15 Aus dem Roman „Holunder in Polen" Holunders Husarenstück tage des Spätherbstes 1918 werden mu ald war Holunder in der schmalen Zeile, in der er ein Schild mit WrobelS Namen fand. Er klingelte. Sofort kamen schnelle Schritte gelaufen, und dann siand atemlos eine kleine Frau vor ihm mit gescheitelten schwarzen Haaren und breiten Backen knochen in einem mageren und gelblichen Gesicht mit traurigen Augen, die aber sicherlich auch gern lachten, wenn Anlaß dazu war. Sie zog ihn hastig herein und sperrte gleich darauf wieder ab und fragte mit guter, aber be drückter Stimme, ob er Nachricht von ihrem Fritz bringe. Nein, den kenne er nicht, aber von ihrem Mann bringe er Grüße. Und er erzählte, was er wußte, und nm die traurigen Augen zu trösten, denn sie brauchten Trost, brachte er auch den Vorwurf von Herrn Schnürlein an, daß er seit Tagen keine Post mehr erhalten habe. Vielleicht sei sie des halb ohne Nachricht vom Fritz. „3", es kommen keine Züge mehr aus dem Reich. Wir alle müssen Geduld haben, nicht wahr?" „So ist es. Sie haben es hier hübsch und ge mütlich." Und weil er durch die offene Türe der Werkstatt sah, meinte er, es müsse angenebm sein, im weißen Holz herumzuschneidcn und Tische und Stühle daraus zu machen. Hm, es tue ihm leid, daß gerade nicht gearbeitet werde! er sehe gern zu. „Riechen Sie auch", fragte er, „wie Holz nach Leben duftet? Es bat etwas ungcbeucrlich Bestän diges." Frau Wrobel wußte nicht recht, was sie mit ihrem Besucher beginnen solle, denn er ging in der Werkstatt herum, als sei er deshalb gekom men, und versuchte die Säge und den Hobel, und dann ließ er sich das ganze kleine Haus zeigen. Er lobte am meisten das Stübchen hoch oben, das über den kleinen Hof binwcg weiten Ausblick ge währte. Also, er sei der Herr Hauslebrer für Willy? „Nicht wahr, das ist doch ein gutes Kind?" „Freilich." Da ließ sich die magere kleine Frau, die sebr sauber gekleidet war, auf einen Sessel niedcrsin- ken und hob die Hände zum Gesicht empor und be gann leise zu weinen. Er war betroffen. „Sie müssen schon verzeihen", schluchzte sie ge ballen und bescheiden, „aber mich überkommt es immer so, aber bitte, sagen Sie meinem Dicken nichts davon." Er versprach es, denn er entnahm aus den Zu sammcnbängen, daß ,der Dicke' wohl Herr Wro bel sei. Und als sie mitteilte, daß sie von ihren El lern aus Posen auch gar keine Nachricht habe, tröstete er sie wiederum. Er sei gewiß, sie würde sie sehr bald erhalten. Und ob sie wisse, wo Leskot sei, deswegen sei er nämlich hierher gekommen. „Der wird morgen abtransportiert."