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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 21.06.1934
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1934-06-21
- Erscheinungsdatum
- 21.06.1934
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- Deutsch
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Mitteilungen der Werbestelle. Jum Thema: Buch-Schaufenster. Im Börsenblatt Nr. 118 vom 24. Mai 1934 stellten wir fünf Abbildungen von Muster-Buchschaufenstern zur Aussprache. Mit dem nachstehenden Aufsatz be ginnen wir den Abdruck der Zuschriften. Weitere Äußerungen, die Neues zum Thema bringen, sind uns willkommen. W e r b e st e l l e. »Das Entscheidende für die Buch-Schaufenstergestaltuug über haupt ist, daß das Buch ja nicht n u r eine Ware darstellt, die allein durch ihre äußere Form zum kauf auregt und deren Wert mit dieser abgeschlossen ist, sondern sein eigentlicher Wert im Buchinhall liegt«, dieser von Fritz v. Baltier stammende Latz darf niemals lung organisch, lebendig und wirkungsvoll gestaltet werden soll. Wir wissen zur Genüge, daß die Buchhandelsauslagen weithin einer Auffrischung und Verlebendigung bedürfen. Sicherlich wird der aus einer anderen Branche kommende Schaufenstergestalter und Deko rateur dazu manchen guten Hinweis geben können. Gerade Vor schläge, die von Außenstehenden kommen, schließen aber zugleich anch die große Gefahr ein, daß sie die besondere Materie und d i e eigene Sphäre des Buchs gegenüber jeder anderen Ware außer acht lassen, vielleicht nicht einmal ahnen. Es ist nun einmal so, daß das Buch nichts an sich ist, sondern erst aus seinem Inhalt heraus zum Werte wird. Und wie in seiner gesamten Haltung und seinem Tun der Buchhändler zumeist vor anderen Aufgaben steht als jeder andere Einzelhändler, so kann man beim Suchen eines Wegs aus der Erstarrung der derzeitigen Buch- Schaufenster heraus sich der aus anderen Branchen gewachsenen Deko rationsideen fast durchweg nur zum Schaden der eigentlichen buch werbenden Wirkung bedienen wollen. Zu diesen grundsätzlichen Ausführungen bin ich überm Betrachten der auf den letzten beiden Umschlagseiten des Börsenblattes Nr. 118 gezeigten Musterfenster gekommen. Da die Werbestelle diese Fenster und den dazugehörigen Text der Neichsfachschaft deutscher Werbe fachleute ausdrücklich zur Grundlage einer Aussprache bestimmt hat, so möchte ich, was mir zu sagen notwendig scheint, in Form einer Kritik an diesen M u st e r f e n st e r n sagen: Das Fenster 1 mit der großen Attrappe in Form eines auf geschlagenen Buches benutzt das Wesen Buch nicht innerlich, sondern nnr mechanistisch, kann also Bnchwerbewirkung in dem Sinne, wie wir sie wünschen, keinesfalls besitzen. Die auf der rechten Seite des aufgeschlagenen Buches angebrachte Teutschlandkarte mit ein gefügtem Hakenkreuz ist in der Werbung aller Sparten während der letzten 1^ Jahre so vielfach, teils gnt, teils schlecht, verwendet worden, daß sie als Blickfang längst völlig abgegriffen ist. Schlecht und für die Werbewirkung durchaus unbrauchbar ist auch die An ordnung der ausgestellten Bücher innerhalb der anderen Seite der Buchattrappe auf Regalen und so, daß der Beschauer nur Buch rücken an Buchrücken, also nicht ein einziges Buch mit dem Gesicht (dem Buchdeckel) zu sehen bekommt. Und daß das Sprüchlein »Deutsch land lebt im deutschen Bnch. Darum greift zu! Lest!« in seiner Gemeinplätzigkeit auch nur einen einzigen Beschauer zum Buchkauf veranlassen könnte, muß erfahrungsgemäß als ausgeschlossen be zeichnet werden. — W. Appelbohm, von dem dieser Entwurf stammt, schreibt in seinen grundsätzlichen Darlegungen selbst, daß man auch Bücher dekorativ zeigen könne und sie nicht nur schemamäßig ohne jede Verbindung mit einer Idee und ohne jeden Aufbau auslegcn müsse; Aufbau und Verbindung mit einer Idee müssen aber innerlich der geistigen Substanz des Buches ent sprechend geistig gearbeitet werden, nicht äußer lich mechanistisch, wie Appelbohm selbst es mit der von ihm vorgeschlagenen Attrappe gemacht hat. Die Niesenattrappe etwa einer Chlorodvnt-Tube oder eines Damenschnürstiefels kann im Schau fenster des betreffenden Ladens Wcrbewirkung haben, hat sie sogar bestimmt. Die große Buch-Attrappe aber ist ein leeres Gehäuse, weil Buch eben nicht aus Umschlag, Einband, Bindung und Papier besteht, sondern aus dem, was darauf gedruckt ist, dem geistigen Inhalt, der der Attrappe mangelt. Die drei Fenster von Alfred Bücken erscheinen mir von den Erfordernissen einer besonderen Buchwerbewirkung her ge sehen noch weniger brauchbar als die Appelbohmsche Attrappe. Bückens Fenster Nr. 5 mit der Fülle von bunt zwischen Riesen regale gestapelten Büchern ist seiner ganzen Anlage nach nichts Neues. Diese Art von Blickfang und solche Versuche zur lebendigen Auf lockerung einer Büchermassenausstcllung haben wir seit Jahr und Tag — oft lebendiger und wirkungsvoller nicht nur in den Groß städten, sondern auch in Provinzbuchhandlungen sehen können. Die Plakataufschrist »Deutsche Bücher« erscheint mir sinnlos. Ich könnte ihr eine Berechtigung und dann allerdings auch Wirkung nur zu erkennen, wenn eine französische Buchhandlung etwa in Paris ein deutsches Sonderfenster einrichtet. Daß eine deutsche Buchhandlung in ihrem Fenster üblicherweise deutsche Bücher ausstellt, bedarf doch wirklich keines besonderen Plakathinweises. — Die für F enster 4 gezeichneten Köpfe von Angehörigen der verschiedensten Berufsgruppen, mit denen das schaffende deutsche Volk versinnbild licht werden soll, sind erstens in der Zeichnung an sich geschmacklos; zweitens werden weder Bäckergesellen, noch Schornsteinfeger, noch SA-Männer ausgerechnet in Berufskleidung sich vornehmlich mit Büchern befassen. Auch stört wiederum hier die nichtssagende und törichte Aufschrift »D a s d e u t s ch e B u ch«. Wie sehr viel wirkungs voller, anziehender und einladender könnte etwa in diesem Falle die schlichte Aufschrift »Auch für Sie ein Buch!« wirken. — Geradezu das Gegenteil von Wcrbewirkung erscheint mir Bückens F e n st e r Nr. 3, das nicht wirbt, nicht einlädt, nicht anregt, sondern abschreckt. Diese Figur, die »über dem Ganzen als Sinnbild geistigen Strebens stehend die deutsche Frau« darstellen soll, »die in kämpfe rischer Haltung gegen Schundliteratur für deutsche Bücher demon striert«, ist in ihrer breitbeinig, kämpferisch demonstrierenden Hal tung niemals das Sinnbild der deutschen Frau, sondern ein Suf- fragetten-Wesen aus überwundener Vorkriegszeit weiblicher Ver irrung, ein Scheusal und Schreckgespenst. Hier wird im Sinne einer- völlig abwegigen Werbeverkrampfung der Materie Buch und dem Wesen Frau gleicherweise unrecht getan. Nichts Schlimmeres aber kann der Werbende tun, als das, wofür er werben will, zu ver krampfen, statt — wie es sinnvoller Werbung unentbehrlich zu gehört — die Ware und die Bedeutung, die diese für den zu ge winnenden Käufer hat, aufzulockern. An sich ist der Gedanke natürlich sehr gut, endlich einmal die Frau in die Werbung fürs Buch einzubeziehen. Das geht aber nur im Aufzeigen der echten und sinnvollen Beziehungen, die vom gelebten Leben her Frau und Buch verbinden. Denkbar ist also und sehr wirkungsvoll sein würde ein Fenster, in dem geschmackvoll angedeutet die am Familien tisch den Ihrigen vorlesende Frau und Mutter gezeigt wird. Bei einigem Nachdenken wird man hier auf eiue Kette von Möglichkeiten dekorativer Gestaltung stoßen: diese müssen aber unter allen Um stünden jeden Krampf vermeiden, und immer muß zum Aus druck koinmen, daß Frau und Buchzusammen lebe n. Nach so viel ablehnender Kritik bleibt mir nur das Fenster Nr. 2 (Entwurf Fritz v. Valtier), zu dem aus den vorgetragenen Grundsätzen heraus eine bejahende Haltung gefunden werden kann. Hier ist erstens einmal die allen anderen Fenstern fehlende ein ladende und anrufende Aufschrift: »Jeder schenkt ein Buch«, eiue auffallende, freundliche und jeden einbeziehende Devise. Hier zeigen die ausgelegten Bücher gleichmäßig das volle Gesicht; es ist keines mit dem Rücken, sie sind alle mit dem Vorderdeckel dem Be trachter zugekehrt. Die Auswahl der Bücher selbst ist sehr vielgestal tig, sodaß wirklich jeder dabei ein ihn angehendes Buch wird finden können. Wenn man die Möglichkeit fände, diesen Entwurf noch so zu erweitern, daß eine Unterteilung der ausgelegten Bücher nach ver schiedenen Gruppen (für die unterschiedlichen Altersstufen sowie Berufs- und Bildungsbezirke) getroffen würde, so möchte ich diese Art Fenster als Ideal bezeichnen. — Das eine jedenfalls hat dieser Entwurf allen weit voraus: er behandelt Buch als Buch und holt die erstrebte Werbewirkung unmittelbar aus der Sphäre des Buches heraus. Und nur solche Werbung für das Buch hat Sinn. Alles andere ist nicht nur vergebliche Liebesmüh, sondern geradezu schädi gend, weil es die Werbenotwendigkeiten und Werbemöglichkeiten anderer Branchen in das durchaus auch in dieser Hinsicht autoritäre Gebiet des Buches hineinschleppt. Karl Rauch.
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