5488 Xr 146, 26. Juni 1928. Fertige Bücher. VSrseublatt f. d. Dtschn. vuchhaaLel. Ein ungeheures kulturgeschichtliches Material ist hier in ein mitreißendes Epos dichterischen Gepräges umgegossen. e/Lc-hse/r /m ss.—/. TaüLe/rc/ Otto Gmelin Das Angesicht des Kaisers Ein Hohenstaufenroman 319 Seiten geh. 5.—, in Leinen 7.50 Gmelin entfesselt und führt den Kampf der beiden zusammenstoßenden Weltepochen in einem fast verbissenen und doch kampflosen Krescendo zu einer den Sinn langer Zeiten umspannen den geistigen Weite. Er hat das Gefühl für die ungeheuer gegenwärtige Struktur der Lauptgestalt, die allen Wesenswillen der heutigen Spitzenmenschen verwirklicht, die großen uich klaren Linien und einen nie erschlaffenden Atem. Seekuh Lier fesselt das nie zuvor und danach erlebte Wunder der drei in gerader Linie einander folgenden Kaiser wie eine Sinfonie, hier betäubt die Größe dieses Reiches zwischen Rhein und Jordan wie der überirdische Glanz eines Traumes —hier erwacht der Sinn für den Mythos und überrennt die Vernunft, oyne daß wir je ahnen werden, was von beiden das wichtigere ist. In der Zeitspanne zwischen der Todesstunde Leinrichs VI. zu Messina und der „Entrückung" Friedrichs II. zu Florentino ist ein Leben von ungeheurem Reichtum ausgebreitet. Wie das Meteor aus einem Chaos von Abhängigkeiten allmäh lich immer klarer am italienischen und deutschen Lümmel aussteigt und schließlich den ganzen abendländischen und morgenländischen Limmel mit seinem heißen Glanz er füllt, das ist hier in Großartigkeit Bild geworden. Alle Kräfte, die damals Sizilien, Rom, Deutschland, das Morgenland zu geben hatten, alle Strebungen und Strömungen läßt er diesen hellsichtigsten und hell hörigsten aller Hohenstaufen um sich sammeln, sich dienst bar machen und so das Kraftzentrum seiner Zeit werden. Nordisches und Südliches, Franziskanertum und Islam, Magie und Astrologie, Frauen und Tiere, alles ist in seinem Gefolge. Immer höher und höher wächst seine Gestalt über die Völker der Erde, unbegreifbar den mei sten, grauenerregend und doch in strahlender Heiterkeit, verwirrend die an alte Ordnung Gewöhnten, verheißend den Sehnsüchtigen, den Bedrückten, den Weiterschauen den, durch alles Leben lebend, durch alle Gedanken ziehend: so sieht Otto Gmelin den ersten Individualisten des Mittelalters, den ersten Renaissance-Menschen. Es beginnt in Deutschland die Rehabilitierung des Geschichtsromans im Sinne einer Sachlich keit, die gleich weit entfernt ist von gefühlmäßi ger Verschwommenheit wie von trocknemDoku- mententum. Friedrich II. hat zwei Gesichter: eines, das mittelalterlich stumpf, aber stark, das andere, das renais sancehaft aufgeklärt, aber auch schon problematisch blickt. Sehr anschaulich mit epischer Zurückhaltung, macht Gmelin dies alles, besonders die schließliche Fremdheit des Kaisers innerhalb seiner ganzen Epoche, überhaupt ist Enthaltsamkeit ein Lauptvorzug des Buches: Ent haltsamkeitin den Gesprächen, in den Naturschilderungen, in den Frauenerlebniffen, in allen seelischen Bewegungen. Es weht die herbe Luft des Mittelalters. Man fragt sich vor diesem guten und gesunden Buch: warum haben wir vormals in den Geschichtsstunden humanistischer Gymnasien nur Paragraphen nicht einmal immer sachlicher Geschichtsbücher auswendig gelernt? Anstatt einmal gemeinsam einen Geschichtsroman zu lesen, der das rein Historische durch gediegene Epik und Anschau lichkeit des Erzählens einprägsamer macht. Gmelins Crzählertum trägt wie ein breiter königlicher Strom schwerbeladene Frachten. Er gibt den stark profi lierten Charakteren des Kaisers und des gewaltsüchtigen Papstes Jnnocenz eine herrliche Tiefe von Menschlich keit. Herr über Stoff und Werkzeug zeigt er prächtige innere Zucht, zeigt das unvergeßliche Talent eines vollblütigen Epikers. cnc/r/e/r uo/r Oüo 0/»e7s/r Temudschin der Herr der Erde 3. Tausend. Roman geh. 6.—, in Leinen 8.50 astese/r /?oma/r Thomas 3-sa/r/r.' „Ich finde das Buch ergreifend, hervorragend, höchster Aufmerksamkeit wert. Mein Eindruck eines ungewöhnlich schönen und bedeutenden Werkes ist gesichert." Eugen Diederichs Verlag in Jena