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Börsenblatt für den deutschen Buchhandel : 05.09.1913
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Band
- 1913-09-05
- Erscheinungsdatum
- 05.09.1913
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- Deutsch
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- Saxonica
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^ 206, ö. September 1913. Redaktioneller Teil. (Fortsetzung zu Seite 8818.) Beim Weitergehcn gelangen wir an den Dioramen der Mode-Ausstellung vorbei, die auf den französischen Ausstellungen von jeher die Hauptauziehung der weiblichen Besucher gebildet haben. An gewissen Stunden des Tages ist der Andrang hier tatsächlich enorm, aber man muß auch gestehen, daß es Frank reich versteht, durch den größten Luxus und noch mehr durch seinen auserlesenen Geschmack die Augen der Beschauer zu fesseln und dadurch seine Sympathien zu gewinnen. Neu sind diesmal die Rekonstruktionen nach Gemälden berühmter Meister des 18. Jahrhunderts; sie bilden eine köstliche Augenweide. Im anschließenden Saale der Spielsachen werden wir durch ein in großer Vollkommenheit nachgeahmtcs künstliches Vogel gezwitscher angenehm überrascht. Wir gelangen weiterhin, an der Ausstellung des Post- und Telegraphenwesens vorbei, zu dem geräumigen Fest- und Vortragssaal, zu dessen Seiten sich die beiden prächtigen Salonnets der »Soeiete des dessiituteurs Immo- ristes« (gegründet 1904) und der Salon der »Loeiöts des Lrtistes buiuaristes« befinden. Wir treffen hier all die uns aus den französischen Publikationen vertrauten, Weltruf besitzenden Kari katuristen, wie Forain, Leandre, Bober, Morin, Robida, Gcrbault und zahlreiche andere, nicht weniger geistreiche neuere Künstler, von denen eu passant nur Poulbot, Widhopff und Bailly genannt seien, die mit einer größeren Anzahl ihrer Werke vertreten sind. Daß diese Art von Ausstellung nicht für Kinder und unreife Menschen bestimmt ist, hatte ich bereits bei Gelegenheit des gleichartigen französischen Salons auf der Brüsseler Weltaus stellung zu betonen Gelegenheit. Schon damals sprach ich die Ansicht aus, daß es besser wäre, derartige Ausstellungen in ge schlossenen Räumen zu veranstalten, deren Zutritt der Jugend zu verbieten wäre. Der belgische Klerus hat, ebenfalls mit Rück sicht auf die Jugend, durch den Mund seiner berufensten Ver treter, des Bischofs von Gent und des Erzbischofs von Mecheln, die Familienväter denn auch öffentlich auf die ihnen drohende Gefahr aufmerksam gemacht und seinen Warnruf nicht nur auf die Salons der Humoristen, sondern auch auf die Kunstausstellung überhaupt und auf andere, das moralische Empfinden schädigende Darbietungen der Genter Weltausstellung bezogen. Brüssel, Ende August 1913. Jos. Thron. Fünfundsiebzig Jahre George Westermann Braunschweig. Eine I u b i l ä n m s s ch r i f t des Verlages. Nun ist auch der Westerniannsche Verlag in jenes biblische Alter getreten, in dem es wohl ansteht, einmal öffentlich das Fazit zu ziehen. So gibt er denn seinen Mitarbeitern und Freunden eine kostbare Ju- biläumsschrist, die die Werte mißt, die er geschaffen, und die Wege zeigt, die er gegangen. Aber über diesen Nahmen hinaus ist das monumentale Werk ein historisches Dokument für den gesamten deutschen Buchhandel und ein herrliches Zeichen deutscher Buchkunst. Die Wcstermanns kamen aus Dortmund über Erfurt nach Leipzig. Hier wurde George Westermann als Sohn eines Goldschmieds ge boren, als Napoleon auf dem Gipfel seiner Macht stand und ungeheure Scharen demoralisierter Franzosen die Buchhändlerstadt bis aufs Blut aussogen, als Handel und Wandel erlahmt war und der Leipziger Lebensnerv, die Messen, zu erstarren drohte. George besuchte das Frei berger Gymnasium und trat dann in die damals schon weitberühmte Viewegschc Buchhandlung zu Braunschweig ein. Herzog Carl Wilhelm Ferdinand von Brannschwcig wollte damals seine Residenz zum literarischen und buchhändlerischcn Mittelpunkt Norddeutschlands machen, auf seine besondere Einladung hatte Friedrich Vieweg seinen 1786 in Berlin gegründeten Verlag nach Braunschweig verlegt, wohin bereits sein Schwiegervater, der bekannte Pädagoge Joachim Heinrich Campe, berufen war. Nachdem George Westermann in diesem vielum fassenden Geschäft, das Verlag, Sortiment, Druckerei, Schriftgießerei und Spielkartenfabrik vereinigte, ausgelernt hatte, vervollständigte er seine Fachkenntnisse insbesondere bei Johann Ambrosius Barth in Leipzig, um dann England und Schottland zu durchwandern. — Stau nend über Pracht, Reichtum und Betriebsamkeit Englands und um große Erfahrungen bereichert kehrte er in sein Vaterland zurück und führte Blanca Vieweg, die Tochter seines verstorbenen Lchrhcrrn, mit der er längst heimlich verlobt war, als Gattin heim. — Inzwischen rührte es sich wieder im deutschen Buchhandel. Nachdem der Leipziger Meßkatalog 1813 mit einer Bücherproduktion von 2323 Exemplaren den größten Tiefstand erreicht hatte, konnte das spätere Vorstandsmitglied des Börsenvereins Friedrich Johann Frommann schon die Ostermesse 1816 »unvergeßlich« nennen, weil sie nach den langjährigen Kriegen nicht nur im Buchhandel, sondern auch in allen andern Geschäftszweigen das Aufatmen nach dem schweren Drucke zeigte. Doch die Verhältnisse waren noch keineswegs vielversprechend; die Zersplitterung Deutsch lands, die wohl durch den Zollverein äußerlich überklebt werden konnte, lähmte jede Entfaltung und Ausdehnung; dazu kamen die un zureichenden Verkehrsmittel: Deutschland verfügte nur über wenige hundert Kilometer Eisenbahn. Trotzdem aber kündigte George Wester mann im Börsenblatt vom 21. Mai 1838 die Gründung eines Verlages an. Und der Wurf gelang! Neue, bessere Zeiten kamen, das deutsche Publikum fand wieder Muße und Geld, den literarischen Erscheinungen Interesse entgegenzubringen. Und das, was George Westermann wenige Tage später als erstes Verlagswerk herausbrachte, war auch wirklich angetan, die Aufmerksamkeit weiter Kreise zu erregen: es war Dickens' berühmtes »Leben und Abenteuer des Nicolaus Nickleby« in der trefflichen Übersetzung von vr. K. H. Hermes. Westermann hatte durch seine Studien in England klar erkannt, daß dieser goldene Humorist berufen war, auch in Deutschland heimisch zu werden. Wie dieser »Nickleby«, so fanden auch 10 Jahre später die »Genrebilder aus dem Londoner Alltagsleben« und der »Oliver Twist« hier ein dankbares Publikum. Zu dieser Zeit mar es auch, in der A. Molo, »vietionnair« nouveau kran^aiZ-aUemancl et allemancl-kranyais« und bald darauf M. A. Thibauts »Wörterbuch der französischen Sprache« in Wester manns Besitz übergingen, Lexika, die er von Grund auf umarbeiten ließ und die noch heute zu den begehrtesten rechnen. In der kartogra phischen Verlagsabteilung machte sich Westermann sofort die Fortschritte der Jllustrations- und Drucktechnik so zunutze, daß er zusammen mit Theodor von Liechtenstein und Henry Lange den ersten wirklich brauch baren Schulatlas herausbringen konnte. Im geschichtlichen Verlage erschien vor allem das Monumentalmerk der Allgemeinen Geschichte von Karl von Rotteck mit prächtigen Illustrationen von Alfred Rethel, der kurz vorher das Nibelungenlied (bei Georg Wigand) mit meister haften Holzschnitten herausgegeben hatte. Bei George Westermanns Tode war diese Allgemeine Geschichte bereits in 200 000 Exemplaren verbreitet. Wie weit Westermanns Unternehmungsgeist ging, zeigt sich auch darin, daß er schon 1849 in New Port zusammen mit seinem Bruder Bernhard eine Filiale eröffnet«? und somit die erste deutsche Buchhandlung in den Vereinigten Staaten gründete. Noch heute lebt der Name Westermann in der New Porter Firma Lemcke K Büchner (Westermann L Co.) fort. Die Hauptstütze seines Verlages schuf Westermann aber durch die Illustrierten Deutschen Monatshefte, deren erste Nummer am 11. September 1856 im Börsenblatt angezeigt werden konnte. Sein ursprünglicher Plan, eine rein politische Zeitschrift ins Leben zu rufen, scheiterte an dem geringen Entgegenkommen der sächsi schen Negierung. Nun begnügte er sich damit, diese »Monatsschrift für das gesamte geistige Leben der Gegenwart« zu gründen. Und, was sie versprach, das wurde sie gleich vom ersten Hefte an, das vr. Adolf Glaser verantwortlich zeichnete, dem ein hervorragender Mit arbeiterstab zur Seite stand. Schon mit diesem Hefte stellte Wester mann die Holzschneidekunst, die eben zu neuem Leben erwachte, in den Dienst seiner Zeitschrift und konnte damit ganz vorzügliche Erfolge zeitigen. Überall fanden die Monatshefte wegen ihrer Mannigfaltigkeit großes Interesse — und als gar Herman Grimm, Victor von Scheffel, der Astronom Mädler, der Kriminalist Holtzendorff, Friedrich Hebbel, Jakob borvinus (Wilhelm Naabe), Rosegger, Storm unter die Mitarbeiter traten, da war ihr Ruhm gegründet und ihr Funda ment gesichert. 1878—1882 war der bekannte Literarhistoriker vr. Gustav Karpcles Redakteur der Monatshefte (Friedrich Spielhagen zeichnete verantwortlich), dann trat Or. Glaser wieder an ihre Spitze, den 1904 Di-. Friedrich Düsel, ein Schüler Erich Schmidts, ablöste. Tüsel zieht immer weitere Mitarbeiterkreise, um jede Kunstrichtung in crschöpferischer Weise vertreten zu können, Max Osborn, Oscar Bie, Julius Norden, Felix Poppenberg, Hans Nosenhagcn, Karl Scheff- ler und viele andere Hauptvertreter neuer Kunst und neuer Literatur, sind heute in Wcstermanns Monatsheften ausschlag gebend. — Doch auch für den belletristischen Verlag schuf George Wc- stermann eine breitere Basis. Seine Romane holte er zunächst — wie schon Dickens' Werke zeigten — aus England, für das er nun einmal eine nicht zu verkennende Passion hatte. Erst von 1862 an bringt er mit Wilhelm Naabes »Unseres Herrgotts Kanzlei«, »Die Leute aus dem Walde«, »Schüdderump« u. a. deutsche Literatur. Naabe, Wil helm Jensen, Rosegger und Theodor Storm (dessen sämtliche Schriften er gesammelt erscheinen ließ) waren die Autoren, die George Wester mann insbesondere für seinen Verlag heranzog.
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