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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 07.12.1935
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1935-12-07
- Erscheinungsdatum
- 07.12.1935
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- Deutsch
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284, 7. Dezember 193S. Redaktioneller Teil Börsenblatt s. d. Dtschn Buchhandel. auch seine geistigen Kräfte für den täglichen Dienst aufwenden und seine Nase in kein anderes Buch stecken als vielleicht hie und da in die Dienstvorschrift. Aber der freie Samstagnachmittag bietet, nachdem das »Re- viÄreinigen- und Verschönern des eigenen Menschen erledigt ist, für viele erfahrungsgemäß die freudig begrüßte Möglichkeit, sich bis in den Abend hinein in ein Buch zu vertiefen; ja, für den, der das Lesen und geistige Arbeiten die Woche über ein wenig inißt, stellt eine solche ruhige Lesestunde, wenn die amüsierfreudi gen Kameraden die Stube verlassen haben und mit ihnen die ganze Unruhe und der fröhliche Lärm der Kasernenatmosphärc etwas wich, eine wahre Erholung dar. Ebenso kannten wir nichts Schöneres, als am Sonntag- morgcn, wenn der Herr Unteroffizier vom Dienst den Landsern etwas länger Bettruhe läßt, ein bissel zu schmökern, zumal man gewohnheitsmäßig doch viel zu zeitig wach wurde. Ist aber dann erst einmal die Rekrutenbesichtigung vorüber und damit die gröbsten Aufregungen des »Halbsoldatentums-, so beginnt die schönere Hälfte des Dienstjahrs. Die größten Unsicher heiten sind abgeschüttelt, man selbst fühlt sich soldatcnmäßiger und erfahrener. Sogar die Vorgesetzten werden etwas milder und kehren nicht dauernd mehr die Verachtung über »so viel Eig nungsmangel für den Waffendienst- heraus. Hat man anfangs seinen »Stubendienst« in zwei Stunden mit Mühe erledigt und doch dort nie Staub gewischt, wo der Feldwebel hinlangen wird, so widmet man ihm nun nur noch zehn Minuten und wird nicht mehr aussallen. Der Privatmensch, in glücklicher Mischung mit dem »Kommißkopf-, kommt wieder etwas zum Vorschein, man findet Zeit, sich mit früheren Jnteressensgebieten zu beschäftigen, ohne dadurch während des Dienstes abgelenkt zu werden. Mittags ist jetzt regelmäßig ein wenig Zeit zum Lesen, ganz Faule können sogar ein Mittagsschläfchen wagen, und nach dem Dienst macht es weniger Umstände, sich auf seine Bettstelle oder bei schönem Wet ter in die freie Natur zum Bücherlesen zurückzuziehen. Vor allem in dieser Zeit also kann man beginnen, mit »ruhelosem buchhändlerischen Auge« die Kameraden zu mustern, wie weit Interesse und Neigung zum Buch vorhanden ist. Bestimmt wird jeder zum Buche greifen, den seine bisherige Lebensbahn immer wieder mit ihm in Berührung gebracht hat. Was mich aber überraschte, ist die Tatsache, daß fast jeder der Kameraden meiner Kompanie irgendwie und irgendwann wäh rend der Dienstzeit ans Lesen kam. Erfreulich war es dabei fest zustellen, daß der Schmarren, das Groschenbüchlein, die Schund lektüre bis auf gelegentlich das eine oder andere Exemplar dieser Gattung, das im Spind irgendeines alten Soldaten als Erbstück ausgetaucht war und nun auf Wanderschaft ging, kaum zu fin den war. über diesen Punkt machte ich mir zum erstenmal Ge danken, als ein Stubenkamerad, Landarbeiter von Beruf, da neben großer Sportsmann sowie leidenschaftlicher Soldat, mich auf eine Neuerscheinung hinwies, die er sich persönlich zugelegt hatte und von der er begeistert war, das schöne Buch »Und ewig singen die Wälder». Ich müsse es unbedingt lesen, er wolle es mir auch gerne leihen, allerdings sei cs vorher noch diesem und jenem versprochen, die sich alle schon dringlich vorangemeldct hätten. Tatsächlich, die Freude, die Begeisterungsfähigkeit am schlichten guten Buch war da, die oft etwas skeptisch aufgenom menen Berichte von Berufsgenossen über ähnliche Erfahrungen bewahrheiteten sich. Ein anderer Fall war der, daß ein Unteroffizier »den Buch binder- nach dem Dienst holen ließ: Er saß über einer deutschen Übersetzung eines französischen Napoleon-Werkes. Dieses Buch hatte er sich aus der Bataillonsbücherei besorgt, in die es wohl einmal ausgenommen worden war, um Offizieren zur Instruk tion über Einzelheiten des genialen Feldherrn zu dienen. Das Werk war äußerst schwierig zu lesen, ich verstand zunächst auch wenig von dem, was gesagt wurde. And es war also kein Wun der, daß mein Unteroffizier, der ganz aus eigenem Antrieb ange fangen hatte, sich mit dem Leben Napoleons zu beschäftigen, nicht das finden konnte, was er suchte. Ich besorgte ihm dann ein anderes Werk (»kann ruhig ein paar Mark kosten») und ebenso später eines über den Großen Fritz. 10S0 Das war aber nicht eine Ausnahme, sondern gegen Ende meines Dienstjahrs, als anläßlich einer Sonderausbildung sämt liche Unteroffiziere und Unterführeranwärtcr Vorträge halten mußten mit freigestelltem Thema, konnte ich staunend feststellen, welche vielseitigen Interessen vorhanden waren und sogar welche Kenntnisse. Eine gewisse Vertrautheit mit dem Buche war ohne Schwierigkeiten bei der Mehrzahl der Vortragenden zu be merken. Ich könnte noch eine Reihe von weiteren Einzelcrlebnissen be richten, doch mögen diese Beispiele als Typen genügen sowie der Hinweis, daß ich meine Beobachtungen persönlich in zwei Kom panien machte. Die Mannschaft der einen bestand vorwiegend ans Landbevölkerung, die der anderen motorisierten Kompanie hauptsächlich aus Monteuren, Mechanikern usw. Schließlich sam melte ich noch Erfahrungen anderer aus anderen Truppenteilen und Formationen, die sich mit den meinen meist deckten, sodaß ich mit dem Ergebnis eine gewisse Berechtigung auf Allgemeingültig- keit erheben kann. Es wurde in den Kompanien gerne gelesen, nicht viel, aber doch bei Gelegenheit und dann fast durchweg mit wirklichem Interesse und Freude. Bevorzugt wurden dabei heldi sche Bücher, Abentcucrbücher, romanhaft geschriebene Werke über große Deutsche, aber auch herzerquickende, durch Innigkeit und Herzenswärme erfreuende Literatur. Aber wie steht es nun mit den Gelegenheiten, den Lesehungcr zu befriedigen? Die alten Truppenteile werden ausnahmslos Bibliotheken besitzen, eine Kompaniebücherei, die in erster Linie den Bedarf zu decken imstande ist, Bibliotheken beim Bataillon und Regiment. Mit welcher Pünktlichkeit hier übrigens die entliehenen Werke zurückkommen, würde das Herz jeden Bibliothekars mit Freude erfüllen! Soweit ich mich selbst davon überzeugen konnte, sind diese Büchereien mit Liebe zur Sache ausgesucht und zusammengestellt sowie — wie nicht anders zu erwarten — in guter Ordnung ver waltet. Meist wird es sich bei der Kompaniebibliothek um einen Bestand von hundert bis dreihundert Büchern handeln, der aber das Bedürfnis nach Büchern seitens der Kompanieangehörigen decken dürste. Man muß dabei bedenken, daß diese Büchereien seinerzeit für die langdienendc Reichswehrtruppe zusammen gestellt worden waren, die zwar naturgemäß eine noch gründ lichere Ausbildung während der langen Dienstzeit erhielt, die aber doch wieder dem einzelnen mehr 'Zeit für sich selbst ließ. Die Büchereien sind durchweg ergänzt worden, wenn auch die Mittel der Kompaniekasse nur dürftig fließen können, und wer den gewiß auch weiterhin gut auf dem laufenden gehalten. Es wäre interessant, zu der Frage dieser Bibliotheken noch einen Berufeneren zu hören, der Auskunft über die Mittel und einen Gesamtüberblick geben könnte. Ich weiß nur, daß vor allem bei den neu aufgestellten Truppenteilen, vor allem auch bei der Luftwaffe, leider teilweise solche Büchereien noch nicht vorhanden sind, weil mit den gegebenen Mitteln sehr hausgehalten werden muß. Abgesehen von diesen Büchereien (die übrigens auch zu etwa geforderten Vorträgen usw. gerne verwendet werden) wird sich aber der eine oder andere persönlich Bücher zulegen, bzw. sic schon besitzen und »verpumpen«. Mit großer Wahrscheinlichkeit kann inan das von den mili tärischen Ausbildungsbüchern behaupten, die vor allein zur Un terführerausbildung der letzten Zeit unbedingt erforderlich sind. Hier wird auch von den Vorgesetzten darauf hingewiesen und die Anschaffung sehr empfohlen, sodaß die Nichterwerbung zur Aus nahme zählen dürfte. Geldliche Zuschüsse von zu Hause, die bei den meisten gelegentlich cintrefsen, ermöglichen derartige An schaffungen in kleinem Maße auch. Das Gleiche gilt vom Kartenmaterial, wo Persönliche An schaffung bei uns durchaus nicht zu den Seltenheiten gehörte, von Broschüren zu kleineren Vorträgen, Kalendern, Taschenbüchern und so weiter. Die Anschaffung eines größeren Werkes allerdings wird auch in Zukunft zu den Ausnahmen gehören, mindestens während der
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