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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 06.05.1925
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- 1925-05-06
- Erscheinungsdatum
- 06.05.1925
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- Deutsch
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7492 Börsenblatt f. d. Dtschn. Buchhandel. Redaktioneller Teil, X- ISS, 6. Mai 1925. Weise verschoben, daß die Überproduktion unter den heutigen Ver hältnissen andere Wirkungen auslöst und anders einzuschätzen ist als früher. In der Zeit überwiegenden Bedingtverkehrs trug das Risiko der Verlag fast ganz allein. Er konnte es wohl, weil er damals auch seinerseits beim Lieferungsgewerbe größere Kredite bewilligt erhielt, die heute fehlen. Das Sortiment hatte beim Bedingtverkehr aus seinen Bruttoeinnahmen in erster Linie nur seine Betriebsunkosten (im weitesten Sinne) zu decken. Die Frage der Lagerergänzung machte nur geringere Sorge. In je größerem Umsang jetzt der Sortimenter mit einem Lager arbeitet, das sein Eigentum ist, desto ernster wird für ihn die Frage der Vermögens- Verwaltung. Allerdings lernt er kaufmännischer denken und besser wirtschaften. Er gewinnt so überhaupt erst wirklich Klarheit über seine Vermögenslage, und je stärker er sich wirtschaftlich macht, desto leistungsfähiger wird er. Aber unverkäufliche Einkäufe tref fen ihn nun auch unmittelbarer, werden nun zur wirklichen Last. Seine Arbeit wird unter Umständen in viel engere Richtungen geleitet, seine Beweglichkeit und Vielseitigkeit muß Nachlassen. Bor allem wird seine Kaufkraft nun weit stärker beeinflußt, wenn die laufenden Einnahmen infolge zurückgehender Umsätze nur noch zur Deckung der laufenden Unkosten, nicht aber mehr zu Lager- crgnnzungscinkäufcn ausreichen. Im ganzen wirkt sich alles das dahin aus, daß der Sortimenter weit mehr als früher nach seinem eigenen Interesse und Notwendigkeiten wirtschaftet — das eigene Risiko erzwingt eigenen Willen —, daß er also nicht mehr einfach nur durch die Unternehmungstendenzcn des Verlags bestimmt ist. Der Verleger spürt das zunächst nicht in Gestalt einer Erhöhung seines eigenen Risikos — das erscheint im Gegenteil vorläufig in gewissem Sinne gemindert—, sondern lediglich zeit- und stellen weise in Form größerer Zurückhaltung des Sortiments. Damit wächst im Verlag die Neigung, dort, wo das Sortiment so an geblich »versagt», den Absatz seiner Erzeugnisse unmittelbar in die Hand zu nehmen. Unter der Herrschaft des Bedingtvcrkehrs bedeutete zunehmende Produktion für das Sortiment lediglich er höhte Inanspruchnahme seines Fassungsvermögens, seiner Ar beitskraft, vor allem auch seiner Unkostenbelastung durch den wachsenden Remittcndcnverkehr. Aber die Mehrproduktion suchte doch immer noch in der Hauptsache den bequemen und billi gen Weg über das Sortiment zur Käuferschaft. Heute, wo das Sortiment die wachsende Produktion nur nach dem Maß seiner Fähigkeit aufnchmcn kann, die ihm zugefallene Finanzierung des Verkehrs zu bewältigen, sucht die von ihm nicht aufnehmbare Überproduktion naturnotwendig verstärkt den Weg unmittelbar zur KLuferschaft. Das ist die neue Situation, und deswegen ist die Überproduktion heute ernster zu nehmen. Der hier schon wiederholt erfolgte sachliche, neutrale Hinweis auf diesen für alle offen zutage liegenden Zusammenhang ist mir von einer Seite so ausgelegt worden, als würde damit der direkte Vertrieb des Verlags »empfohlen». Das bedeutet jedoch eine völlige Berken, nung der Sachlage. Die Konstatierung einer Tatsache ist noch lange keine Empfehlung. Sollte wirklich, selbst wenn ein Ver fahren alles andere als empfehlenswert ist, deshalb sein Vor handensein nicht konstatiert und seine Bedeutung nicht besprochen werden dürfen? Das wäre sehr bedenkliche Vogel-Strauß-Politik, mit der man ebensowenig vorwärts kommt wie mit Sentimentali täten. So wie die Dinge liegen, ist, wie mir scheint, vorläufig eher mit einer weiteren Verschärfung der Spannung zu rechnen als mit der Möglichkeit ihrer sofortigen Beseitigung. Dieser Tat sache gerade gilt es offen ins Auge zu sehen, um sich vor Ent täuschungen zu bewahren. Die Gefahren für das Sortiment sind keineswegs zu verkennen, noch zu unterschätzen. Eine völlige Preisgabe des Sortiments ist nicht möglich. Es kann nicht alles direkt vertrieben werden. Für manchen Verlag ist das Sorti ment unentbehrlich. Je mehr aber der direkte Vertrieb seitens des Verlags, der dafür geeignet ist, ausgebaut wird, desto mehr wird cs dem Sortiment erschwert, die für alle gleichmäßig wünschens werte Neubildung und Stärkung seines Betriebskapitals rasch ge nug zu erreiche». Das Sortiment kann also nicht leistungsfähiger werden. Die ungenügenden Umsätze drücken inzwischen die Renta bilität. Das Sortiment muß aus erhöhte Brnttociunnhmen sehen und seine Einkäufe danach einrichten, was seine Tätigkeit in ge wisser Hinsicht weiter eincngt. Aber auch die Nabatticistung des aus das Sortiment angewiesenen Verlags hat Grenzen. Je teurer das Sortiment wird, desto weiter greift die Tendenz zu direkten, Vertrieb um sich. Jeder neue Verlag aber, der dazu übergeh», entwöhnt dem Sortiment weitere Kunden. Das Ganze wird eine Kette ohne Ende. Der einzige Trost für das Sortiment bleibt, daß auch für den direkten Buchvertrieb das Sprichwort gilt, es sei dafür gesorgt, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Direkter Vertrieb unter völligem Verzicht auf das Sortiment ist normalerweise auf die Dauer überhaupt nur für einen eng be grenzten, bestimmten Teil des Verlags möglich. In je größerem Umfang der Verlag allgemein darüber hinaus zu direkter Bear beitung des Publikums übergeht, desto rascher wird sich die Woge überschlagen. Im ersten Augenblick sind naturgemäß Erfolge zu erzielen. Neue Besen kehren immer gut. Die besonderen Um stände eröffnen gegenwärtig auch größere Vorteile. Wie wird es aber auf die Dauer sein? Je größer die Zahl der Teilnehmer wird, desto schärfer wird die Konkurrenz, desto knapper wird die Kalkulation werden müssen, desto inehr wird der Apparat aus gebaut werden müssen, um den Absatz zu steigern und auch ab gelegenere Gebiete noch bearbeiten zu können, desto größer werden die Unkosten im Verhältnis zum möglichen Gewinn. Dann wird aber sehr bald wieder die Grenze erreicht sein, wo der Vertrieb durch das Sortiment doch billiger und erfolgversprechender er scheint. Hoffentlich sind dann nur noch genügend zahlreiche lei stungsfähige Sortimentsbetriebe übrig geblieben, daß der Verlag keine Enttäuschung erlebt und daß es zur Umstellung nicht end gültig zu spät ist. Naturgemäß wird aber der Kampf auch in den Reihen des Verlags zu einer Auslese führen. Je schwieriger die Arbeitsbedingungen werden, desto rascher wird insbesondere ganz von selbst die Produktion die Einschränkung auf das Maß er fahren, daß sich das Sortiment, sofern es nicht allzu geschwächt ist, wieder eher in den Stand gesetzt sehen wird, sie in ausschlag gebendem, befriedigendem Umfang aufzunehmen und den Haupt vertrieb durch seine Hände zu leiten. So würde sich die heutige Spannung von selber lösen. Frei lich ist das Risiko groß, wenn man sich nur auf die natürliche Auslese und die vielleicht allzu lange Zeit beanspruchende auto matisch-mechanische Heilung der Wirtschaft selbst verläßt. Alle Beteiligten haben dabei beträchtliches Lehrgeld zu zahlen, und es können Schäden entstehen, die nie mehr gut zu machen wären. Deswegen gilt es doch schon heute: viäsaut oousulssl Das Sorti ment kann die Wendung zu seinen Gunsten beschleunigen, wenn es schon jetzt mit aller Kraft daran geht, seine Leistungsfähigkeit zu stärken. Werbung allein genügt dazu nicht, so wichtig sie selbstverständlich auch ist. Aber man muß sich vor der Werbung nur um der Werbung willen hüten. Stets ist zu prüfen, ob der mögliche Erfolg auch den Einsatz lohnt. Mindestens ebenso wich tig ist die Verbesserung der inneren Rentabilität und die Re organisation des Betriebs auf größtmögliche Wirtschaftlichkeit hin. Es gilt, vergleichbare Betriebe auf ihre Arbeitsmethoden hin zu studieren und von ihren Erfahrungen zu lernen. Es gilt, den Markt auf alle Möglichkeiten hin eingehendst zu untersuchen, um sich den neuen Verhältnissen aufs beste anzupassen. Wohl kommt gerade der Buchhandel init Recht iinmer wieder auf gewisse, ein fachste, praktisch bewährte Methoden zurück. Er bestätigt stets aufs neue Ben Akibas Wort: »Es ist alles schon dagewesen». Trotzdem oder vielleicht gerade deswegen darf er aber nicht unter einem Übergewicht von Tradition erstarren. Das bewährte gute Alte verliert seine volle Wirksamkeit, wenn es zur mechanisch ge- handhabten Routine entartet. Der Geist, der es allein lebendig macht, will ständig erneuert sein. Der alte Wein will vor allem immer wieder einmal in neue Schläuche gefüllt werden. Ganz besondere Beachtung verlangt die Tatsache, daß infolge des Welt krieges die Heranbildung eines leistungsfähigen Nachwuchses eine beträchtliche Unterbrechung erfahren hat. Hier sind Lücken vor handen, die sehr bedenklich stimmen müssen. Die Frage der Lehr lingsausbildung gewinnt damit erneut ausschlaggebende Bedeu tung, wie überhaupt die Hauptprobleme der Zukunft des Sorti ments und des Buchhandels im ganzen auf dem Gebiet der Er ziehung und Fortbildung liegen dürsten. Je leistungsfähiger aber das Sortiment wird, desto eher kann es beim Verlag auf Ent gegenkommen rechnen, und der Verlag kann und sollte in seinem
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