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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 09.09.1933
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- 1933-09-09
- Erscheinungsdatum
- 09.09.1933
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- Deutsch
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^ 210, 9. September 1933. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. b. DtschnBuchhaubel. den könne. Er verwies damit auch für den neuen Staat, gerade für den neuen Staat, jede Erörterung über künstlerische Dinge auf die ewige, absolute Werthaftigkeit, die echter Kunst an sich eignet, und die sie hinaushebt über Bindungen, die für echte Kunst unerträglich sein müßten, er verwies aber nicht weniger nachdrück lich jede Erörterung über künstlerische Dinge auf das eine große Schaffensgesetz, daß ewige Aufträge nur von der Grundlage des eigenen Volkstums aus erfüllt werden können, und daß künstlerische Freiheit recht verstanden ist nur in der freiwilligen Anerkenntnis der Bindungen, die in den Lebensgesetzen eines Volkes begriffen sind. Ein Volk aber dient immer zugleich einer irdischen und einer göttlichen, einer physischen und einer meta physischen Aufgabe; und gemeinsam ist den umfassenden Dop pelheiten dieser Aufgaben, vom Aspekt des göttlichen wie des- menschlichen Auftraggebers aus gesehen, jene »letzte Wahrheit«, die, wie der Parazelsusdichter Kolbcnhcyer einmal sagte, im Fest halten der eigenen Art liegt als eines Besitzes, der einem Menschen und einem Volk in jedem Augenblick seines Lebens genommen werden kann, und ohne den ein Mensch und ein Volk arm, leer, ausgehöhlt, zukunftslos ist. Aufgabe des Dichters ist es, seines Volkes Art, diese lebenspendende »letzte Wahrheit« zu er spüren und im Bewußtsein des Volkes lebendig zu erhalten. Auf gabe des deutschen Dichters als des Angehörigen eines Vol kes, dessen Geschichte in Glanz und Dunkel so sehr aus dem heldi schen Lebcnsgrunde hcrauswächst, ist cs, den heldischen Grundzug im Wesen des deutschen Volkes zu erspüren, künstlerisch zu ver anschaulichen und dem Volk zu lebendigem Bewußtsein zu bringen. Wir wollen es nie vergessen: der heldische Gedanke ist der große Machtgcdanke der deutschen Geschichte, wobei Macht hier nicht das geringste zu tun hat mit irgendwelchen Herrschaftsansprü chen auf das Eigenleben anderer Völker, sondern lediglich in Selbst achtung, Sclbsttrcuc und Sclbstcrfüllung, äußerste Anspannung aller, schon geweckter und noch ungeweckter, in uns ruhen den Lebenskräfte bedeutet, also im tiefsten Sinne nicht Herrschaft über andere, sondern über uns selbst als einzelne Deutsche und über uns selbst als Volk, oder anders gewendet: Herr schaft über unser einzelnes und über unser ge meinsames Schicksal. »Auf Poesie sind die Throne gegründet«, sagte einst der große Soldat G n eisenau — und in der Tat — nichts könnte aus geistigem und kulturellem Gebiet so gefährlich für uns sein, als die Forderung nach einer neuen Dichtung — und was noch wichtiger ist —, nach einem neuen Verhältnis zwischen Volk und Dichtung und Dichtung und Volk zu überhören. Wo wir bisher die Verneinung volkstumsgebundener Werte und Anschauungen, die Verneinung aller sittlichen Insti tutionen einer innerlich noch anständigen nationalen Gemeinschaft hatten, da brauchen wir nunmehr ein Schrifttum, das sich dem neuen Lebensgefüge des Volkes organisch, freiwillig und im Bewußtsein seiner hohen künftigen Sendung ein ordnet. Wo wir bisher raffinierte Seelenzergliederung nach Freud, eitle Selbst- bespicgelung und übereifrig entschuldigendes Verstehen aller mensch lichen Perversitäten hatten, da brauchen wir ein Schrifttum, das den harten Gesetzen einer männlichen Lebensführung unterworfen, und das von echtem Schicksalsgefühl getragen ist; und wo bisher die Altäre der leeren Stosfanbetung standen und hohles Spielen mit Worten, Sätzen, Bildern sich als Dichtung ausgab, da brauchen wir nunmehr ein Schrifttum, das aus den unverbrüch lichen Gesetzen metaphysischer Bindungen ruht und in der F o r m nur den Körper sicht, den sich der »Geist gebaut«. Wir brauchen — zusammenfassend — eine Dichtung, dielebendig ist, weil sie die Zeit bejaht, in der sie wird, und weil sie die Lebensgesetze der Gemeinschaft achtet, von der sie getragen ist; und wir brau chen eine Dichtung, die ewig ist, weil sie nicht nach raschem und lautem Beifall schielt, sondern sich untertan weiß der unverrück baren Absolutheil zeitloser, künstlerischer Wertforderungen. War, so drängt es uns weiter zu fragen, war unser Volk an solchen Dichtungen, die den hier ausgesprochenen Forderungen an die neue Haltung des deutschen Schrifttums entsprochen hätten, in der Tat so erschreckend und beängstigend arm? Nein, aber wie jedes G u t erst dann lebendiger Besitz eines einzelnen oder einer Gemeinschaft wird, wenn der einzelne oder die Gemeinschaft 684 den Willen haben, es in sich aufzunehmen und als neue Triebkraft in den unablässig strömenden Kreislauf ihres Lebens überzuführen, so bedarf auch jener unerhörte Reichtum an echten deutschen dichterischen Gütern, der sich all die vergangenen Jahre mit dem Volkstum, in dem er wurzelte, verachtet, verspot - l e t und totgesagt wußte, so bedarf auch er heute, um leben diger Bolksbesitz zu werden, der gutwilligen Aufnahme in dem wie Politisch so auch geistig und seelisch neuausgerichteten Volke, und bedarf der Überführung in den Kreislauf seiner Leben und Zukunft schaffenden Kräfte. In den Jahren der ungestörten Herrschaft der Weimarer Systemparteicn schrieb E. G. Kolbenheyer seine große P ar a z els u s - Trilogie, Hans Grimm sein erschütterndes Notbuch »Volk ohne Raum«, Paul Ernst sein, die macht volle Glanzzeit des deutschen Kaisertums beschwörendes »Kai ser b u ch«, Hermann Stchr seine von tiefster deutscher Lebens mystik erfüllten Romane, und Stefan George seine ehernen Strophen vom großen, ewigen, deutschen Reich — um nur ein paar Namen und Werke zu nennen, die der Sehnsucht nach dem Dritten Reich der Deutschen Ausdruck gaben und ihre Entstehung verdankten; als die Deutschen noch im Remarque-Taumel schwelg ten, schrieben Mechow, Wehner, Carossa, Schauwecker, Jünger und Grabcnhorst ihre hohen, stillen, tapferen Dich tungen vom Krieg und von dem deutschen Aushalten in ihm. Die ser deutschen Dichter Stunde und aller derer, die in ihren Kreis gehören, ist heute gekommen; unsere Ausgabe ist es, unser Volk zu ihnen zu führen und ihre Werke zu lebendigem, in alle Zukunst unverlierbarem Volksbesitz zu machen. Daneben sehen wir die zweite, nicht minder notwendige und nicht minder schwere und verantwortungsvolle Aufgabe, die Stimme jener jungen, noch namenlosen Dichter, die mit uns um den Sieg des fünsten März gekämpft haben, aufzunch- mcn und in unser Volk hineinzutragen. Hier rühren wir an die ganz große Gefahr, zu deren Überwindung der Reichsminister für Volks aufklärung und Propaganda mit seinen Worten gegen den natio nalen und patriotischen Kitsch aufgerufen hat. Hier ist das Urteil oder die Verurteilung schwer, da, wenn auch in vielen Fällen ab sichtlich plumpe oder mutwillige Parodierung und Verzerrung von Stoffen aus der nationalen Anschauungswelt auf den ersten Blick zu erkennen sind, in ebenso vielen anderen Fällen untadelige Ge sinnung sich schützend vor künstlerische Mangelhaftigkeit und Unzu länglichkeit stellen wird. Vor dem Schlimmsten wohl sind wir bewahrt: nämlich vor der alleskönnerischen Gleichschaltung jener Ausgelöschten, die über die Grenzen gegangen sind, aber neben dem, was uns die gebliebenen, mehr oder weniger zweifelhaften Paulusse bieten werden, wird sich in den kommenden Jahren eine rauschende Flut von sogenannten nationalen und auchnationalen Druckschriften über uns ergießen, und wir werden Mühe haben, sie vor dem Damm der künstlerischen Werthaftigkeit zum Ste hen zu bringen, che sie Schaden angerichtet haben wird. Gewiß: kein dichterisches Kunstwerk, das nicht als erste Vor aussetzung d i e erfüllte, dem Volkstum seines Erschaffers ver bunden zu sein, wird in Zukunft unsere Beachtung finden, aber national oder volksverbunden ist eine Dichtung nicht deshalb, weil auf jeder Seite so und so oft das Wort national oder u r (mit all seinen üppigen Zusammensetzungen) oder Erdgeruch vor kommt, oder weil die Namen und Lebensläufe und Kampfschicksale der Führer der nationalsozialistischen Revolution bis zum Über druß beschworen werden, oder weil die Helden das Hakenkreuz oder das Braunhemd tragen. Dies alles führte nur zu flacher Profanierung von Symbolen, Menschen und Werten, die uns heilig sein sollen und die wir daher sicher wissen möchten vor dem Zu griff roher Verständnislosigkeit. Die Voraussetzung einer natio nalen Kunst ist die Ehrfurcht vor jenen Symbolen, Ideen, Trägern, Führern des in einem neuen Werden begrif fenen neuen Deutschland; und künstlerische Ehrsucht »redet- nicht von den Dingen, die die Rede nicht vertragen, sie »bilde t«, da nicht das Wortgcpränge, sondern nur die Anschau ung der neuen Gestalt Harmonie und Schönheit vermittelt. Für eine Kunst, dienational sein will, ist der h öch stc künstlerische Wertmaß st ab und Wertanspruch gerade gut genug. Or. Goeb bels gab mit seinem schon einmal erwähnten Begriff der »heroi schen Kunst« das Stichwort. Daß dieses Wort auch für die
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