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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.01.1935
- Strukturtyp
- Ausgabe
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- 1935-01-05
- Erscheinungsdatum
- 05.01.1935
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- Deutsch
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W 4, S. Januar 1835. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. d. Dtschn Buchhandel. Vielleicht möchte es sich empfehlen, wenn ich bei dem Rückblick auf meine einjährige Tätigkeit systematisch vorgehe, indem ich meine Eindrücke in der gleichen Ordnung vortrage, wie ich die Deutsche Bücherei in Etappen durchlaufen habe. Um klar auszudrücken, was ich sagen will, möge es mir noch gestattet sei», vorauszuschicken, daß ich meine erste und nachhaltigste Berufsausbildung in Amerika er halten habe und daß Amerika in mir den stärksten Eindruck hinter lassen hat, der, wie ich heute überzeugt bin, darauf beruht, daß Amerika cs verstanden hat, die Bibliotheksprobleme von der rein praktischen Seite aus anzugreifen und in vieler Hinsicht, wenn auch nicht vollständig, so doch annähernd einer Lösung entgegenzuführen. Das Zauberwort, das hier so großen Nutzen gestiftet hat, hieß: ge sunder Menschenverstand, und dies ist nach meiner Meinung das Kriterium, nach dem die Arbeit in den Bibliotheken in erster Linie beurteilt werden muß. Mit diesen (Gedanken und diesen Erfahrungen begann ich meine praktische Tätigkeit an der Deutschen Bücherei, die in ihren Ausgaben und in ihrer ganzen praktischen Anlage so sehr den amerikanischen Bibliotheken ähnelt. Meine ersten Erfahrungen sammelte ich in der Ausleihe, die als eine der interessantesten Abteilungen der Deutschen Bücherei an- znsprechen ist. Tie Ausleihe ist diejenige Stelle in jeder Bibliothek, deren Verwaltung eine besonders delikate Behandlung erfordert. Ich möchte sagen, sie ist die Stelle, die der Bibliothek gewissermaßen erst ihr Taseinsrecht verbürgt. Ich kann mir keine Bibliothek vorstellen, die nicht zuerst an die Benutzer denkt, und man mnß sich wirklich wundern, daß es heute noch in gewissen europäischen Ländern Insti tute gibt, die gleich den mittelalterlichen Bibliotheken nur einem be grenzten Kreis von wissenschaftlichen Benutzern den Zutritt gestatten. In der Leihstelle konnte ich besonders deutlich erkennen, wie die Deutsche Bücherei ihre Benutzer bedient. Ich muß gleich vorauS- schicken, daß der Ausleihedicnst hier vorzüglich organisiert ist und daß sich der Betrieb mit größter Regelmäßigkeit und (Genauigkeit ab wickelt. Bedenken habe ich jedoch gegen das nur viermalige Leeren der kästen, das mir in Anbetracht der langen Öffnungszeit der Deutschen Bücherei als zu wenig erscheint. Das ist aber »korce ma- joui'6«, d. h. es liegt leider an der geringen Anzahl des Personals. Dasselbe gilt für das Magazin: denn auch hier überrascht der Per sonalmangel. In italienischen Bibliotheken hat man mit Erfolg junge Leute im Magazin angestellt, die in kurzer Zeit dazu angeleitet wur den, rasch die verlangten Werke znsammenzuholen, eine Einrichtung, die, wie ich höre, auch in verschiedenen deutschen Bibliotheken ver sucht worden ist. Und so dürfte ich vielleicht auch noch auf etwas an deres Hinweisen: mir ist nämlich ausgefallen, daß die Bestellzettel — zwar in der guten Absicht, die Benutzer gründlich zu bedienen — zu lange brauchen, um ihr Ziel, die verlangten Bücher, zu erreichen, und daß die Bestellzettel durch zu viele Hände gehen. Das ist in der Theorie vorzüglich, in der Praxis aber kommt eine zu lange Warte zeit für den Benutzer heraus: denn zwei Stunden Wartezeit erscheint mir, jedenfalls mit amerikanischen Verhältnissen verglichen, als zu lang. Bewundernswert ist die Gründlichkeit, mit der in der Deutschen Bücherei jeder einzelne Bestellzettel individuell mit liebevoller Sorge betreut wird, obgleich ich oft den Eindruck hatte, daß auf die Ent zifferung der manchmal allzu schlecht geschriebenen odsr nachlässig hingckritzelten Zettel zu viel kostbare Zeit verwendet wird. Was mir beim Sachkatalog besonders gut erschien, ist der Umstand, daß er allen Benutzern zugänglich ist. Sein Wert liegt darin, daß er, logisch aufgebaut und mit sehr praktischem Sinn ein gerichtet, die Interessen der Benutzer in jeder Weise berücksichtigt. Daher war es für mich mehr als ein bloßes Vergnügen, drei Monate in dieser Abteilung arbeiten zu dürfen. Bei dieser Arbeit habe ich wieder meine alte Überzeugung bestätigt gefunden, daß alle Experi mente bezüglich der systematischen Katalogisierung völlig nutzlos sind. Die Bibliothekswissenschaft ist nämlich eine rein praktische Angelegenheit, u n d der Katalog i st Fein philoso phisches Problem, sondern -Handwerkszeug Und Hilfsmittel für die wissenschaftliche Arbeit, der von Hunderten von Personen jeder Art und jedes Bildungsgrades in Anspruch genommen wird. Denn wie kann man von einem so vielgestaltigen Publikum, wie cs die Benutzer darstcllen, verlangen, daß cs sich in die starren und komplizierten Klassifikationsregeln hineinsindet, die weder mit der Wissenschaft noch mit der Praxis etwas zu tun haben! Diese Klassi fikationsregeln, wie immer auch ihr Raine sein möge, sind das Werk eines manchmal sehr findigen Kopfes: kann man aber das Publikum zwingen, mit den Gedanken eines Bibliothekars zu denken? Die Schöpfer der meisten dieser Klassifikationsregcln haben nämlich, scheint'?, vergessen, daß die Kataloge dazu dienen, die Bücher zu finden, und nicht dienen die Bücher dazu, um im Katalog verzeichnet zu werden. Der Katalogdienst ist kein Sport, sondern eines der hauptsächlichsten Mittel zur Bedienung der Benutzer! Die Kataloge, die von den Benutzern eingesehen wer den, müssen faßlich und beguem sein. Ter Schlagwortkatalog, auf dem alphabetischen, also dem natürlichsten, bekanntesten und international verbreitetsten Prinzip fußend (und das mögen sich die Herren Dok toren in Brüssel gesagt sein lassen!), bietet dem Benutzer das beste Nachschlagemittel dar. Er ist nicht das Ideal! Wahrscheinlich gibt es überhaupt keinen Jdeal-Kalalog und wird es ihn nie geben. Aber der Sachkatalog der Deutschen Bücherei, wie er heute eingerichtet ist, ist das Beste, was dem Publikum geboten werden kann. Ich möchte hier ein kleines Beispiel zum besten geben, das zeigt, wohin die Manie, alles zu systematisieren, führen kann. Gerade dieser Tage erhielt ich von einem indischen Kollegen ein Buch über ein neues von ihm erfundenes System*). Ich will mir die genaue Beschreibung dieses Systems ersparen und mich darauf beschränken, die Signatur eines Buches nach diesem System zu nennen ^ 0: 2 9 64: 9 vv dl 57. Tie Auflösung dieses Rätsels ist folgende: 0 ^ Literatur: 2 — Drama; 9 -- 17. Jahrhundert: 64 — Ge burtsjahr Shakespeares; 9 — Kritik; n ^ Biographie; dl — 19. Jahrhundert; 57 — Geburtsjahr des Verfassers. Der Titel lautet also »Biographie eines Shakespeare-Spezialisten aus dem 19. Jahrhundert«. Nach diesem Beispiel können wir uns vorstellen, daß ein anderer Kollege ein noch durchsichtigeres System aufstellen könnte, das seine Weisheit vielleicht aus der Logarithmen tafel zieht! Um auf meine Arbeit am Sachkatalog der Deutschen Bücherei zurückzukommen, so möchte ich sagen, daß mir diese viel leichter ge fallen ist, als die an den Katalogen, die nach der Dezimalklassifika- tivn geordnet sind. Und ich hatte eigentlich nur eine große Schwie rigkeit zu überwinden, nämlich die der deutschen Sprache. Trotzdem aber konnte ich mich schnell in den Katalog einarbeilen, und das scheint mir doch sehr zu seinen Gunsten zu sprechen. Besondere Aufmerksamkeit beansprucht der Verlegerkata log, der für mich etwas ganz Neues bedeutete, da es das erstemal war, daß ich einen solchen Katalog zu sehen bekam. Er sollte von anderen Bibliotheken nachgeahmt werden; denn abgesehen von seinem hohen praktischen Wert darf er vom historischen Standpunkt aus als ein Archiv der Geschichte des Buchhandels seit 1913 angesehen werden. Was den Alphabetischen Katalog betrisst, so möchte ich dem Bedauern Ausdruck geben, daß seine Titelkarten außer nach Verfassernamen und Ordnungswörtern nicht auch noch nach Sach- titeln geordnet sind, wie es z. B. bei den amerikanischen Alphabeti schen Katalogen, den »cross eatal-o§s«, der Fall ist. Das bedingt zwur ein beträchtliches Mehr an einzuorduenden Karten, ist aber von gro ßem praktischen Wert; denn es kommt ja oft vor, daß ein Benutzer von einem Buch den Namen des Autors vergessen, wohl aber den mehr oder weniger genauen Wortlaut des Titels im Gedächtnis hat. Solche Fälle machen besonders her Auskunftstelle zu schaffen und sind erfahrungsgemäß ohne Hilfe des Sachkatalogs oft nicht zu klären. Die Anskunftstelle ist meiner Meinung nach eine be sonders gut organisierte Stelle in der Deutschen Bücherei, der noch eine große Zukunft beschicken ist. Es ist in ihrem Charak er begrün det, daß sie Wirtschaft und Leben durchdringt und allen zu Hilfe kommt. Sie ist die Stelle, an der die Fach- und Allgcmeinkenntnisse des Bibliotheksbeamten sich erst zum vollen Nutzen für das Publikum auswirken. Jemand hat vor kurzem die Anskunftstelle der Bibliothek mit einer Handelsagentur verglichen. Dieser Vergleich hat mich nicht in Erstaunen versetzt: der'ihn niedergeschrieben hat, war eine französische Kollegin, eine Vertreterin jener lateinischen Welt, in der die Biblio thek als eine Art Heiligtum angesehen wird. Diese Auffassung steht natürlich in offenem Widerspruch zu her modernen Theorie nach der die Bibliothek allen Volksgenossen zu dienen hat. In den Vereinigten Staaten spielt die Auskunft, das sogenannte »rekerencs rvonk«, eine große Nolle und hat sich von großem Nutzen für das Publikum er wiesen. Der oben angeführte Vergleich der französischen Kollegin, der besagt, daß sie die Anskunftstelle für überflüssig hält, ist grund falsch, schon darum, weil mindestens die Hälfte aller Anfragen wissen schaftlicher Natur ist. Allerdings hängt gerade bci der Auskunftstelle die Schnelligkeit, mit der sie das Publikum bedienen will, zum Teil von der numerischen Stärke ihres Personals ab, abgesehen von der jeweiligen Schwierigkeit der zu beantwortenden Anfragen. Ein sehr wichtiges Hilfsmittel für das Auskunftsbüro stellt der Handapparat der Deutschen Bücherei dar, von dem ich sagen mnß. daß er eine der schönsten bibliographischen Sammlungen ist, die ich kennengelernt habe. In diesem Zusammenhang möchte ich mir als Ansländer gestatten, eine kleine Anregung zu geben, obwohl *) S. N. Nanganathan, Oolon Olassilicatiou. hlackrus, l'ko löbrar^ ^.ssoeiLliou; T-ouckou, L. Oolckstou s1933). 13
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