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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 01.02.1934
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- 1934-02-01
- Erscheinungsdatum
- 01.02.1934
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X- 27, I. Februar 1934. Redaktioneller Teil. Börsenblatt f. b. Ttschn Buchhandel. vielleicht das ewige Buch liefern. Wir dürfen ihn nicht ent täuschen. Denn in solchem Buche liefern wir ihm zugleich auch das Buch an dem er am meisten verdient: nicht heute — aber heute und morgen. Der »dost soller- eines Jahres erschöpft sich — wir haben hundert Beispiele in der Welt dafür — häufig schon in dem nämlichen Jahre; und nicht nur daß fein Erfolg verpufft wie eine Seifenblase, daß seine Wirkung auf die Menschen, sein Wert für den Leser (im Bücherschrank), sein kultureller Wert unvergleichlich ärmlich sind: den Buchhändler der sich auf den dost sotlor stürzt lässt die Ware oder der Käufer bald im Stich. Erst die langlebigen Bücher machen den Verlag, machen de» Buchladen. Es ist verkehrt für beide Teile, riskant und lotterie haft, Schlager heransbringcn zu wollen. Viel tausend Nieten kommen auf dieses Bestreben und selbst ein Treffer schützt im nächsten Jahre nicht vor leeren Kassen. Seien Verleger kühn wo das Genie, der Geist, der wahre Dichter, der echte Denker sich zeigen; aber ängstlich wo Sensa tionslust, der »interessante Stoff-, das angeblich Phantastische allein daherkommen — ohne Geist, ohne schöpferische Kraft, ohne die wahre Verführung im Stil und in jeglichem Wort. Das Volk jedoch sei anspruchsvoll. Das wird dem Buchhandel gut bekommen und ihn vor manchem faulen Ladenhüter schützen. Warum soll das Volk, das der Buchhandel doch in den Laden locken will, sich langweilen? Warum soll cs auf übliche Anprei sungen und wohlmeinende Kritiken hcreinsallen? Gestehen wir nur: wir, die Schriftsteller, sind die Verantwortlichen. Dies sei unser Verhältnis zum Buchhändler. Daraus freilich leiten wir das Recht ab das; der Sortimen ter die Autoren kennt und über ihre Werke Bescheid weist um die es geht. Erst dann wird er das sein können was seine Ehre aus macht: der Vermittler geistigen Gutes einer Nation an die Nation und an die Welt. Ich kann nicht behaupten dast der junge Buchhändler von heute, soweit ich ihn kenne, dieser seiner Pflicht nicht nachkommt. Er kümmert sich um die Autoren deren Bücher er vorwiegend verkauft. Er geht ihnen vielleicht mit einer etwas zu bereitwilligen Liebe oder Vorliebe nach. Aber der Buch handel weiß im allgemeinen noch nicht bis zu welchem hohen Grade und hohen Nutzen eine wahre Kenntnis der schöpferischen Kräfte der Zeit für sein Geschäft gesteigert werden kann. Erst bei dieser Kenntnis wird cs dem Sortiment gelingen zu einem ewigen und immer mit neuem Zufluß gespeisten »Vorrat- dessen zu gelangen was er sucht: nämlich der gängigen Ware. * Die Verantwortlichkeit des Buchhändlers ist höchste Verant wortlichkeit. Sie ist fast die eines Seelsorgers: eines Seelsorgers des Volkes im Kulturellen, einer Heranziehung des Volkes zum Guten, lind dies nicht durch »Belehrung- oder Predigt, oder Rede und Überredung — obgleich auch letzteres erlaubt wäre — sondern einfach durch Darbietung des Guten und durch Eintreten für das Gute. Je höher der Buchhändler von diesem seinem Amt und seinem Beruf durchdrungen ist desto mehr wird er der Buch händler von heute, desto sicherer wird er der von morgen sein. Ich kenne Städte in denen das ganze geistige Bild der Stadt von der Persönlichkeit des Buchhändlers geprägt wird der sie betreut. Ist der Buchhändler rückständig, verzopft und zugeschlossen so ist die ganze Stadt rückständig, verzopft und verschlossen. Wir wissen davon zu reden — und der Buchhändler soll sich nicht einbilden er werde nicht als der Verantwortliche erkannt. Erkenne auch er diese gegenseitige Verantwortlichkeit an daß er den Autor unterstütze der ihm Gutes liefert und das Volk unterstütze, indem er ihm das Gute vermittelt. Indem sich der Schriftsteller, der Dichter, der Denker seiner Nation verantwortlich fühlt sieht er den Buchhändler als ver antwortlichen Helfer an: als Vermittler des geistigen Gutes an die Nation. In dieser Verantwortlichkeit vermag er Verlag und Sortiment nur als ein Ganzes zu sehen. Der Buchhandel ist eine Einheit. Es muß endlich einmal ausgesprochen werden daß der Verleger »nd der Sortimenter zwar zwei Glieder eines Gan zen sind aber nicht zwei getrennte, am wenigsten zwei einander bekämpfende. Diese Anschauung wird in weiten Kreisen des Buch handels noch nicht gefunden. Vielleicht war sic bisher unmöglich. Sie ist im neuen Deutschland nicht nur möglich sondern muß selbstverständlich sein. Es ist ausgeschlossen daß der Buchhandel gedeiht wenn — auch nur unbewußt — der eine der genannten Teile dieser Lcibeinheit den andern Teil hindert oder auch nur beschneidet. Oder ist es nickst eine Schädigung des Ganzen — wenn auch uur eine unbewußte — daß im Grunde der Sortimen ter an den hohen Preisen des Buchhandels schuld ist, indem er vom Verleger die hohen Rabatte fordert? Ist es nicht eine eben solche Schädigung des Ganzen wenn Verleger, wie es geschehen sein soll, um andere Verleger auszustechcn, an den Sortimenter Rabatte geben die im soliden Buchhandel gar nicht tragbar sind? Solche Verlage nähren die falsche Vorstellung bei den Sorti mentern daß derartig überhohe Rabatte angemessen seien, nnd die Folge ist daß sie sie zum Schaden des Ganzen von allen Ver lagen verlangen. Es ist im allgemeinen zu übersehen wie hoch sich der Rabatt eines gut hcrgcstellten Buches bei angemessener Honorierung des Autors und angemessenen, Verdienst des Ver lages belaufen kann. Es ist ei» ungerechtes Privileg des weniger gut hergestellten Buches und des billiger herstellbaren (insofern der Autor schlecht bezahlt wird) daß es durch einen Rabatt, der für das gute Buch nicht tragbar ist, dem guten Buch den Rang ablaufen darf. Wer schützt den Buchhandel vor dem Buchhandel? Wo ist die Bestimmung die dieses Gegeneinander in ein Miteinander verwandelt? Wo ist die Stelle die, mit Autorität und Weitblick ausgestattet, beide Glieder der Leibeinheit in gleicher Richtung zum Guten bewegt? Wäre dies Sache der Zunft? des Buchhändler- Börsenvereins? der Reichsschrifttumskammer? Ist hier Zwang nötig, so soll er angewandt werden. Wir glauben daß unter der Leitung einer autoritativen Stelle gegenseitiges Vertrauen den gegenseitigen Nutzen schaffen könnte. * Indem wir Verlag und Sortiment nur als eine Einheit an zusehen vermögen, ist auch die Überproduktion der Verlage ein beinah selbstmörderisches Beginnen. Man kann das unselige Gegeneinanderarbeitcn an einer solchen Erscheinung — sie mag ebensowohl unbewußt als gedankenlos sein — auss deutlichste erkennen. Wenn der Verleger alles selber zu verkaufen hätte was er dem unglücklichen Sortimenter anzubieten sür gut be findet, hätte er nicht so viel produziert. Mit langweiligen oder auch nur mäßigen Büchern treibt man die Leute aus dem Buch- ladcn wie mit faulen Fischen aus dem Fischladcn. Der Buchhändler von heute hat sich politisch entschieden. Seine politische Entscheidung ist außer Zweifel. Aber diese Ent scheidung bedeutet nicht eine Jn-Dienst-Stellung des Buchhandels in eine vorstellbare Ausschließlichkeit politischer Buchproduktion — wie manche Kreise zu glauben scheinen. Die Entscheidung des Buchhändlers im Verhältnis zum Schriftsteller und Dichter (von der hier die Rede ist) ist eine geistig-künstlerische was sicher nicht ausschließt daß sie eine charakterliche ist. Dilettantismus mit der alleinigen Legitimation politischer Gesinnung — und wenn sic die beste wäre — soll der Buchhändler ruhig aus seinem Laden verbannen. Er darf sich auf Goebbels großes Wort beziehen daß wir nicht »tendenziöser Propaganda das Recht cinräumen, jenem Dilettantismus das Feld freizugcben, der noch immer die wahre edle Kunst zu Tode geritten hat». (Rede zur Eröffnung der Rcichskulturkammer 15. November 1933.) Und daß wir auf das Genie warten dürfen »das dieser Zeit den mitreißenden künst lerischen Ausdruck verleiht. Bis dahin» fährt er fort »steht cs uns nicht zu, den großen Wurf des Genies ersetzen zu lassen durch den Herz- und blutlosen Dilettantismus eines Heeres von Nichtskön nern, die der Herr in seinem Zorn erschaffen hat». Wir brauchen beide also den Zorn Gottes nicht über uns ergehen zu lassen — weder wir Schriftsteller noch unsere Helfer mit denen wir gerne gemeinsame Sache machen. 95
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