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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 02.01.1914
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- 1914-01-02
- Erscheinungsdatum
- 02.01.1914
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Ob das Unternehmen des Angeklagten als »Anstalt« zur gewerbsmäßigen Beförderung von Drucksachen nicht gelten könnte, wenn er sich darauf beschränken würde, nur die Aufträge eines bestimmten, abgeschlossenen Personenkreises auszuführen, bedarf hier nicht der Entscheidung. Die Strafkammer bemerkt allerdings am Schlüsse des Urteils, der Angeklagte beschränke sich daraus, einzelnen Firmen, bei denen er ein besonderes Interesse an einer Reklame innerhalb seines Abonnentenkrcises borausfetzt, die Verbreitung ihrer Pro- spekte in seiner Zeitschrift besonders anzubieten. An anderer Stelle ist jedoch festgcstellt, daß die Aufträge dem Verlage von den Firmen »teils ohne eigene Bemühung« — das kann doch Wohl nur bedeuten: »ohne daß sich der Angeklagte um einen Auftrag bemühte« —, teils auf das schriftliche Anerbieten B.s tdes Mitangeklagten), zu dessen Obliegenheiten die Gewinnung derartiger Aufträge gehörte, zugingen. Darnach ist zunächst selbstverständlich, daß B. sich nicht nur an einzelne bestimmte Per sonen, sondern an möglichst viele wandte, sonach die Dienste des Angeklagten »allgemein« anbot. Daß er hierbei eine Auswahl traf, die sich nach der Aussicht auf einen Erfolg seiner Bemühun gen bestimmte, ändert hieran nichts. Aus der Feststellung geht aber weiter hervor, daß dem Angeklagten auch Aufträge von Per sonen zugingen, denen er nicht zuvor seine Dienste angcboten hatte. Er hat auch solche Aufträge ausgcfiihrt und sonach sein Unterneh men der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt. Das ist entscheidend svergl. Entsch. d. R.-G. i. St.-S. Bd. 36, S. 148 n. f.). Die Art, wie dies der Allgemeinheit bekannt gemacht wurde, ist für die Art des Unternehmens selbst ohne Bedeu tung, sie war vielmehr durch diese selbst bedingt. Die wirksamste Bekanntmachung lag übrigens in der Versendung der Drucksachen mit der Zeitung selbst, denn jeder Empfänger konnte hieraus er sehen, daß sich der Angeklagte ebenso wie andere Verlagsan stalten mit der Beförderung der Drucksachen gewerbsmäßig be faßte. 3. In dem Urteile des Reichsgerichts vom 5. April 1902 wird die Anwendbarkeit des Art. 3 der Novelle vom 20. Dezember 1899 aus die gewerbsmäßige Tätigkeit eines Angeklagten, der im Betriebe seiner Vcrlagsanslalt mit der Aufschrift bestimm ter Empfänger versehene Drucksachen als Beilagen der von ihm verlegten Wochenschrift befördert hat, mit der Begründung ver neint, das; diese Beilagen keine andere Bedeutung zu beanspru chen haben, als die in der Wochenschrift selbst enthaltenen Inse rate, deren Zweck sie auf weniger kostspieligem und zugleich wirk samerem Wege zu erreichen suchen. Es ist aus den abgedruckten Urteilsgründen nicht zu ersehen, ob die den Inseraten gleich gestellten Beilagen von dem Angeklagten selbst hergestellt waren. Unter dieser Voraussetzung könnte der Auffassung des Reichsge richts beigetreten werden. Sind aber die Beilagen, wie im gege benen Falle, anderwärts gedruckt und dem Inhaber der Ver lagsanstalt bloß zu dem Zweck zugesandt worden, damit er sie mit der von ihm verlegten Schrift verbreite, so kann dem Interesse, das die Auftraggeber an einer möglichst billigen und wirksamen Verbreitung ihrer Ankündigungen, Prospekte usw. haben, eine Bedeutung für die rechtliche Beurteilung der Tätigkeit des In habers der Verlagsanstalt nicht beigelegt werden, die in der ge- werbsmätzigen Beförderung der fremden Drucksachen besteht. Der Art. 3 der Novelle verbietet den Betrieb auch solcher An stalten, die sich nur mit dem Einsammeln oder nur mit dem Be fördern usw. von Drucksachen befassen. Dadurch, daß der Ange klagte die ihm zugeschickten Drucksachen zur Post aufgegeben hat, hat er eine Beförderungstätigkeit ausgeübt, während deren die Drucksachen mit der Aufschrift bestimmter Empfänger bereits versehen waren. Daß er die ganze bis zur Aushändigung der Sendung an den Empfänger erforderliche Beförderungstätigkeit selbst ausgeführt hat, ist für die Anwendung des Art. 3 der No velle nicht erforderlich. Das Verbot trifft jede Form der Be förderung, durch welche die Tätigkeit der staatlichen Postanstalt bei der Übermittlung von adressierten Drucksachen u. s. s. aus der Hand des Absenders ganz oder teilweise ausgeschaltet wird. Es kann daher nicht von Belang sein, daß der Angeklagte die ihm zugesandten Drucksachen nicht einzeln für sich, sondern je mit einem Stück der von ihm heransgegebenen Zeitung unter der Adresse eines bestimmt bezeichneten Empfängers befördert. Auch in diesem Falle »vermittelt er nur den Übergang des Gewahr sams an den zugeschickten Drucksachen aus der Hand des Absen ders in die des Empfängers, er schiebt sich als Mittelsperson ein und entzieht dadurch der staatlichen Postanstalt einen Teil des ihr zukommenden Versandverkehrs« (vergl. das Urteil des R.-G. vom 18. Mai 1909, S. d. Entsch. in St.-S. Bd. 42, S. 350 s352/53j). 4. Die Rüge, daß durch die Entscheidung des Berufungsge richts der Art. 3 der Novelle vom 20. Dezember 1899 verletzt sei, ist sonach begründet. Das bayerische oberste Landesgericht hat also im engen An schluß an Aschenborn dessen von uns für irrig erklärte Auslegung der Entstehungsgeschichte des Gesetzes sich zu eigen gemacht, und es hat mit keinem Wort die von uns nachdrücklich hervorgehobe nen Verhandlungen in der Reichstagskommission berücksichtigt, insbesondere nicht die beruhigende Erklärung des Regierungs vertreters, der damals ausführte, der Gesetzgeber dächte nicht daran, den Gepflogenheiten des Buchhandels entgegenzutreten, er wolle im Gegenteil nur die Anstalten treffen, die gewerbsmäßig (in Konkurrenz zur staatlichen Post) die Beförderung von Briefen usw. über nehmen. Inzwischen hat auch schon die neuerliche Verhandlung vor der Strafkammer des Landgerichts München I stattgefunden, am 5. und K. Dezember 1913, und trotz der von dem Obersten Landes gericht gegebenen Richtlinien ist die Strafkammer abermals zur Zurückweisung der staatsanwaltschastlichen Berufung, also zur Freisprechung des Angeklagten gelangt, freilich auf einem Um weg, der die grundsätzliche Bedeutung des oberstlandesgerichtli chen Urteils für die künftige Auslegung des Gesetzes nicht beein trächtigt; das Landgericht hat nämlich, ausgehend von der auch von uns gewürdigten Tatsache, daß erst am 1K. Oktober 1912 die bayrische Postverwaltung ihre Organe auf die angebliche Unzu lässigkeit der Zeitschriftenbeilagen in Kreuzbandsendungen hinge wiesen habe, und auf die weiter von dem Angeklagten aufgestellte Behauptung, daß er vor Erlassung der Strafbefehls von dieser Stellungnahme der Postbehörde keine Ahnung gehabt und von der Erlassung des Strafbefehls an keine Zeitungsbeilagen unter Kreuzband mehr versandt habe, Beweis erhoben durch einen Beamten des bayrischen Verkehrsministeriums über die Frage, ob die Postverwaltung bis zu dem Rundschreiben vom 16. Okto ber 1912 jene Versendungsart stillschweigend geduldet habe. Der als Zeuge vernommene Ministerialbeamte mußte diese Frage be jahen, und so konnte das Landgericht den Angeklagten mit der Feststellung freisprechcn, daß ihn subjektiv kein Verschulden treffe, wenn auch objektiv eine Verletzung der Postgesetznovelle vorliege. Der Zeuge hat aber in seiner Aussage eine Mitteilung von ungewöhnlicher Bedeutung gemacht; er hat milgeteilt, daß in dem auch von uns wiederholt erwähnten Regensburger Fall das Landgericht selbst, ohne die Aburteilung dem Schöffengericht zu überweisen, in erster Instanz entschieden und den Angeklagten freigesprochen habe. Auch in diesem Fall sei Revision eingelegt worden. Diese Revision muß, da sie sich gegen ein erstinstan- zielles Urteil einer Strafkammer richtet, vom Reichsgericht borbe- schieden werden. Es wird also in absehbarer, freilich nicht zu naher Zeit, das Reichsgericht seine früheren Urteile nachzuprüfen und Stellung zu dem Urteil des bayrischen Obersten Landesge richts zu nehmen haben. Gleichgültig aber, ob das Reichsgericht zu der gleichen oder zur entgegengesetzten Auffassung wie das bayrische Oberste Lan desgericht kommt, die Rechtsunsicherheit, auf die wir in unseren früheren Ausführungen hingewiesen haben, wird dadurch nicht geringer, da nach wie vor die außerbayrischen Oberlandesgerichte regelmäßig in letzter Instanz zu entscheiden haben und hierbei weder an die Rechtsprechung des Reichsgerichts noch des bayri schen Obersten Landesgerichts gebunden sind. Immerhin ist an zunehmen, daß, wenn die beiden obersten Gerichtshöfe zu einheit licher Anfsassung kämen, die Mehrzahl der Oberlandesgerichte sich ihnen anschließen würde.
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