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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 03.12.1935
- Strukturtyp
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- Band
- 1935-12-03
- Erscheinungsdatum
- 03.12.1935
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- Deutsch
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^ 280, 3. Dezember 1935. Redaktioneller Teil. Jugend im B. — Buchhändler K. -- Kundin K. Das ist ja heute ein Betrieb in Ihrem Laden — reinweg wie in einem Taubcnschlag! Man könnte wahrhaftig meinen, es wären nur noch ein paar Tage bis Weihnachten und nicht ein paar Wochen. Geht cs denn jetzt immer so lebhaft zu bei Ihnen? B. Nein — leider nicht. Nur jetzt, wo die Tage so unfreundlich trüb und die Abende so lang sind, bekommen die Leute Lust aufs Lesen, und die Bücher steigen im Kurs. November. Dezember, Januar — die dunkelsten Monate im Jahr, das sind zugleich die richtigen Lesemonatc. Sobald der Frühling kommt, flaut das Interesse ziemlich schnell wieder ab ... K. Ach, dann ist das also nur eine Saisonerscheinung! Und ich hatte mir schon eingebildet, der muntere Berkauf hier wäre ein Zeichen dafür, daß Bücher ganz allgemein wieder mehr ge schätzt würden. Aber das war dann wohl eine Täuschung. B. Nicht so ganz. Das heißt, Sie können nicht von dem einen be sonders guten Tag auf alle anderen Tage des Jahres schließen, es kommen zwischendurch immer wieder sehr stille Zeiten, und cs werden immer noch zu wenig Bücher gekauft, weil die Geld mittel knapp sind. Aber dieser Zustand wird nicht ewig dauern, sondern er geht vorüber. In den letzten zwei Jahren bereits ist der Umsatz, langsam zwar, aber doch recht erfreulich ge stiegen, und wenn auch die Beträge, die das Publikum auf wendet, klein sind, so steigt doch die Zahl der Käufer. K. Ach — aber das ist doch sehr interessant! Denn wenn tatsäch lich die Zahl der Käufer steigt, dann wäre das ja ein Zeichen dafür, daß das Buch nicht mehr ein mehr oder weniger großer Luxusartikel für einen nach Einkommen und Bildung begrenz ten Leserkreis ist, sondern daß immer breitere Volksschichten für das Buch gewonnen werden. B. Ja, soweit ich das in meinem kleinen Kreis beobachten kann, ist das auch zweifelsohne der Fall. K. Und die Gründe? B. Gründe? Ach, da gibt es natürlich eine Unzahl! Aber denken Sie nur einmal an die vielen Wissensgebiete, die durch den Nationalsozialismus neu erschlossen oder neu belebt worden sind — an die Rassenkunde etwa, an die Erblehre — oder an die Geschichtsforschung, vor allem die deutsche Vorgeschichts forschung. Oder denken Sie an solch eine Werbeaktion wie die »Woche des Deutschen Buches«, die kürzlich wieder unter Ein satz aller, aber auch aller verfügbaren Mittel abrollte. Solch eine großzügige Buchwerbung geht doch an den Menschen nicht spurlos vorüber. — Oder nehmen Sie die preiswerten Buch reihen, die es jetzt in so großer Zahl gibt, diese 80-Pfg.-Bände von Langen-Müller, vom Insel-Verlag, von Stalling oder Eugen Diederichs. Die Bedeutung dieser kleinen Bändchen, bei denen sich ein wertvoller Inhalt mit hübscher Ausstattung ver bindet, kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden, denn sie werden gerne gekauft — und da der Appetit bekanntlich beim Essen kommt, bleibt auch der Käufer gewöhnlich nicht bei dem einen Band stehen, sondern er kommt wieder, nimmt einen zweiten und «inen dritten und schließlich auch einmal ein größeres Werk. K. Ja, das leuchtet mir ein. Aber wenn Sie so schöne Erklärungen geben können, dann erklären Sie mir doch auch einmal, woher es kommt, daß man bei Ihnen im Laden so viele junge Ge sichter sieht. Wenn ich warten muß, wie auch heute wieder, dann sehe ich mir gerne die Leute an, die so ein- und aus gehen — und bei Ihnen ist es mir direkt ausgefallen, wieviel Jugend hier ins Geschäft kommt: Pimpfe und Schüler, Lehr buben und junge Arbeiter. Dabei hört man doch immer wieder, daß die Jungens heute gar kein Verständnis für Bücher hätten, sondern sich ausschließlich für den Sport interessierten und allenfalls noch für technische Fragen, für Automobile und Flugzeuge und solche Dinge. Buchladen B. Ach ja — das ist so ein dummes Geschwätz, über das ich mich schon oft geärgert habe. Es ist einfach Unsinn, daß jeder sport begeisterte Junge nichts von Büchern wissen will. Im Gegen teil, die Buben verschlingen heute genau so viel und so be geistert Bücher wie vor zehn und vor zwanzig Jahren, und jeder richtige Junge — wenn er nicht gerade ganz hohl und oberflächlich ist, was ja auch vorkommt und immer vorkam — fühlt sich bei seinen Büchern genau so zu Hause wie auf dem Sportplatz oder bei seinen technischen Basteleien. Nur eins ist richtig: die Jungens von heute sind anspruchsvoll und wäh lerisch in ihrer Lektüre, sie unterscheiden sehr scharf zwischen wertvollen und minderwertigen Büchern — und die minder wertigen, albernen oder auch Platten Machwerke, die lehnen sie natürlich ab. Aber das ist ja durchaus kein Fehler, darüber kann man im Gegenteil nur froh sein. K. Ja. allerdings. Aber was wird denn nun eigentlich gelesen? Wenn Sie so nachdrücklich betonen, daß die Jungens an spruchsvoll sind bei der Auswahl ihrer Lektüre, dann ist wohl mit Indianer- und Abenteuergeschichten nicht mehr viel los. B. Ach doch — bei den Zehn- bis Vierzehnjährigen schon. Da ist immer noch der Lederstrumpf Trumps und dann eben, wie Sie schon sagten: abenteuerliche Erzählungen und zwar nach dem Motto: je grausiger und gefahrvoller, desto besser. Aber aus diesem Alter wachsen ja die Jungens sehr schnell heraus, die meisten fangen schon überraschend früh an, neben den Abenteuergeschichten auch andere Bücher, z. B. die aus dem Voggenreiter-Verlag zu lesen. Außerdem haben auch schon die Pimpfe ihre eigene Zeitschrift, die Nationalsozialistischen Jungensblätter »Morgen«, die von der Reichsjugendführung herausgegeben werden... K. Aber diese Nationalsozialistischen Jungensblätter und die Bücher, von denen Sie bisher sprachen, sind doch nur für die Pimpfe berechnet... B. Ach nein, nicht einmal! Auch die Älteren lesen sie. Aber außer dem werden auch sehr viel Kriegsbücher gelesen und alle Bücher, die mit Seefahrt Zusammenhängen. Die Wieder erlangung unserer Wehrfreiheit hat das Interesse für Werke, die den Neuaufbau der Kriegsmarine und des Heeres be handeln. außerordentlich belebt. Es leuchtet ja auch ohne wei teres ein, daß solche Bücher einem Jungen Zusagen. Aber wenn ich Ihnen erzähle, daß auch Gedichte von Hölderlin und Nietzsche gelesen werden, dann ist das nicht mehr so ganz selbst verständlich ... K. Nein, allerdings — das hätte ich nicht erwartet! Aber Sie werden mir doch nicht wcismachen wollen, daß die Jungens mit diesen fertigen Wünschen zu Ihnen kommen und nun ein fach dieses oder jenes Buch verlangen. Ich weiß doch aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist, den rechten Zugang zu diesen Büchern zu finden. B. Ja, das ist sehr wahr — und es ist auch ganz richtig, daß die Jungens meistens keine bestimmten Wünsche haben, sondern nur ein ganz unbestimmtes Ahnen und Verlangen nach dem Großen und Schönen und Edlen, und dann muß man sich eben mühen, ein Führer zu sein. Leider gibt es aber noch Buch händler, denen das zu viel Arbeit und Umstände macht. Ein besonders gutes Kassengeschäft ist ja mit den jugendlichen Kun den meistens nicht zu machen — deshalb muß auch so ein Junge gewöhnlich ganz bescheiden in den Ladenecken herum stehen und darf sich mit dem Lehrbub begnügen. Na, und der Lehrbub kann ihm natürlich auch nicht viel raten und helfen, denn er hat selber die meisten Bücher noch nicht gelesen K. Ja — lesen Sie denn alle Bücher, die Sic Ihren jungen Kun den empfehlen? B. Aber selbstverständlich — in diesem Punkt verlasse ich mich niemals auf fremde Kritiken, immer nur auf das eigene Urteil. Denn wenn ich meinen Jungens gedankenlos und verantwor- 1031
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