich als ein durchaus modernes Institut im besten Sinne des Wortes manifestirt. Den fast überreichen Werk- und Jllustra- tions-Druckproben folgt eine Reihe von Accidenzblättern im Charakter der schon besprochenen Widmungsblätter und Frontispice. Es ist alles modern; es wird aber so geschickt mit Ornament, Linie, Schrift und Farbe umgegangen, daß selbst die gries grämigsten Anhänger der alten Typographie ihr Wohlgefallen daran haben müssen. Man lernt zugleich recht einsehen, wie gerade bei dem jetzigen überwältigenden Reichthum an Material so außer ordentlich viel auf die Geschicklichkeit und den Geschmack des Setzers sowohl als des Druckers ankommt, denn mit demselben Material hätte unter anderen Verhältnissen ebenso gut vollständig Unver dauliches geleistet werden können. Der nun folgende Theil, welcher „Proben der Bach'schen lithographischen Anstalt" gibt und ebenfalls durch „praktische Winke" eingeleitet wird, zeigt, daß die Anstalt namentlich auf dem Gebiete der Naturwissenschaften in der weitesten Bedeutung vieles und Tüchtiges geleistet hat; wir unterlassen jedoch auf Einzelnes ein zugehen, da dieser Abschnitt der Proben uns nicht in dem Sinne hervorragende Kinder der Zeit vorführt, wie es in den Blättern des typographischen Theils der Fall war. Und somit schließen wir unseren Bericht über dieses Probe buch. Wir haben nicht die Absicht gehabt, Reclame für die Klink- hardt'sche Officin zu machen, sondern nur unsere lebhafte Aner-
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
- Doppelseitenansicht
- Vorschaubilder